Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
143 - Rulfan von Coellen

143 - Rulfan von Coellen

Titel: 143 - Rulfan von Coellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
und her schwamm und Suse am Beckenrand wartete. Endlich tauchte die Scheußliche wieder auf. »Sie müssen weg, alle beide. Und dich wird man nach Marienthal bringen. Hier ist meine Botschaft für meine Schwester Sharan – höre…«
    ***
    Steuerbords legte Rulfan direkt am Hausboot des Dysdoorer Hauptmanns an, sodass dessen Kahn zwischen dem Einmaster und dem Ufer lag. Er ließ den Anker ins Wasser hinab, nahm Chira auf den Arm und kletterte über die Reling hinüber auf das Hausboot. Mit einer Kopfbewegung bedeutete er Paacival, ihm zu folgen.
    Haynz hockte am Bug seines Bootes in einem hochlehnigen Rollstuhl. Er trug einen grünen Umhang über schwarzer Hose und schwarzer Weste. Seinen Kahlkopf, sein Mondgesicht und seine Arme hatte er sich mit roter Farbe beschmiert.
    »Sei gegrüßt, Hauptmann von Dysdoor!«, rief Rulfan ihm entgegen. »Du trägst die Farbe des Kampfes auf der Haut, wie ich sehe. Wir aber kommen in Frieden und wir bringen dir Frieden, wie ich hoffe…«
    »Stehen bleiben!«, schrie Haynz, als nur noch fünf Schritte sie trennten. Rulfan und Paacival gehorchten.
    Eine Menge Waffen steckten um ihn herum in den Deckplanken oder lehnten gegen die Reling: drei kurze und zwei lange Schwerter, ein halbes Dutzend Messer, zwei Spieße, eine Stachelkeule, viele Pfeile und zwei Jagdbögen.
    »Küss ihm die Füße!« Das galt Rulfan, und Haynz deutete auf Paacival. »Haynz will, dass du dem Dicken die Füße küsst, Rulfan von Coellen! Das will der gute Haynz, tu es also, jawohl, tu es!«
    Rulfan und Paacival blickten sich an. Beiden fehlten die Worte.
    »Na, hörst du denn nicht? Hör doch endlich, was der gute Haynz sagt! Küss dem Dicken die Füße!« Die Männer wurden unruhig, der Grandlord tippte sich an die Stirn, und Chira begann zu kläffen. »Nicht? Du willst nicht hören auf den Hauptmann von Dysdoor, auf den Allmächtigen, den Unbesiegbaren, den Liebling der Götter willst du nicht hören? Aha…«
    »Es geht dir nicht gut, wie ich merke, Hauptmann Haynz.«
    Rulfan machte einen Schritt auf den Gelähmten zu. »Kann ich dir vielleicht irgendwie…«
    »Halt!«, kreischte Haynz. »Keinen Schritt näher. Den Köter! Nimm den Köter von Rulfans Arm, dicker Mann, und wirf ihn in den Fluss! Ins Wasser mit dem Viech, befiehlt der große Hauptmann von Dysdoor! Los! Los!«
    Rulfan dolmetschte. »Isse kwank, meakste doch, Wulfan«, knurrte Paacival. Er blickte sich um. Aus den Pfahlbauhütten am Ufer waren Männer und Frauen auf ihre Terrassen getreten und beobachteten die Szene auf dem Hausboot.
    »Du willst dem Dicken nicht die Füße küssen, Rulfan von Coellen? Du willst das Schwarze da nicht ins Wasser werfen, Dicker?«
    »Nein«, sagte Rulfan.
    »Spinnsdoch«, sagte Paacival.
    »Gut so, Rulfan von Coellen, gut so, Dicker! Test bestanden! Friede, Glück und Liebe allezeit mit euch! Fett, Fleisch, Schnaps und Coelsch noch dazu! Tretet näher.«
    Sie begrüßten den Querschnittsgelähmten mit Handschlag.
    Rulfan machte Haynz und Paacival miteinander bekannt.
    »Hauptmann Haynz von Dysdoor, Sir Percival, Grandlord von London.« Und dann an die Adresse des kleinen Mannes im Rollstuhl: »Was war das eben für ein Spiel, Haynz von Dysdoor?«
    »Spiel? Dem guten Haynz ist nicht nach Spielen, Rulfan von Coellen, das wirst du glauben! O nein, ein Test war das, ein wichtiger Test, sag ich, und reiner Selbstschutz war es auch, sag ich.«
    »Ich verstehe nicht, Hauptmann Haynz.« Rulfan setzte Chira ab. Sofort begann der schwarze Welpe Stiefel, Beine und Rollstuhl des Gelähmten zu beschnüffeln.
    »Alle sind krank, weißt du, Rulfan von Coellen? Alle, nur ich nicht und Ankela nicht und das Mädchen auch nicht.« Der kleine Mann gestikulierte wild. »Aber sonst alle! Und wenn Fremde kommen, wie der Dicke da, oder jemand wie du, den ich lang nicht gesehen habe, dann gibt’s einen Test, so ist das.«
    Er war noch fetter geworden, seit Rulfan ihn das letzte Mal gesehen hatte. War es wirklich erst ein Jahr her? Nein, länger – ein Jahr und drei Monate.
    Haynz’ Oberkörper glich einer Tonne. Seine Beine unter den schwarzen Hosen kamen Rulfan schlaff und dürr vor, seine nackten Arme jedoch kräftig und voll sehniger Muskeln.
    Haynz war von der Hüfte abwärts gelähmt, seit er mit einer alten Maschine aus seiner Düsenjägersammlung abgestürzt war. Der Marienthaler Conrad von Leyden hatte an der Steuersäule gesessen.
    Um sich fortzubewegen, war Haynz ganz auf seine Arme oder auf fremde Hilfe

Weitere Kostenlose Bücher