1428 - Wächter der BASIS
Sekunden später schämte er sich. Trotz ihrer Größe erweckte sie so sehr den Eindruck eines schüchternen, überforderten kleinen Mädchens, daß er fast Mitleid bekam. Die Reaktion war nicht angemessen, soviel wußte er. Immerhin führte sie das Kommando über die Bordfahrzeuge. „Wir haben den Trümmerfriedhof gründlich vermessen", begann sie zögernd. „Das heißt, wir haben es versucht. Ihr alle habt wohl inzwischen von den Komplikationen gehört. Das erste sonderbare Vorkommnis wurde uns von der Bordsyntronik der Dreizehn gemeldet."
Dabei warf sie dem anwesenden Kommandanten der Jet, Llonn Hartwick, einen strafenden Blick zu. Die Meldung wäre seine Pflicht gewesen. „Ein BASIS-Bauteil und drei Trümmerstücke hätten zusammenprallen sollen. Die Kursbahnen aller vier Objekte waren berechnet, und trotzdem fand der Aufprall nicht statt. Wir finden keine Erklärung dafür."
„Und die Messungen?" mischte sich ein Wissenschaftler ein, den Pidder nur flüchtig kannte. „Was haben die Messungen ergeben?"
„Wie gesagt, kein Ergebnis. Eine weitere Untersuchung des Vorfalls seitens der Dreizehn hat nicht stattgefunden. Aber dies ist nur der erste Vorfall, von dem ich berichten muß. Insgesamt wurden während der sechswöchigen Vermessungsaktionen weitere zwei Kursänderungen beobachtet.
Allerdings aus größerer Entfernung, das ist der Unterschied. Ihr alle habt die Gerüchte gehört..."
„Genau." Woome Bilabong gab sich den Anschein, als habe er ein paar gewichtige Worte beizutragen. „Im Trümmerfeld spukt es nämlich."
Pidder sah, wie sehr die Äußerung das Mißfallen vieler Personen erregte. Er selbst unterdrückte seinen aufkommenden Ärger nicht. „Wie kannst du so etwas sagen!" rief er. Dabei wuchtete er seine dicke, behäbige Gestalt halb aus dem Sessel und deutete anklagend mit dem Finger auf Bilabong. „Kein Wunder, daß in der Mannschaft Gerüchte über Spuk und Zauberei kursieren. Gerade du! Man hört so einiges über dich!"
„Was zum Beispiel?"
„Manchmal kommen rasselnde Geräusche aus dem Quartier. Es hört sich an wie Knochenschütteln; die Leute sagen, du praktizierst irgendwelche schamanische Riten, wie deine Vorfahren."
Bilabong antwortete mit ätzendem Spott: „Wenn du solche Sachen glaubst, Pidder, bist wohl eher du der mit dem Aberglauben. Ich jedenfalls kann Spuk und Realität durchaus trennen. Und für diese Bewegungen gibt es keine Erklärung."
„Schluß jetzt", mischte sich Ginsen Khartu nüchtern ein. „Persönliche Streitigkeiten könnt ihr später austragen.
Wrede hat wieder das Wort."
Die blasse Frau wirkte, als habe der aggressive Wortwechsel sie eingeschüchtert. Wieder einmal tat sie Pidder leid. Doch er hatte genug mit sich selbst zu tun. Wie sollte er den Eindruck verwischen, der entstanden war? Er verbreitete nämlich keineswegs den üblichen Bordtratsch, und ebensowenig spionierte er Woome Bilabong nach. Bei Licht besehen, erwies sich der Unsinn seiner Behauptung: Selbst wenn der Zweite Pilot in seiner Kabine „Knochen geschüttelt" hätte, auf dem Gang wäre infolge guter Lärmisolierung nichts zu hören gewesen.
Pidder war froh, daß Wredes Worte von ihm ablenkten. „Wie gesagt, wir können uns die Beinahe-Zusammenstöße nicht erklären.
Eines der BASIS-Bauteile wurde zwanzig Minuten nach der entsprechenden Sichtung untersucht. Keine Spuren, nichts. Deshalb läuft seit einiger Zeit der zweite Vermessungsgang. Das Ergebnis spricht für sich. Es gibt jede Menge Abweichung.
Das Trümmerfeld sieht einfach nicht so aus, wie die Syntrons aufgrund des ersten Durchgangs errechnet haben."
„Ist denn berücksichtigt", fragte eine der Beibootkommandantinnen, „daß die Trümmer und Bauteile auf einen gemeinsamen Schwerpunkt zufallen?
Irgendwann wird es sowieso bei Point Zero einen großen Knall geben."
„Natürlich ist das berücksichtigt."
„Aber es sind keine gewöhnlichen Trümmerstücke", gab Woome Bilabong zu bedenken. „Da draußen treiben hunderttausend Teile, die zusammengesetzt die BASIS ergeben... Keiner weiß, weshalb dieses Schiff zerlegt wurde.
Oder ob es sich, wie man hört, selbst zerlegt hat. Im Zusammenhang mit der BASIS existieren jede Menge Geheimnisse. Ich habe unsere Speicheraufzeichnungen gründlich gesichtet. Es geht nicht nur um die Hamiller-Tube, sondern auch um das verschwundene Tabernakel von Holt.
Dieses Schiff stand im Brennpunkt kosmischer Ereignisse. Es hatte mit Kosmokraten und Mächtigen zu tun.
Vielleicht wohnt
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