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143 - Rulfan von Coellen

143 - Rulfan von Coellen

Titel: 143 - Rulfan von Coellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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handelte; und zwar um Kopien jener beiden letzten, kurzen und frei endenden Rippen des menschlichen Brustkorbes.
    Sharans Anweisungen ließen an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Ihre Stimme dröhnte in Calundulas Schädel und erzeugte glasklare Bilder: Jedem der im Vorraum wartenden Bunkerkolonisten hatte sie die rechte unterste Rippe zu entnehmen und dafür eines der Implantate im sterilen Plasmabeutel unter der Brusthaut der Erwählten einzusetzen.
    Nur kurz fragte sie sich, wie man es wohl anstellte, dem eigenen Körper eine Rippenplastik einzusetzen. Die Frage jagte ihr Hitzewellen durch den Körper und machte ihre Knie weich.
    Sie schob sie rasch beiseite.
    Ihr erster Patient war eine junge zierliche Frau: Suse.
    Calundula arbeitete ruhig und konzentriert. Sie brauchte achtzig Minuten für die Operation. Rechts von ihr stand Sharan. Ihr gegenüber, auf der anderen Seite des OP-Tisches stand Guur. Er beobachtete jeden ihrer Handgriffe. Für den zweiten Patienten benötigte Calundula nur noch zweiundsiebzig Minuten, dem fünften setzte sie die künstliche Rippe in weniger als vierzig Minuten ein. Nach der siebten Operation gönnten SIE ihr eine Pause. Sie durfte essen, trinken, ruhen. Danach ging es weiter.
    Die Nacht war längst angebrochen, als man den dreizehnten Patienten narkotisiert zu ihr in den OP schob. Calundula zitterte am ganzen Körper, sie sah doppelt, ihr Atem flog und ihr Mund war trocken. Sharan und Guur jedoch wirkten ausgeruht und frisch wie am Morgen. All die Stunden über hatte Guur sie belauert.
    Der Dreizehnte war PXL. Sie durfte keinen Fehler machen.
    Calundula wusste es, und zugleich ahnte sie dumpf, dass Guur diese Reihenfolge ganz bewusst so und nicht anders festgelegt hatte. Etwas wie Hass kroch durch ihre Hirnwindungen.
    Calundula biss die Zähne zusammen. Sie mobilisierte ihre letzten Kraftreserven und setzte die Schnitte in der Haut des Geliebten. Sie entnahm ihm seine unterste Rippe, setzte ihm die Prothese ein, verschloss sorgfältig jedes Blutgefäß, nähte Nerven und Haut zusammen und brachte eine sehr kurze Naht zustande, die man, so glaubte sie, in ein paar Tagen kaum noch sehen würde.
    Anschließend sank sie an der Stelle zu Boden, an der sie über zwölf Stunden gearbeitet hatte. Als sie wieder zu sich kam, lag sie selbst auf dem OP-Tisch. Sharan verabreichte ihr das Narkosemittel, und Guur wartete mit einem Skalpell in der Hand…
    ***
    Je drei Männer zogen einen Flügel des östlichen Stadttores auf.
    An der Spitze von etwa vierzig Coelleni zog Muna durch die Ostpforte und stieg über die Treppen in die Uferaue hinab.
    Dort rumpelten Wakudakarren durch das Gras, tippelten Frekkeuscher schwer beladen zum Ufer und sprangen andere der Riesenheuschrecken ohne jede Last vom Ufer weg.
    Andronen landeten und starteten, überall waren Menschen, überall Stapel von Waren, Material und Kisten und Körben.
    Alle Umtriebe galten einem Schiff, das an einer breiten Anlegestelle vor Anker lag. Zwei oder drei Dutzend Männer und Frauen beluden es mit dem gestapelten Material.
    Gefolgt von ihren Sklaven, schritt Muna zu der Anlegestelle. Sie wollte das Schiff besichtigen und sich einen Eindruck über den Fortgang der Arbeiten machen.
    Es war ein klobiger Dreimaster: achtzig Meter lang, dreizehn Meter breit, sieben Ruderbänke, drei große Laderäume. In drei Tagen sollte er nach Munas Willen mit zwanzig waffenfähigen Coelleni und sieben Marienthalern an Bord unter ihrem Kommando flussaufwärts nach Süden aufbrechen.
    Gefolgt vom Vizekanzler Juppis, von ihrem persönlichen Diener Münges und vom jungen Tones, der ihr als Kapitän dienen sollte, ging Muna an Bord. Sie schritt das Oberdeck ab, inspizierte die Segel, das Ruder und die Navigationsinstrumente, sie schaute sich die Lagerräume, die Mannschaftskajüten und ihre Suite an.
    Das Schiff, einundzwanzig Jahre alt, war innerhalb der letzten neun Monate generalüberholt und für die Reise nach Süden aufgerüstet worden. An Bug und Heck hatte Muna Geschütze installieren lassen. Sie stammten aus schweren Panzern, die fünfhundert Jahre in unterirdischen Hangars überdauert hatten.
    Im Ruderhaus nahm sie am Kartentisch Platz. »Kommt her.« Muna strich eine Landkarte von Mitteleuropa glatt, die sie in Marienthal gefunden hatte. Juppis, Münges und Tones standen hinter ihr und beugten sich über ihre Schultern.
    »Das ist der große Fluss.« Mit ihrem spitzen weißen Zeigefinger fuhr sie der blauen Linie des Rheins in Richtung

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