1436 - Der Höllensohn
Russisch. Die Männerstimme hörte sich beinahe böse an, doch Glenda ließ sich nicht einschüchtern. Sie verlangte nach Karina Grischin.
Die andere Stimme schaltete sofort auf die englische Sprache um.
»Um was geht es denn? Karina hat viel zu tun und…«
»Sagen Sie ihr nur, dass eine Glenda Perkins aus London sie sprechen will.«
»Ich werde es versuchen.«
»Danke.« Glenda atmete tief aus. Es war ein Teilerfolg, und sie hoffte, dass die folgenden Sekunden sie weiterbringen würden.
Wenig später hatte sie Karina in der Leitung.
»He, du bist es wirklich, Glenda?«
»Ja.«
»Da hast du Glück gehabt. Ich wollte gerade wieder verschwinden. Hier ist einiges los.«
»Hängt es mit John zusammen?«
Die Russin legte eine Pause ein, die Glenda nicht gefiel.
»Wie kommst du darauf?«, fragte sie dann.
»Sagen wir so, ich habe eine gewisse Ahnung, keinen Beweis, mehr ein bedrückendes Gefühl«, sagte Glenda.
»John sitzt in der Maschine.«
Es war ein Satz, der Glenda hätte beruhigen müssen. Im ersten Augenblick war sie das auch, sie konnte sogar lächeln, dann jedoch siegte wieder das ungute Gefühl.
»Ging alles glatt beim Start?«
»Das schon…«
Die Antwort gefiel Glenda Perkins nicht. »Hat es vielleicht zuvor Probleme gegeben?«, hakte sie nach.
»Ja, das kann man sagen. Du hast noch nichts davon gehört?«
»Nein, wie sollte ich?«
»In den Nachrichten, zum Beispiel, oder im Internet etwas gelesen.«
»Nein, das habe ich nicht.«
»Gut, dann will ich es dir sagen. Es ist ein Fall, den ich mit erlebt habe. Er macht mir jetzt noch Probleme. Ein Überfall auf dem Flughafen und direkt in unserer Nähe.«
»Was?«
»Hör zu…«
Und Glenda hörte zu. Bei jedem Wort steigerte sich ihre Nervosität. Sie merkte, dass ihr der Schweiß ausbrach, und sie spürte dabei ein Kribbeln auf der Haut.
Einen Kommentar gab sie zwischendurch nicht ab, aber sie machte sich ihre Gedanken, in deren Mittelpunkt John Sinclair stand.
»Das war kein normaler Anschlag, Karina.«
»Das glauben wir auch. Die Frau war völlig unbescholten. Sie arbeitete für eine Ölfirma und war auf dem Weg nach Berlin. Plötzlich drehte sie durch, wie fremdbestimmt.«
»Das ist es. Fremdbestimmt.«
»Was meinst du?«
»Ja, ein Fremdkörper, ein fremder Geist, ein anderes Wesen, Karina, das könnte dahinter stecken.«
»Du klingst sehr sicher.«
»Das bin ich auch. Und zwar deshalb, weil dieser Geist des Schamanen, von dem du mir berichtet hast, auch hier bei uns im Büro gewesen ist und sich bemerkbar gemacht hat.«
»Nein, das ist…«
»Die reine Wahrheit, Karina. Es geht ihm einzig und allein um John Sinclair. Mit ihm treibt er sein verdammtes Spiel. Daran kannst du nichts ändern und ich auch nicht. Wir müssen einfach davon ausgehen, dass es so ist. So und nicht anders.«
»Dann war das, was bei uns auf dem Flughafen passiert ist, so etwas wie ein Ablenkungsmanöver.«
»Durchaus möglich.«
Karina stöhnte auf. »John sitzt in der Maschine. Da kann ihn niemand rausholen. Und wenn du sagst, dass du die Stimme gehört hast, müssen wir davon ausgehen, dass es für diesen Geist so gut wie kein Hindernis gibt. Dass er überall hin kann.«
»Ja, das wird so sein.«
Beide Frauen schwiegen. Karina sprach dann von ihrem Freund und Partner Wladimir Golenkow, der in Sibirien bleiben musste, weil es dort noch einiges zu recherchieren gab.
»Der kann uns auch nicht helfen«, erklärte Glenda. »Man kann die Maschine nicht einfach aufhalten wie ein Auto.«
»Man könnte es mit einer Zwischenlandung versuchen.«
Glenda lachte, obwohl sie es nicht wollte. »Nein, Karina. Was willst du als Grund nennen? Man wird dich auslachen, wenn du von einem Geist sprichst. Das glaubt dir keiner.«
»Ja, das scheint mir auch so. Wenn kein Grund vorliegt, kann man die Maschine nicht notlanden lassen.«
»Es ist eine britische Maschine«, erklärte Glenda. »Mal sehen, was ich von hier aus tun kann. Ich sehe mir noch mal die Daten an. Die genaue Bezeichnung des Flugzeugs und auch seine Reiseroute. Mehr kann ich im Augenblick nicht tun.«
»Hast du denn auch daran gedacht, dass du dich geirrt haben könntest?«
Glendas Antwort ließ die Hoffnung der Russin zerplatzen. »Ja, daran habe ich gedacht. Das habe ich mir sogar einzureden versucht. Doch das ist jetzt vorbei, nachdem ich gehört habe, was bei euch auf dem Flughafen passiert ist.«
»Stimmt auch wieder.«
»Wo kann ich dich erreichen?«
Ȇber Handy. Wenn ich nicht
Weitere Kostenlose Bücher