1437 - Der weibliche Tod
dachte, dass es ein Klumpen war. Aber der Klumpen zitterte und gab auch ein Röcheln ab.
Der Pope rannte hin. Nach drei Sprüngen war er da, und sein Herz hämmerte wie verrückt.
Das Hausmädchen lag auf dem Boden.
Er hatte das letzte Zucken der Frau gesehen. Ein Lebenszeichen, das es nun nicht mehr gab, denn um sie herum breitete sich eine Blutlache aus, und das sagte alles.
Der Pope hätte schreien können vor Wut. Die Frau war zur Seite gefallen, sodass er einen Blick auf die Kehle werfen konnte.
Sie und der gesamte Hals vorn waren zerfetzt.
Der Tod hatte mit unheimlicher Wucht zugeschlagen und ihm gezeigt, wie hilflos der Mensch ihm gegenüber war…
***
Konstantin hielt den Atem an. Er stand auf der Stelle, ohne sich zu bewegen, abgesehen von den Augen, denn er wollte sehen, wo sich der Mörder aufhielt.
Am liebsten hätte er geschrien, um so sein eigenes Versagen zu dokumentieren. Er war gekommen, um den Tod zu stellen, und was hatte er geschafft? Nichts, denn vor ihm lag eine Leiche.
Allmählich erwachte er aus seiner Starre. Er drehte den Kopf hin und her, denn ihm war natürlich klar, dass der Tod noch nicht verschwunden war. Irgendwo musste er sich aufhalten.
Sekunden später zuckte der Pope zusammen. Etwas hatte ihn am Gesicht und am Hals gestreift. Als wären Federn über seine Haut geglitten. Aber dieses Streicheln brachte zugleich einen kühlen Luftzug mit, der eine Gänsehaut auf seinem Rücken hinterließ. Sie war nicht nur eine Folge der Berührung, sondern auch eine des konkreten Wissens, denn jetzt war ihm klar, dass sich der Geist nicht verflüchtigt hatte und sich noch immer in seiner Umgebung aufhielt.
Konstantin drehte sich so, dass sein Blick zurück in den Flur fiel.
Und dort sah er die Bewegung. Ein Schemen, etwas, das nicht greifbar war und ihn an ein sich auflösendes Stück Stoff erinnerte. Der böse Geist des Todesengels, der in der Lage war, alle Hindernisse zu überwinden.
Und er hatte sich nahe der Tür des Sterbezimmers befunden!
Der Pope glaubte, zu Eis zu werden. Bisher war er noch nicht direkt mit dem grausamen Boten konfrontiert worden. Nun hatte er ihn zum ersten Mal gesehen, und in seiner Brust zog sich etwas zusammen. Er spürte, wie ihm das Blut in den Kopf stieg und dass sein Herz lauter schlug als gewöhnlich.
Dann war der Schemen weg!
Konstantin hatte nicht genau gesehen, wohin er abgetaucht war.
Lange zu raten brauchte er nicht, und ihm war schon unwohl zumute, als er sich auf den Weg machte.
Er ging wie in Trance. Schritt für Schritt. Der Boden schien aufgeweicht zu sein. Der Russe wusste genau, dass ihm die schwersten Minuten seines bisherigen Lebens bevorstehen würden.
Aber er hatte es nicht anders gewollt. Er war innerlich darauf vorbereitet gewesen. In seiner Fantasie hatte er alles oft genug durchgespielt, wie er reagieren würde, wenn er dem Todesengel gegenüberstand.
Er hatte versucht, sich einzutrichtern, wie er reagieren musste, damit er nichts Falsches tat. Doch in diesen Augenblicken war alles ganz anders. Er erlebte, wie weit Theorie und Praxis voneinander entfernt liegen können. In seinem Kopf tuckerte es. Und er merkte auch, dass ihm der Schweiß ausbrach. Im Mund hatte sich ein bitterer Geschmack ausgebreitet. Er dachte an die Konfrontation mit der Hölle und mit diesem verfluchten Wesen, das auf den Teufel hörte und ihm zugetan war.
Er ging wie ferngelenkt. Vor der Tür blieb er stehen und holte noch mal tief Luft. Er wollte die absolute Ruhe haben, um genau hören zu können, was in seiner Nähe ablief.
Nichts mehr.
Es gab keine fremden Geräusche, und die Stille empfand er wie einen schweren Druck.
Sein Blick richtete sich auf die Tür. Konstantin trug noch immer seine Kutte. Er empfand das Gewicht des Kleidungsstück plötzlich als überschwer. Wie Blei hing es auf seinen Schultern und schien ihn nach unten ziehen zu wollen.
Aus dem Sterbezimmer hörte er nichts. Vielleicht war Anna eingeschlafen und würde nie wieder erwachen. In diesem Fall gönnte der Pope ihr den Tod. Er war sicherlich besser, als zuvor noch vom Todesengel gequält zu werden.
Der letzte Schritt lag vor ihm, und den ging er auch. Der russische Geistliche legte seine Hand auf die Klinke. Es fiel ihm schwer, den letzten Schritt zu gehen, aber er hatte keine andere Wahl.
Entschlossen öffnete er die Tür des Sterbezimmers, schob sie dann langsam auf und trat über die Schwelle.
Ein Blick reichte ihm aus.
Am Bett der Todkranken stand Rusalka, der
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