1437 - Der weibliche Tod
hoffen.
Es verging Zeit. Wohl fühlte sich Sly Fisher nicht. Er wartete, obwohl es ihm lieber gewesen wäre, abzuhauen. Irgendwie kriegte er die Kurve nicht.
Aber er war nicht so geschockt wie seine Freundin, und deshalb bekam er seine Gedanken wieder besser unter Kontrolle. Ihm war klar, dass sie diese Entdeckung nicht für sich behalten konnten. Da musste etwas unternommen werden. Allerdings war er ehrlich gegen sich selbst. Er fühlte sich überfordert, und deshalb setzte er auf einen Helfer. Sie mussten jemanden finden, der sie nicht auslachte und ihnen zuhörte. Aber wer konnte das schon sein?
Die Menschen würden sie für Spinner halten, denn es kam noch hinzu, dass sie dieser Person auf einem Friedhof begegnet waren.
Das war für ihn überhaupt ein Problem. Man würde ihm Fragen stellen, man würde den Kopf schütteln und nach Erklärungen verlangen, was sie zu dieser Zeit auf dem Friedhof verloren hatten, und ob man ihnen glauben würde, das war die große Frage.
Die Lösung traf ihn wie ein Blitzstrahl. Zumindest glaubte er, dass es die Lösung war. Seine Augen leuchteten auf, und er drehte den Kopf nach links.
»Ich habe eine Idee, Dora!«
Sie hatte ihn gehört, aber sie reagierte nicht. Sly schaute auf ihr Profil, und er übersah den verbissenen Ausdruck in ihrem Gesicht nicht. Sie schien sich wieder gefangen zu haben.
»Kannst du sprechen?«
»Warum?«
»Weil ich eine Idee habe.«
Dora gab keine Antwort. Dafür drehte sie langsam den Kopf nach rechts. »Ich wüsste nicht, was man hier mit einer Idee verändern könnte. Ehrlich, Sly.«
»Willst du trotzdem hören, was mir eingefallen ist?«
Sie hob die Schultern. »Bitte – ist ja auch egal.«
»Warte es ab.« Sly konnte wieder lächeln. »Erinnere dich an deinen Onkel Kenneth.«
»Na und?«
»Der ist doch Polizist.«
Dora schwieg. Sie klimperte nur mit den Augenlidern, überlegte dann kurz und fragte: »Na und?«
»Du magst ihn doch.«
»Klar. Aber was soll das…«
»Er arbeitet beim Yard. Du hast immer Vertrauen zu ihm gehabt, und deshalb könntest du…«
Sie unterbrach seinen Redeschwall. »Nein, hör mit so etwas auf. Onkel Ken ist zwar Polizist. Er arbeitet auch beim Yard, aber du darfst ihn dir nicht wie einen James Bond vorstellen. Der ist ein Schreibtischhengst und freut sich darüber, sich den Hintern noch platter sitzen zu können.«
»Er soll sich ja auch nicht reinhängen, Dora. So habe ich das nicht gemeint.«
»Wie dann?«
»Ganz einfach. Ich erinnere mich daran, dass dein Onkel auf einer Geburtstagsfeier mal davon gesprochen hat, dass es beim Yard eine Abteilung gibt, die nicht vielen Menschen bekannt ist. Die Leute dort beschäftigen sich mit Fällen, die ins Reich des Übersinnlichen und Unerklärlichen gehen. Und ich denke, dass wir da eine Chance haben.«
»Wie?«
»Dein Onkel könnte uns mit den Kollegen zusammenbringen. Die müssten uns doch glauben.«
»Ach, und wovon träumst du in der Nacht?«
»Also nicht?« Sly war enttäuscht.
Das merkte Dora. Sie bereute es plötzlich, dass sie so grob zu ihm gewesen war. Sie versuchte es auszugleichen, beugte sich zu ihm und streichelte über seine Wange.
»Tut mir Leid, aber das hier ist alles so plötzlich über mich gekommen.«
»Klar doch. Aber wie ist das mit deinem Onkel?«
»Mal sehen.«
»Denk zumindest mal darüber nach.«
Dora nickte und fragte zugleich: »Aber eine andere Idee hast du nicht – oder?«
»Nein, die habe ich nicht. Wenn du eine bessere hast, dann…«
Sie winkte ab. »Woher denn? Außerdem habe ich im Moment keinen Kopf, mir darüber Gedanken zu machen.«
»Kann ich verstehen.« Er nickte und fragte sofort danach: »Bleibt es dann bei meinem Vorschlag, was deinen Onkel angeht?«
»Ja, ich denke schon. Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Außerdem würde mich interessieren, wer diese Person wirklich ist.«
»Ein Monster, was sonst?«
Dora Young hob nur die Schultern. Mehr konnte sie beim besten Willen nicht tun…
***
Dass wir am anderen Morgen zu dritt ins Büro fuhren, das verwunderte Suko nicht weiter. Zumindest würden wir nicht allzu spät dort erscheinen, und Glenda hoffte zudem, dass Sir James nichts mitbekommen hatte.
Alles lief ansonsten normal. Glenda kochte den morgendlichen Kaffee, während Suko und ich uns in unser Büro zurückzogen. E-Mails hatten wir keine erhalten, was schon von Vorteil war, und Faxe lagen ebenfalls nicht bereit.
Glenda brachte den Kaffee und setzte sich zu uns. Dass
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