1436 - Der Höllensohn
Bescheid. Und mir war klar, dass der Geist des Schamanen seinen teuflischen Plan weiter fortsetzte.
Ich hatte Mühe, die Fassung zu bewahren. Zugleich musste ich einsehen, dass ich eigentlich nichts anderes hatte erwarten können, denn der Geist des Schamanen war in der Lage, sich Wirtskörper zu suchen, und das hatte er in diesem Fall getan.
Den anderen Passagieren war nichts aufgefallen. Was hier ablief, war eine Auseinandersetzung zwischen uns beiden.
Mir war klar, dass ich es mit einem anderen Menschen zu tun hatte. Falls der Begriff Mensch überhaupt noch passte. Er konnte seinen Blick nicht von mir lösen.
Ich hielt ihm stand.
Durch den Schweiß war Konstantins Haut glatt geworden. Der Mund hatte eine andere Form angenommen und war verzogen. In den Augen stand das geschrieben, was er mir gesagt hatte.
Er war ein Höllensohn.
Er hatte sich verändert. Der Geist des Schamanen musste in ihn gefahren sein.
Ich wartete darauf, dass mein Kreuz reagierte. Aber da tat sich nichts, obwohl er sich als Höllensohn bezeichnet hatte und auch aussah wie ein Günstling des Teufels.
Ich dachte genauer darüber nach und gelangte schnell zu dem Schluss, dass mein Kreuz bei einem derart uralten Wesen gar nicht reagieren konnte. Das war übel. Als einzige Waffe besaß ich demnach meine Beretta, aber die würde ich stecken lassen. Wenn man in einem Flugzeug eine Kugel abfeuerte, konnte das eine Katastrophe auslösen.
Er glotzte mir weiterhin ins Gesicht und tat das sicherlich nicht ohne Grund. Ich glaubte auch nicht, dass es bei diesem einen Kontakt bleiben würde, und hatte mich nicht geirrt, denn Sekunden später schon hörte ich wieder seine Stimme.
»Hallo, Sinclair…«
Ja, er war es. Nicht mehr Konstantin. Es war der uralte Geist des Schamanen, der den Popen übernommen hatte.
Von nun an würde es in dieser Maschine anders aussehen…
***
»Ja, Sir, ich komme zu Ihnen«, hatte Glenda Perkins nach dem Anruf gesagt und war aufgestanden. Sie ahnte bereits, um was es sich handelte, und wurde nicht enttäuscht, als sie das Büro des Superintendenten betrat.
Sir James und Suko schauten sie ernst an, und kaum hatte Glenda ihren Platz eingenommen, wurde sie von Sir James schon angesprochen.
»Wie ich hörte, Glenda, haben Sie die erste Entdeckung gemacht, als sie allein im Büro waren.«
»Ja, so ist es.«
»Und es stimmt, dass Sie eine Stimme vernahmen, die sich mit John Sinclair beschäftigte?«
»Ja. Die Stimme war da.« Noch einmal erklärte Glenda in allen Einzelheiten, was passiert war und in welch einen Zustand sie diese Stimme gebracht hatte.
Die beiden Männer hörten ihr aufmerksam zu. Und sie mussten einsehen, dass sie nichts tun konnten, um die Lage zu entschärfen.
Sie saßen da, schauten sich an. Kommentare gab es nicht, bis Sir James schließlich eine Frage stellte.
»Wie groß ist Ihrer Meinung nach die Gefahr, Glenda? Können Sie dazu etwas sagen?«
»Nein, das kann ich nicht beurteilen. Ich kenne diesen Schamanen nicht oder dessen Geist. Ich weiß auch nicht genau, was in Sibirien abgelaufen ist. Da musste man noch mal mit Karina Grischin sprechen. Wenn jemand beurteilen kann, wie groß die Gefahr wird, dann sie.«
Sir James schaute Suko an. »Was sagen Sie dazu?«
»Ich denke, dass Glenda Recht hat.«
»Okay, dann stellen Sie die Verbindung her.«
Suko versuchte es. Über das Handy war Karina nicht zu erreichen.
Ein Gespräch kam leider nicht zustande.
Glenda schüttelte den Kopf. Sie fasste mit einem Satz zusammen, was sie dachte. »Es sieht nicht gut aus.«
Suko stimmte ihr zu.
Sir James hatte eine weitere Frage.
»Wie sieht es mit Wladimir Golenkow aus, Glenda?«
Deren Lippen zuckten. »Wladimir Golenkow ist nicht zu erreichen. Er steckt in Sibirien fest. Der Fall dort erfordert wohl noch weitere Nachforschungen, denke ich.«
»Und was denken Sie sonst, Glenda?«
»Wie meinen Sie, Sir?«
Sir James hob die Schultern. »Immerhin sind Sie im Moment die wichtigste Person.«
»Nein, ich…«
»Doch, Glenda, denn Sie haben den Kontakt zu John Sinclair gehabt. Zwar keinen direkten, aber einen indirekten. Das zählt im Moment. Wir sind dabei nicht involviert.«
Glenda Perkins nickte. »Ja, ich habe die Stimme gehört. Ich ahnte etwas. Ich habe auch mit Karina Grischin telefoniert und erfuhr von diesem Amoklauf am Flughafen. Das stimmt alles. John ist da auch nichts passiert, aber der verdammte Geist war bereits in seiner Nähe, und ich gehe davon aus, dass er sich nicht entfernt
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