1427 - Todesfallen
hatte sich zugezogen. Nur an manchen Stellen schimmerte noch ein letztes Blau hindurch. Es war noch schwüler geworden. Das Gewitter würde sicherlich in der Nacht über uns niedergehen.
Suko hatte den VW gefahren und wieder an seinen Platz vor dem Haus abgestellt.
Ich stieg als Erster aus. Noch war es nicht dunkel geworden, aber die Berge traten jetzt intensiver hervor.
Ich war nicht eben locker, als ich die Tür aufstieß, blieb auf der Schwelle stehen und ließ meinen Blick durch die untere Etage wandern, in der sich nichts verändert hatte.
Nach wie vor empfing uns eine tiefe, drückende Stille, die nur von meinen Atemzügen unterbrochen wurde. Ich konnte selbst nicht sagen, warum ich das Haus nicht sofort betrat. Irgendetwas schien anders geworden zu sein.
Hinter mir hörte ich die Stimmen der Frauen. Suko schob sich an mir vorbei und fragte: »Ist was?«
»Nein, nein, schon gut.«
»Und was war wirklich?«
»Für einen Moment kam es mir vor, als hätte sich etwas verändert. War wohl eine Täuschung.«
»Ich sehe mal oben nach.«
»Tu das.«
Suko verschwand und machte dadurch den Frauen Platz. Giselle und Angela schauten sich unsicher um, bis die Blonde nickte.
»He, so hätte ich mir die Bude nicht vorgestellt.«
»Sondern?«
»Primitiver, ehrlich gesagt.«
»Frantisek Marek war eben etwas Besonderes. Das müssen Sie mir glauben. Er ist leider zu früh verstorben.«
»Das habe ich schon gehört.«
Ich ging zum Tisch und schaute zu, wie die beiden Frauen ihre Taschen abstellten. Giselle lächelte scheu, während sich Angela längst gefangen hatte.
»Hier kann man es wirklich aushalten. Aber zu meinem Glück fehlt noch eine anständige Dusche.«
»Ich zeige Ihnen, wo das Bad ist.«
»Gut.«
Auch das hatte sich Marek im Laufe der Zeit eingerichtet. Früher hatte es zwar nicht immer heißes Wasser gegeben, aber was jetzt durch die Armaturen strömte, darüber konnte sich wirklich niemand beschweren.
»Was machen wir danach?«, fragte Angela.
»Warten.«
»Toll.«
»So ist das nun mal.«
Ich ging vor, um den Frauen die Dusche zu zeigen. Dazu musste ich in den Anbau, in dem Marek früher seine Schmiedewerkstatt betrieben hatte. Jetzt gab es das Bad – also Wanne, Waschbecken und auch eine Dusche. Zwar nicht modern, aber sehr praktisch.
»Okay?«
»Klar.«
Ich hatte nur die Tür geöffnet und ließ die beiden Frauen allein. Es sollte nicht so aussehen, als wollte ich darauf warten, bis sich die beiden ausgezogen hatten.
»Bis gleich dann«, sagte ich.
»Ja.« Angela lächelte. »Wenn Sie auch duschen wollen, dem steht nichts im Wege.«
»Später vielleicht.«
»Wie Sie wollen.«
Ich verließ den Anbau und dachte darüber nach, dass sich darunter noch ein altes Kellerverlies befand. Dort hatte Marek bis zu seiner endgültigen Verwandlung hinvegetiert. Es mussten für ihn wirklich schreckliche Zeiten gewesen sein.
Ich überlegte, ob ich die Luke zum Kellerzugang anheben sollte, um mich davon zu überzeugen, ob auch dort alles in Ordnung war, aber mich störte plötzlich die Melodie des Handys in meiner Tasche.
Wieder im normalen Wohnraum, meldete ich mich.
»Ja…?«
Zuerst hörte ich ein Lachen und danach die Stimme eines gewissen Will Mallmann.
»Hallo, John, da bist du ja endlich…«
***
Der Vampir leckte über seine Lippen. Es lag in völliger Dunkelheit, was ihm nichts ausmachte. Die Dunkelheit war Balsam für ihn, denn im Moment ging es ihm nicht besonders. Er hatte etwas hinter sich, das wie ein Blitz aus heiterem Himmel über ihn gekommen war. Etwas, das er nie für möglich gehalten hatte, aber das Auftauchen der Gestalt, die urplötzlich erschienen war und ihn in die Höhe gerissen hatte, war einfach nicht vorhersehbar gewesen.
Sie hatte ihn entführt, und als er wieder richtig denken konnte, hatte er auf dem Waldboden gelegen, war zur linken Seite gedreht worden, und dann hatten sich zwei Zähne in die Haut seines Halses gebohrt. Was dann geschehen war, daran konnte er sich nicht erinnern. Es gab überhaupt keine Erinnerung an eine Vergangenheit. Er dachte nur an die Gegenwart, die von der Dunkelheit umhüllt war, die ihm jedoch ein völlig neues Gefühl gegeben hatte.
Er spürte den Durst in sich.
Nein, das war mehr als Durst.
Es war eine Gier.
Gier nach Blut!
Er merkte, dass er auf dem Boden lag, und wollte dort nicht länger bleiben. Er setzte sich hin, schaute sich um und glaubte, genau über sich einen schmalen hellen Streifen zu sehen.
Licht…
Auch
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