143 - Alraunen-Spuk
ehemaligen Besitzern, die sich
in Glasgow eine Apartmentwohnung gekauft hatten.
»Die Stunde der Alraune«, beendete X-RAY-1 seine
Ausführungen, »scheint doch tatsächlich bedeutsam und nicht nur einfach eine
Bemerkung zu sein, die leichtfertig ausgesprochen wurde. Lord Somorrynn hat in
jener Nacht nicht fantasiert, als er sich um Hilfe an Sie und Larry Brent
wandte...«
X-RAY-1 ließ erkennen, daß die Berichte umgehend
geprüft wurden. Auf Grund der Ereignisse im »Mountain-House« war es nicht zu
umgehen, daß Kunaritschew und Brent direkt Kontakt miteinander aufnahmen.
Und dies zu tun, war Kunaritschews nächster Schritt.
»X-RAY-7 ruft X-RAY-3. Hallo,
Towarischtsch... kannst du mich hören oder hast du dich schon auf Matratzenhorchdienst begeben?«
Larrys freundliche, vertraute Stimme meldete sich
wenige Sekunden später. »Hallo, Brüderchen! Wenn du dich mitten in der Nacht
meldest, dann ist bestimmt etwas im Busch. Oder hast du dich in der Rufnummer
geirrt? Falls du 'nen anständigen Whisky auf dein Zimmer gebracht haben willst,
hier ist nicht die Rezeption.«
»Stell dir vor - das hab ich schon gemerkt,
Towarischtsch. Das Mädchen hier an der Rezeption hat eine um vieles sanftere
Stimme als du. Ich habe gerade gehört, daß du deinen Beobachtungsstand in
Glasgow bezogen hast. Obwohl zu befürchten gewesen wäre, daß du unmittelbar
nach deiner Ankunft schon erfahrungsgemäß im Tiefschlaf liegst, habe ich's
trotzdem gewagt, dich zu stören. Ich hoffe, du stehst nicht gerade unter der
Dusche, weil es in deiner Umgebung so verräterisch rauscht...«
»Es raschelt, Brüderchen. Nicht rauscht. Das ist ein
Unterschied. Manchmal merkt man eben doch, daß deine Wiege im fernen Sibirien
stand. Möglich, daß da Rascheln und Rauschen ein- und dasselbe ist. Wir machen
da einen feinen Unterschied. Und weil du nichts sehen kannst...«
»Was ich auf's äußerste bedaure«, fiel Kunaritschew
ihm ins Wort. »Dann wäre das Leben noch mal so schön. Ich muß unbedingt eine
Eingabe machen, daß im Ring die Miniatur-Funkanlage noch durch eine
Miniatur-Fernsehstation ergänzt wird. Wieviel unnötige Worte könntest du dir
dann sparen... warum raschelt's denn bei dir?«
»Das hättest du inzwischen längst erfahren, wenn du
mich nicht dauernd unterbrechen würdest«, maulte X-RAY-3.
Wer die beiden Freunde so reden hörte, könnte der
Meinung sein, daß sie sich spinnefeind waren. Doch was wie Ernst klang - war
purer Spaß. Wenn die beiden Gelegenheit hatten, miteinander zu flachsen,
nutzten sie jede Minute. Kunaritschew und Brent ergänzten sich auf eine
wunderbare Weise ganz hervorragend.
»Ich bin Morna gerade behilflich, ihren Koffer
auszupacken«, erklärte Larry alias X-RAY-3. Seine Stimme klang verschmitzt, und
Iwan konnte sich das Gesicht seines Freundes in diesem Augenblick gut vorstellen.
»Was da so raschelt, das sind ihre Dessous und so
weiter...«, fuhr Larry Brent ungerührt fort.
»Über das >so weiter< werden wir uns dann später
mal unterhalten«, entgegnete X-RAY-7. »Sonst dürfte das Gespräch wohl zu lange
werden. Wer weiß, was ihr da alles mitgeschleppt habt... ich nehme an, wir
sehen uns bald.«
Mit überraschtem Ausruf reagierte X-RAY-3. »Damit habe
ich überhaupt nicht gerechnet. Ich hoffe, ich überstehe die Begegnung mit dir.
Worum geht's, Brüderchen?«
Iwan Kunaritschew erzählte seine Geschichte innerhalb
von drei Minuten zum zweiten Mal.
»Das darf nicht wahr sein«, bemerkte Brent, als
Kunaritschew geendet hatte. »Als wir Somorrynn zum ersten Mal trafen, kam uns
die Geschichte vor wie ein Spaß. Dann kam der Brief - und dann die
Computerwertung, daß hinter der Sache offensichtlich eine ernstzunehmende
Gefahr steckt. Deshalb sind wir hier. Aber daß sich die Angelegenheit -ob durch
Zufall oder bewußt herbeigeführt - dort in dem kleinen Gasthaus bei dir auf
eine solche Weise zuspitzt, wer hätte das gedacht?«
»Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt«,
murmelte X-RAY-7.
Beide dachten in diesem Augenblick dasselbe. An jenem
Abend in New York, als sie Lord Somorrynn kennenlernten...
*
... rot - grün - blau... so leuchtete die Fassade der
Nachtbar abwechselnd auf.
Von Aufleuchten konnte allerdings nicht die Rede sein.
Es war ein müdes, düsteres Flackern, das man nicht mal als halbes Licht
bezeichnen mochte.
Die Bar hieß »John's Midnight-Place«. Die Plakate und Bilder in den Schaukästen links und
rechts neben dem handtuchschmalen Eingang
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