1424 - Revolte auf Phönix
Säule von 20 cm Durchmesser und anderthalb Metern Höhe - stand auf einer kleinen Lichtung, die zugleich Dantons Gleiter als Landeplatz diente. Über die Wipfel der Bäume hinweg waren nach Nordwesten hin die steil aufragenden Bergwände des Zentralmassivs zu sehen. Aus einem der Gipfel stieg eine anthrazitfarbene Rauchfahne in die Höhe. Vulkanismus und Erdbeben waren in den Bergen von Bonin an der Tagesordnung.
Atlan musterte den Blue. Seine Haut wies zahlreiche Schürfwunden auf. Auf dem tellerförmigen Schädel war ein zehn Zentimeter langer Einschnitt zu sehen, der heftig geblutet hatte. Das Blut war verkrustet. „Niemand weiß, wie lange er unterwegs war", sagte Roi Danton. „Der Fluß bewegt sich hier mit zehn Kilometern, pro Stunde. Weiter oben sind es noch mehr. Der Ort, an dem er gefangengehalten wurde, mag zwei-, vierhundert, meinetwegen tausend Kilometer entfernt liegen. Nimm das Trauma hinzu, und wir sind genauso schlau wie zuvor."
„Er braucht einen Mediker", erklärte Atlan. „Das Trauma läßt sich beseitigen; dann hat er seine Erinnerung wieder."
Danton nickte. „Wir bringen ihn auf dem schnellsten Weg nach Mandalay zurück. Während er in Behandlung ist, wird eine Phrenoskopie angefertigt. Wir entlocken seinem Unterbewußtsein die Bilder, an die er sich bewußt nicht mehr erinnert."
„Was ist das für ein Pilz, von dem du vorhin sprachst?" erkundigte sich Atlan. „Die Pflanzenwelt auf Phönix hat sich anders entwickelt als auf der Erde", antwortete Danton. „Sie ist aggressiver. Es gibt zahlreiche Ordnungen Fleischfressender Pflanzen, darunter solche, vor denen sich auch Menschen in acht nehmen müssen. Der Freßpilz gehört dazu. Er baut eine Falle, ein Loch im Boden. Das Loch tarnt er mit seinem Myzelium, das die Fähigkeit besitzt, sein Aussehen dem der Umgebung anzupassen. Du meinst, du gehst über ein Stück Wiese. Plötzlich gibt der Boden unter dir nach, und du landest in der Falle. Der Freßpilz ist ungeheuer gefräßig. Das Myzelium ballt sich um deinen Körper, und eine halbe Stunde später bist du aufgelöst, gefressen."
„Aber Pyi-Gee-Hir ist dem Pilz entkommen", sagte Atlan nachdenklich. „Ja, das wundert mich auch."
Dem Arkoniden kam eine Idee. Aber sie war unausgegoren; also sprach er nicht darüber. Sie schnallten dem Blue einen Gurt um den Leib, so daß er nicht vom Sitz fallen konnte. Dann brachen sie auf: Roi Danton mit Pyi-Gee-Hir an Bord, Atlan in dem Gleiter, den er sich auf dem Abstellplätz hinter Halle 1 angeeignet hatte.
Die Idee war, den Blue heimlich nach Mandalay zu bringen, so daß die Organisation Drake nichts davon erfuhr. Atlan landete sein Fahrzeug vor der Transmitterstation. Danton dagegen flog unmittelbar bis zum rückwärtigen Eingang seines Hauses. Als der Arkonide eintraf, hatte er Pyi-Gee-Hir schon nach drinnen geschafft. Ein Phrenoskop gehörte nicht zur technischen Ausstattung ,des Dantonschen Haushalts. Roi setzte sich mit Benad pal Morat in Verbindung. Der Akone war ein erfahrener Mediker und zudem ein Verwandter des verschwundenen Prako dan Morat. Er versprach, binnen einer Stunde mit dem erforderlichen Gerät zur Stelle zu sein. Natürlich wollte er wissen, wer der Patient sei, aber Roi Danton gab darüber keine Auskunft.
Während sie auf den Mediker warteten, zog Atlan die Liste hervor, die er am Mittag vom Hauscomputer hatte anfertigen lassen, und zeigte sie Danton. Der las die 45 Namen und meinte dann: „Achtunddreißig sind darunter, von denen ich auf der Vollversammlung Unterstützung für unsere Position erwarten würde.
Fünf sind neutral, das heißt: Ich kenne ihre politischen Ansichten nicht. Und dann sind da noch zwei, die eindeutig auf Renos Seite stehen. Sie gehören zur Organisation Drake."
Atlan nickte. „Mit dem Wiederauftauchen dieser zwei spätestens zu Beginn der Versammlung darf fest gerechnet werden", sagte er. „Ansonsten ist die Zusammensetzung nicht schlecht. Achtunddreißig Fürsprecher sind einkassiert, die fünf Neutralen sind Augenwischerei. Darauf wollte Pedrass Foch hinaus, als er mir erklärte, es seien Wesen jeglicher Art und Gesinnung verschwunden."
Gegen 15.40 Uhr meldeten sich Jennifer Thyron und Ronald Tekener. Sie hatten den Lauf der Selva bis hinauf ins Quellgebiet abgeflogen, jedoch keine Spur der Verschwundenen entdeckt. Dafür wußten sie von einem Sekundärkrater zu berichten, der offenbar vor kurzem am Südhang des 5500 mhohen Vulkans Pik Valdoz entstanden war und dessen Eruption
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