143 - Alraunen-Spuk
wiesen eindeutig darauf hin, um
welche Art Etablissement es sich handelte.
Hier wurden Filme gezeigt, die - nach den Aussagen im
Anschlag - an Schärfe in ganz New York nicht zu überbieten waren. Hier
strippten die schönsten Frauen der Staaten, hier hatte jedermann Gelegenheit,
mit den Stripperinnen nachher privat in einem Separee beim Drink zusammen zu
sein. Das kam ganz darauf an, was man sich den Spaß kosten lassen wollte.
Am Ende der Straße lag ein kleines Eckhaus mit einem
nicht minder winzigen Restaurant. Mehr als dreißig Leute hatten darin nicht
Platz. Aber die Delikatessen, die geboten wurden, sollten einmalig sein. So
jedenfalls hat Iwan Kunaritschew es von Bekannten gehört, die des öfteren in
diesem Lokal verkehrten.
So nutzten die Freunde in New York die Gelegenheit
ihres Zusammentreffens, an diesem Abend gemeinsam Essen zu gehen.
Als sie das taten, ahnten sie noch nicht, daß dieser
fröhliche Abend mit einem unangenehmen Erlebnis enden würde.
Es war wenige Minuten nach Mitternacht, als Larry
Brent und Iwan Kunaritschew das Speiselokal verließen.
Die beiden Freunde schickten sich gerade an, die
Straße zu überqueren, als sie auf lautes Schreien hinten von der Straße
aufmerksam wurden.
X-RAY-3 wandte den Kopf. Larry sah im gleichen Moment
einen Mann aus der Tür von »John's Midnight-Bar« rennen. Hinter ihm tauchten
einige Männer auf, die sich vor Lachen fast ausschütten wollten.
Der zuerst auf die Straße gerannt war, torkelte wie
ein Betrunkener am Bürgersteigrand entlang, wandte sich um und schüttelte
bedrohlich die Hand nach den anderen, die ihn auslachten.
»Ich brauche Hilfe!« stieß er laut hervor. Seine Worte
hallten durch die nächtliche Straße und wurden auch für Brent und Kunaritschew
verständlich. »Versteht ihr mich denn nicht? Warum - helft ihr mir denn nicht?«
»Wir würden dir ja gern helfen«, sagte ein
stiernackiger, dunkelhaariger Mann, der mitten auf dem Bürgersteig stand und
dessen weiße, kräftige Zähne blitzten. »Aber leider wissen wir nicht wie... das
hast du uns ja nicht gesagt.«
»Die Alraun... verfolgt mich... und sie wird es
schaffen, mich zu Grunde zu richten...«, schrie der Mann.
Er drehte sich um seine eigene Achse und lief dann die
Straße entlang direkt auf Larry Brent und Iwan Kunaritschew zu.
Die beiden PSA-Agenten sahen ihn aus allernächster
Nähe.
Der Fremde hatte ein schmales Gesicht, eine
aristokratische Nase, eine hohe, glatte Stirn Und fast hellblonde Haare. Er
trug einen hellen Anzug, ein bläulich schimmerndes Hemd und eine kräftig
gemusterte Krawatte. Der Mann wirkte bleich und gehetzt. Immer wieder blickte
er sich um, als fürchte er eine Bedrohung.
Da stieß er fast mit Brent zusammen.
»Sorry«, entschuldigte er sich mit leisem,
erschrecktem Ausruf. »Sorry, Sir...«
»Es ist an mir, mich zu entschuldigen«, entgegnete
X-RAY-3. »Ich hätte schließlich nicht so dumm in der Gegend herumstehen sollen.
Sie konnten mich nicht sehen. Sie haben die ganze Zeit über nach hinten
geblickt...«
»So etwas soll man eben nicht tun«, bemühte sich der
Fremde lächelnd um eine Antwort. »Man soll immer nach vorn sehen... damit man
weiß, was auf einen zukommt.«
Er hatte grau-blaue Augen, die Brent musterten. In
ihnen lag ein Ausdruck von Verzweiflung und Hilflosigkeit.
»Sie fragten nach Hilfe. Vielleicht können wir für Sie
etwas tun?« machte X-RAY-3 den Vorschlag.
Die Blicke des fremden Mannes gingen abwechselnd von
Larry zu Iwan. »Sie würden mir... nicht glauben... wie die anderen es ebenfalls
nicht tun konnten.... man lacht mich aus.«
Das war nicht verwunderlich: Mit jedem Wort, das er
sprach, entströmte seinem Mund eine nicht zu leugnende Alkoholfahne. Dieser
Mann hatte ordentlich getankt, und seinem unsteten Blick und den Bewegungen
konnte man ansehen, daß der Alkohol ihn im Griff hatte.
Für jemand, der sich nicht näher mit der menschlichen
Psyche beschäftigte, war dieses scheinbar unlogische Verhalten nur auf den
Alkoholgenuß durchzuführen.
Doch X-RAY-3 begriff sofort, daß hier mehr im Spiel
war als nur Alkohol.
Dieser Mann war wie ein Getriebener, wie ein Gejagter.
Er versuchte, seine Sorgen und Nöte im Alkohol zu ertränken - und kam doch
nicht los von den Problemen, die ihn immer wieder einholten.
Doch was war das für ein Problem, mit dem er nicht fertig wurde?
Abgehackt drangen einige Worte über den Mund des
Fremden. Sie ergaben keinen Zusammenhang. Mehr als einmal fiel der
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