143 - Alraunen-Spuk
junge Frau brauchte Hilfe. Warum kam denn niemand
aus den Zelten und stand ihr bei?
Warum hörte und sah niemand etwas?
Dieses eigenartige Geschöpf konnte doch nicht
unbemerkt aufgetaucht sein und nun wieder verschwinden, ohne daß es beobachtet
wurde.
Aber genauso geschah es!
Sheila Hovman wurde entführt. Von einer Alraun, die
nicht nur menschenähnlich war, sondern Menschengröße entwickelt hatte.
Das unheimliche Geschöpf verschwand in der Nacht und
lief quer durch die Landschaft zwischen Bäumen und Büschen, ohne sich nach
links oder rechts zu drehen.
Zielstrebig hielt es eine bestimmte Richtung ein.
Mit seltsam schaukelndem Gang, mit nach vom gebeugtem
Oberkörper lief es in die Nacht, schritt durch große Mulden, durch
Dornengestrüpp und stieg über Felsen, als könnte es sich daran festsaugen.
Von all dem aber bekam Sheila Hovman nichts mit. Ihre
Kräfte hatten sie ebenso verlassen wie ihre Sinne, weil sie die Wahrheit nicht
mehr länger ertragen konnte.
Die lebende Alraunwurzel schritt über das steinige Gelände.
Unter dem kalten, glitzernden Licht der Sterne und der
scharf geränderten Mondsichel lag vor ihnen eine trotzige Burg mit Türmen,
Erkern und schweren Zinnen.
Somorrynn-Castle...
Wie ein riesiger, bizarrer Kasten, dunkel,
uneinnehmbar und bedrohlich, lag das Gebäude mitten in der Landschaft und
selbst die Berge in der Ferne schienen sich zu ducken vor diesem steinernen
Koloß, der aus blankem Fels von einem Künstler herausgemeißelt worden zu sein
schien.
Somorrynn-Castle war ein Teil des Felsens. Mehr als
zwei Drittel der Burg waren in den Bauch des Berges eingeschlagen und stellten
zahllose Kellergewölbe, verschlungene, labyrinthartige Korridore und Säle dar, die nur von wenigen Menschen in der
Vergangenheit gesehen worden waren.
Die Fassade des Schlosses wirkte kränklich und
zerfallen, und an den Mauern wuchsen Unkräuter und Rankengewächse.
Das weite, steinige Oval vor der Burg war ein Innenhof
von gewaltiger Größe.
An den Seiten waren jedoch nur noch die Reste eines
Gemäuers zu erkennen, das einst einen Teil des Schlosses umgeben hatte.
Doch das Gemäuer und die Tore waren verschwunden.
Zum Somorrynn-Castle war es praktisch jedermann
möglich zu jederzeit hinzugehen.
Doch dies war niemand zu raten...
Die wie ein Mensch geformte Alraunwurzel lief genau
zum Eingang zwischen den Säulen und tauchte mit der entführten Sheila Hovman
ins bedrohliche Dunkel dieser wie in eine Geisterwelt passenden Burg...
Dann waren sie nicht mehr zu sehen.
*
»X-RAY-7 an X-RAY-1«, sagte der Russe mit klarer
Stimme.
Absprachegemäß wollte er die Neuigkeiten sofort an die
Zentrale weitergeben, damit X-RAY-1 und die rund um die Uhr in Aktion
befindlichen Computer umgehend weitere Daten zur Verfügung hatten.
In New York war es jetzt früher Abend.
Kunaritschew gab einen knappen Bericht und schilderte
genau die Vorgänge, die sich während der letzten Stunde ereignet hatten. Auch
scheinbar unwichtige Bemerkungen, die die anderen im Zusammenhang mit den
Ereignissen gemacht hatten, waren ihm mit seinem fotografischen Gedächtnis in Erinnerung
geblieben.
Gerade diese Kleinigkeiten aber waren es, die ihn
hatten hellhörig werden lassen.
Bestimmt würde das für seinen geheimnisvollen Boß
X-RAY-1, der für die Koordination seiner Mitarbeiter und die richtige Einordnung der Fälle nach Gefahrengruppen
verantwortlich war, sicher nicht minder überraschend sein.
Die Begriffe »Alraun« und »Somorrynn-Castle« waren
gefallen. Sein - Kunaritschews - Aufenthalt hier in der abgelegenen Herberge,
war eigentlich mehr ein Versuchsballon gewesen. Die Hinweise, die die PSA über
eine eventuell auftretende Gefahr hatten, waren äußerst dünn.
Aber das Ziel der PSA-Leitung war es, außergewöhnliche
Vorkommnisse und Unheil nicht erst dann untersuchen zu müssen, wenn es schon zu
spät war, sondern in der Entwicklung abzufangen und zu eliminieren.
X-RAY-1, der geheimnisvolle Leiter der PSA, von dem
niemand wußte, wer sich dahinter verbarg, bestätigte mit ruhiger, väterlicher
Stimme Kunaritschews Bericht.
Der PSA-Chef wies darauf hin, daß sich Morna
Ulbrandson und Larry Brent in der Zwischenzeit ebenfalls an ihrem Einsatzort
befänden.
Vor wenigen Augenblicken sei die Bestätigung
eingegangen, daß Morna und Larry das Hotel »Glasgow-Metropol« in Glasgow
erreicht hatten.
X-GIRL-C und X-RAY-3 hatten den Auftrag, Kontakt zu
knüpfen zum Käufer des Somorrynn-Castle und den
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