1428 - Wächter der BASIS
können. Daß sie es nicht getan hatten, sprach für ihre Friedfertigkeit. Oder nicht?
Er mußte das Risiko eingehen. „Wir nehmen Kurs auf den Sender", befahl er dem Syntron. „Vorsichtsmaßnahmen treffen - die Defensivschirme müssen in kürzester Zeit stehen können."
Der Mann, der ein paar Meter weiter die Innenwerte der MONOCEROS im Auge behielt, räusperte sich vernehmlich. „Sollten wir nicht besser die Kommandantin wecken, Pidder?" wollte er wissen. „Dann kann sie entscheiden."
„Das hat noch ein paar Minuten Zeit", antwortete er ohne weitere Erklärung. Aus einem unerklärlichen inneren Antrieb heraus wollte er das Rätsel selbst lösen - oder zumindest persönlich dazu beitragen. „Was hat noch Zeit?"
Pidder fuhr herum und sah Wrede Parnelle die Zentrale betreten. In zwei Minuten hätte sie ihn ablösen sollen. Aber er fand keine Gelegenheit, sich darüber jetzt Gedanken zu machen.
Erneut fesselte der Panoramaschirm seine Aufmerksamkeit.
Ohne erkennbare Ursache entstand aus dem schwarzen All, inmitten des Gewimmels von Raumschiffteilen, eine sonderbare Form. Aus rötlich leuchtender Farbe entstand ein Klumpen, verästelte sich, gewann Kontur, Am Ende schwebte weit vor der MONOCEROS ein riesenhafter, annähernd humanoider Schädel. Unmöglich, dachte er, es war ganz und gar unmöglich. Die Züge wirkten katzenhaft, das Maul häßlich und kräftig gleichermaßen.
Unvermittelt stand der Kiefer um einen Spalt breit offen. Aus der Öffnung schoß eine Schar, dünner, bleicher Zungen. Wie aufgeschreckte Würmer zuckten sie und wanden sich nach allen Seiten. „Warum ist kein Alarm ausgelöst?" schrie Wrede Parnelle in heller Panik. „Pidder! Es wäre deine Pflicht gewesen...!"
„Ruhe jetzt!" schrie er ebenso unbeherrscht zurück. Mühevoll riß er sich zusammen und gewann die Ruhe zurück, für die ihn andere sonst beneideten. „Syntron! Handelt es sich um eine Projektion?"
„Selbstverständlich."
„Haben die Funksignale und die Projektion denselben Ursprung?"
„Auch das. Es scheint sich um ein BASIS-Fragment von etwa vierhundertzwanzig Metern Länge zu handeln." Hinter dem leuchtendroten Schädel bildete die Syntronik einen unregelmäßig geformten Klumpen Metall ab, dem Pidder nichts Ungewöhnliches ansah.
Noch in derselben Sekunde veränderte sich der Schädel. Seine imaginäre Substanz schien förmlich zu explodieren; sie wuchs und erweckte den Eindruck, als wolle sie sich im nächsten Augenblick auf die MONOCEROS stürzen.
Wrede Parnelle löste den Alarm aus.
Er selbst hatte keine Zeit, ihre eigenmächtige Maßnahme rückgängig zu machen. Pidder suchte und fand die Kontrollen der Impulsgeschütze. Automatisch peilte der Syntron sein Ziel an und schoß. Die Erscheinung verschwand, als habe es sie nie gegeben.
Ratlos sah er Wrede und die beiden Personen, die außer ihnen in der Zentrale weilten, an. Das rhythmische Geräusch der Alarmpfeifen ließ seine Aufregung kaum mehr wachsen. „Was jetzt?" fragte er. „Ich glaube, wir müssen näher heran..."
Wredes ungläubigen Blick deutete er zunächst als völlige Ablehnung. Dann aber folgte er ihren Augen: Sie hatte die Flasche entdeckt. Natürlich war er nicht angetrunken, nicht einmal beeinträchtigt, das wußte Pidder. Sie würde jedoch anders denken. Trotzdem überraschte ihn die Heftigkeit ihrer Reaktion. „Du Saufkopf!" rief Wrede. „Längst hättest du selbst den Alarm auslösen müssen. Nichts dergleichen! Wie konnte Ginsen dir nur das Kommando übergeben?
Und wenn es nur für vier Stunden war!"
Pidder fiel keine Antwort ein. Die ersten Mitglieder der Zentralebesatzung tauchten keuchend auf und besetzten ihre Stationen.
Währenddessen ließ er sich eine Liste der startbereiten Beiboote geben - für seine Zwecke schien die Dreizehn am besten geeignet.
Noch führte er das Kommando... Pidder stellte eine Verbindung zu Llonn Hartwick her. „Mach dich fertig zum Start", bat er, „ich komme innerhalb der nächsten hundert Sekunden an Bord."
Er konnte nur hoffen, daß Ginsen Khartu keine Zeit mehr fand, sein Vorhaben zu vereiteln
4. Die Kommandantin:
April 1143 bis Gegenwart
Sie kreuzten seit einer Woche im Trümmerfriedhof am Rand Hangays. Die nächsten zusammenhängenden Sternballungen standen etwa zehntausend Lichtjahre entfernt. Eine Woche war nicht viel. Insgeheim rechnete sie mit einem sehr langen Aufenthalt in dieser Zone. Nur der Besatzung gegenüber durfte sie sich so nicht äußern.
Woome Bilabong
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