1430 - Der Vampir-Clown
klang ihre Antwort nicht, aber ich wusste, was ich tat.
Ein Umzug war nicht mein Fall, obwohl ich bei Jane Collins trotz Justine Cavallo mehr Annehmlichkeiten gehabt hätte, aber ich wollte wirklich nicht weg.
»Außerdem würde Glenda große Augen machen, wenn ich plötzlich bei dir wohnte.«
»Genau darauf habe ich noch gewartet.«
»Stimmt doch.«
»Klar. Du hast Recht. Alles stimmt, wenn du es aus deinem Blickwinkel siehst.«
»Fühlst du dich in deiner Haut nicht mehr wohl?«, wollte ich wissen.
Die Antwort verschluckte Jane, denn wir hörten beide die Stimme der Blutsaugerin. Sie sprach nicht mit uns, sondern mit dem Fahrer und schien etwas zu wiederholen.
»Du willst es hier auf der Lichtung mit mir treiben? Habe ich das richtig verstanden?«
»Ja.«
Mehr war nicht zu hören. Justine hatte ihr Mikro abgestellt und ließ uns mit der Information allein.
»Das war nicht viel«, murmelte Jane.
»Genau. Aber wir wissen, in welche Richtung sie gefahren sind. Das werden wir auch machen. Wir müssen nur nach einem Waldweg Ausschau halten, der von der normalen Straße abzweigt.«
Jane nickte. »Wenn das so einfach wäre.«
»Das hoffe ich doch.«
Nicht mal eine Minute später waren wir unterwegs…
***
Dieser Walter war völlig ahnungslos. Er konnte nicht wissen, wen er sich da in den Wagen geholt hatte. Wie die meisten Menschen hielt er Vampire für die Ausgeburt von Schriftstellerfantasien, und selbst wenn Justine ihm ihre Vampirhauer gezeigt hätte, würde er eher an einen Faschingsscherz glauben. Da war sich die Blutsaugerin ziemlich sicher.
Sie verließ den Wagen an der linken Seite und warf einen Blick in die Runde. Ihr Umfeld war nicht mehr so eingeengt wie noch im Fahrzeug, aber sie entdeckte nichts, was auf eine Gefahr hingewiesen hätte, gegen die sie sich behaupten müsste.
Die Lichtung war von Menschenhand geschaffen worden, um hier einen Grillplatz zu errichten. Das musste schon länger zurückliegen, denn die Grillhütte hatte im Laufe der Zeit einige Schäden davongetragen, und sie sah auch so aus, als wäre sie schon seit Jahren nicht mehr benutzt worden. Auf der gemauerten Feuerstelle in der Hüttenmitte lag noch das Grillrost. Von den Bäumen gefallenes Laub bedeckte es teilweise.
Da niemand mehr diesem Ort einen Besuch abgestattet hatte, war es der Natur gelungen, ihn sich beinahe wieder zurück zu erobern.
So gab es kein niedergetrampeltes Gras mehr. Neue Pflanzen hatten hier sprießen können. Um die Lichtung herum standen Bäume, die wirklich viele Jahre auf dem Buckel hatten. Zwischen ihnen wucherte Unterholz. Überall lagen kleinere Äste und Zweige, die von heftigen Stürmen abgerissen worden waren.
»Sieht ja richtig romantisch aus hier«, bemerkte Justine.
»Das finde ich auch. Ein lauschiges Plätzchen im Wald – ist das nicht besser, als sich in einem Swinger-Club zu vergnügen? Wenn du mich mal richtig erlebt hast, wirst du keine Sehnsucht mehr danach haben. Das kann ich dir versprechen.«
»Meinst du?«
»Klar.«
Justine hatte seine Stimme dicht hinter sich gehört. Sie merkte auch, dass sein warmer Atem über ihren Nacken strich, und dann legte er beide Hände auf ihre Schultern.
»Wo?«, fragte sie nur.
»Wo immer du willst!«
Justine bewegte die Schultern unter seinen Griffen, als würde sie von den Händen massiert.
»Sag es!«, forderte er kehlig.
»Auf der Motorhaube?«
Mit diesem Vorschlag hatte sie Walter überrascht, der zunächst mal den Atem anhielt. Dann räusperte er sich und produzierte ein Knurren in seiner Kehle.
»Nicht?«, fragte sie.
»Doch, doch!«, zischelte der Mann. »Verdammt noch mal, dass es so kommen würde, damit habe ich gar nicht gerechnet.«
»Es ist aber so gekommen. Oder es wird kommen. Du stehst dicht davor, mein Lieber.«
»Okay, ich bin dafür.«
Justine ging einen Schritt nach vorn. Die Hände glitten von ihren Schultern herab, strichen über den Rücken hinweg und formten auch das Hinterteil nach, das aus zwei perfekten Rundungen bestand.
»Wahnsinn«, flüsterte Walter.
Justine sagte nichts. Mit geschmeidigen Schritten ging sie auf die Motorhaube des Wangens zu. Ihr Rücken blieb Walter zugewandt.
So sah er nicht die Veränderung in ihren Augen.
Die Fahrt über hatte sie den Gedanken zurückgedrängt, dass eine »Nahrung« neben ihr saß. Das tat sie jetzt nicht mehr. Es war ihr klar, dass es für diesen Menschen eine Überraschung geben würde wie er sie noch nie erlebt hatte und sie auch nie mehr erleben
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