1427 - Todesfallen
Menschen?
Daran dachte er automatisch, wenn er sich mit seiner intensiven Gier nach Blut beschäftigte. Es floss in den Adern der Menschen, und dort musste er es trinken.
Er fühlte sich ausgedörrt. Zugleich hatte er keine Erinnerung daran, wie er in diese Dunkelheit gekommen war, die sich wahrscheinlich in einem Keller ausbreitete.
Er stand auf.
Er stieß nicht mit dem Kopf gegen die Decke, aber er streifte mit den Fingerspitzen die Unterseite der Luke, gab noch einen leichten Druck, aber sie bewegte sich nicht. Da musste er schon mehr Kraft aufwenden.
Die Dunkelheit machte ihm nicht so viel aus wie einem normalen Menschen. So konnte er in seiner Umgebung erkennen, dass hier einiges herumstand, das ihm gefallen konnte.
Er schaute sich jetzt genauer um, und dann hatte er gefunden, was er suchte.
Es war eine Stange. Als er sie umfasste, fing er an zu knurren. Ein Geräusch, das Wohlgefühl ausströmte, denn er sah sich auf dem Weg zu seinem Ziel schon ein Stück weiter.
Er setzte die Stange an.
Sie drückte jetzt gegen die Klappe. Wenn sie nicht zugenagelt war, dann würde er sie anheben können.
Es ging alles ziemlich leicht. Er musste nicht mal viel Kraft einsetzen. Die Klappe hob sich fast von allein, und der Weg nach draußen war frei.
Es gab Menschen in seiner Nähe. Er roch sie. Nicht ihre normalen körperlichen Ausdünstungen, sondern das, was warm in den Adern floss. Aber er nahm auch eine gewisse Gefahr wahr, denn es befand sich jemand in der Nähe, der ihm gefährlich werden konnte. Da war etwas, das ihn verdammt störte.
An der linken Seite.
Also musste er woanders hin. Einfach nur nach rechts gehen. Dort befand sich eine Tür. Dahinter hörte er es rauschen. Er konnte sich keinen Reim daraus machen und musste näher an die Tür heran. Es waren nur wenige Schritte. Je mehr er die Distanz verkürzte, umso intensiver nahm er den Geruch in sich auf.
Ja, das war Blut!
Herrlich, das erste frische Blut, das er trinken würde. Er spürte auch die Spitzen der Zähne, als er für einen Moment mit der Zunge dagegen stieß.
Ja, das passte alles.
Mit stierem Blick glotzte er die Türklinke an, bevor er seine Hand darauf legte und sie drückte.
Spaltbreit zog er die Tür auf.
Das Rauschen verstärkte sich. Es war Wasser. Für einen Moment zuckte er zusammen, da er kein Wasser mochte.
Doch der andere Geruch war viel stärker. Er steigerte seine Gier.
Sein Mund öffnete sich weiter als die Augen, und so schob er sich in das Bad hinein.
***
»Das hätte ich nicht gedacht«, sagte Angela.
»Was?«
»Dass es in dieser Bude ein so großes Bad gibt. Hier ist wirklich alles, was man braucht.« Sie lachte leise auf, als sie auf die Rückseite der Tür schaute. »Sogar Handtücher hängen hier.« Sie fasste den Stoff an und verzog die Lippen. »Die sind zwar etwas spröde und hart, aber das macht nichts.«
»Sogar ein Fenster gibt es hier«, flüsterte Giselle.
»Mach es auf!«
»He, warum?«
»Dann kommt wenigstens etwas Luft herein.«
»Wie du willst.« Giselle drehte am Griff und öffnete das Fenster, wobei sie zweimal ziehen musste. Es lag nicht zu hoch, und sie musste sich nicht mal anstrengen, um nach draußen schauen zu können.
»Was siehst du, Giselle?«
»Es ist alles okay. Ich kann jedenfalls nicht erkennen, dass jemand ums Haus schleicht.«
»Dann lass es offen!«
»Wirklich?«
»Ja, außerdem ist es noch hell.«
»Wie du willst.«
Giselle warf noch einen letzten Blick nach draußen, bevor sie sich umdrehte. Ihre Kollegin war schon dabei, sich auszuziehen. Zum Schluss schleuderte sie den Slip von den Beinen. Bei den zwei Taschen, die neben der Wanne standen, waren die Reißverschlüsse geöffnet. Frische Wäsche lag oben auf.
Angela stellte das Wasser an. In der Leitung gluckerte es. In den Röhren schienen kleine Monster zu hocken, die sich gegenseitig bekämpften, dann jedoch ruhiger wurden, als das erste Wasser aus den Düsen der Duschtasse strömte und dabei einen Fächer bildete, unter den sich Angela stellte.
Es war draußen stickig und warm genug. So ließ sie den Strom nur lauwarm fließen. In der Schale fand sie ein großes Stück Seife, mit dem sie sich einschäumte.
Giselle schaute ihr zu. Sie fühlte sich allmählich ein wenig entspannter. Das hier sah sie als normal an, und auch die beiden Yard-Typen waren ihr sympathisch.
Als das Wasser den Schaum von Angelas Körper spülte, wurde es auch für Giselle Zeit. Sie brauchte vorn nur einen Reißverschluss zu öffnen,
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