1427 - Todesfallen
um das Kleid aufklappen zu können. Darunter trug sie nur einen Slip, der allerdings eine andere Größe hatte als der ihrer Freundin.
Wer ein Kompliment über ihre Figur machen wollte und sagte:
»Du bist so herrlich weich!«, dann freute es sie. Natürlich hätte sie gern abgenommen, aber es gab genügend Männer, die ihre Figur liebten. Auch jetzt sahen, wenn sie in den Spiegel schaute, ihre Brüste schwer aus, auch Teile der Hüften und des Bauchs wurden von Hautfalten überlappt. Im Vergleich zu ihrem Körper hatte sie schlanke Beine, auch darüber wunderte sie sich noch immer.
Angela war das glatte Gegenteil. Giselle schaute zu, wie sie aus der Dusche stieg. Das blonde Haar hing nass um ihren Kopf. Sie griff nach dem Handtuch und trocknete zuerst das Gesicht ab. Danach war der Körper an der Reihe.
»Du kannst, Giselle.«
»Danke.«
»Die Temperatur des Wassers kannst du auch so lassen. Für dieses Klima ist sie perfekt.«
»Klar.«
Sie wechselten sich ab. Angela hielt die Freundin noch für einen Moment an der Schulter fest.
»Geht es dir jetzt wieder besser?«
»Ja, um einiges.«
»Mir auch. Ich würde bei diesen beiden Wachhunden sogar schlafen können.«
»Ich auch.«
»Dann mach zu.«
Giselle stieg in die Kabine, und Angela kümmerte sich wieder um sich selbst. Ein paar Mal verzog sie das Gesicht, weil ihr das Handtuch einfach zu rau war. Trotzdem rubbelte sie sich schnell ab.
Giselle war inzwischen in die Dusche getreten. Sie hatte das Wasser aufgedreht, das jetzt auf ihren Körper rann und so laut war, dass es alle anderen Geräusche überlagerte, sollte es sie denn geben.
Es gab sie, aber sie waren wirklich kaum zu vernehmen, denn das leise Quietschen beim Öffnen der Tür blieb ungehört.
Angela drehte ihr den Rücken zu. Deshalb sah sie nicht, wer sich da in das Bad hineinschob.
Auch Giselle merkte nichts. Sie war damit beschäftigt, das Wasser zu genießen. Sie hatte den Eindruck, sich Staub und Schweiß von Wochen abspülen zu müssen.
Für den Ankömmling lief alles ideal. Er konnte sich den Menschen nähern, ohne bemerkt zu werden. Der Mund stand offen. Er war zudem verzogen. Die Gier nach dem Lebenssaft war wie eine Botschaft, die von ihm ausging.
Der erste Biss, der erste Schluck…
Angela rubbelte sich weiterhin trocken. Ihr Körper zeigte durch das raue Handtuch an verschiedenen Stellen rote Flecken, und schließlich warf sie das Tuch in die Wanne. Sie bückte sich nach rechts und streckte den Arm aus, um nach ihrer Unterwäsche zu greifen – da passierte es!
Sie hatte nur einen knappen Blick zurückwerfen können. Der allerdings reichte.
Angela erstarrte!
Es war bei ihr wie im Film. Sie konnte sich nicht mehr bewegen, und sie bekam auch keine Luft mehr. Sie sah einen Menschen in ihrer Nähe, der eigentlich keiner mehr war.
»Nein«, flüsterte sie nur, »nein…«
***
»Überrascht, Geisterjäger?«
»Eigentlich nicht so recht. Ich hatte schon früher erwartet, dass du dich meldest, Will. Es hätte mich auch gewundert, wenn du deine Finger nicht mit im Spiel gehabt hättest.« Ich ließ mich auf einem Stuhl nieder und war gespannt, mit welchen Nachrichten Mallmann mich weiterhin beglücken wollte.
Von oben kam Suko die Stufen der Treppe herab. Er wollte etwas sagen und merkte dann, dass ich mit dem Handy telefonierte. Deshalb hielt er den Mund, kam allerdings bis zu meinem Tisch und nahm dort ebenfalls Platz.
»Du störst immer wieder, John!«
»Das habe ich so an mir. Es zieht mich immer dorthin, wo sich gewisse Typen niederlassen, die mich ebenfalls stören.«
»Aber es ist mein Spiel, John.«
»Noch! Außerdem wusste ich nicht, dass du neuerdings die Kehlen deiner Opfer so brutal aufreißt, wenn du sie in deine Todesfallen gelockt hast. Das war mir neu.«
Mallmann lachte. »Traust du mir das zu?«
»Warum nicht?«
»Ich bitte dich, John, aber nicht ich.« Er lachte meckernd. »So ein Einzelgänger bin ich nun auch wieder nicht.«
»Stimmt. Ich vergaß deinen Freund Saladin.«
»Vergiss ihn ebenfalls.«
»Dann hast du einen neuen gefunden?«
Die Antwort erhielt ich nicht sofort. Mallmann ließ mich etwas schmoren. Aber er sprach zu mir, und seine Stimme war jetzt mehr ein Flüstern.
»Ich habe ihn tatsächlich gefunden, John. So etwas wie einen Partner. Ich habe ihn auf die Reise geschickt. Ich nenne ihn das Tier, verstehst du?«
»Akustisch ja. Ansonsten habe ich meine Probleme. Es ist also jemand, der andere Menschen tötet. Einfach
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