1437 - Der weibliche Tod
zurück.
Er ballte die Hände, um zu zeigen, dass er es der anderen Seite nicht einfach machen würde.
Ob Rusalka ihn verstand, war ihm egal. Es musste einfach raus und er spie ihr die Worte förmlich entgegen. Es war ihm egal, dass er so offen seinen Zorn zeigte. Er hatte lange genug gewartet, und er sah sich nun am Ende der langen Jagd.
»Ich werde dir keine Möglichkeit mehr geben, Menschen zu früh in den Tod zu schicken. Auch Anna hat weiterhin ein Recht auf Leben, und wenn es nur einen oder zwei Tage länger dauert. Aber ihre Seele soll der Teufel nicht bekommen, und du wirst sie ihr deshalb nicht entreißen können, das schwöre ich!«
Rusalka hatte alles gehört. Sie reagierte nicht. Sie behielt ihren Standort bei und schien den Popen mit ihren schwarzen Augenschächten anzustarren. Er spürte, dass von ihr das Böse ausging.
Mit einem schnellen Griff fasste er unter seine Kutte. Das schlichte Patriarchenkreuz schien von selbst in seine Hand zu gleiten. Es bestand aus Metall und war an seinen Rändern mit einem goldenen Überzug versehen.
»Das musst du erst überwinden«, flüsterte er. »Ich weiß, dass du Schuld auf dich geladen hast. Du bist den Verlockungen des Teufels erlegen. Du hattest dich bei den frommen Frauen im Kloster wohl gefühlt, doch dann kam der Satan über dich. Zusammen mit deiner Schwester bist du damals geflohen. Vor vielen Jahren seid ihr nach England gekommen, und du hast deine Spur verwischt, indem du deine Schwester getötet hast, die in einem Sarg aus Stein begraben wurde, der auf der russischen Enklave des alten Friedhofs seinen Platz gefunden hat. Deine Schwester hat dich immer gestört, denn sie wollte dich von deinem verdammten Weg abhalten. Leider hat sie es nicht geschafft, denn du bist zu grausam gewesen. Aber ich weiß auch, dass dich dein Gewissen nicht in Ruhe gelassen hat, und so bist du immer wieder zum Grab zurückgekehrt, in dem die Gebeine deiner Schwester liegen. Aber ich verspreche dir, dass du nicht länger als Todesengel agieren wirst. Du wirst dem Teufel die Seelen nicht vorher übergeben, damit sich seine Macht stärkt. Deshalb bin ich gekommen und habe den weiten Weg zurückgelegt.«
Konstantin sagte nichts mehr. Er war froh, die Worte überhaupt hervorgebracht zu haben.
Aber es war nur der erste Teil der Auseinandersetzung. Es musste noch ein zweiter folgen, und der würde weniger aus Worten bestehen, das hatte er sich fest vorgenommen.
Mit dem nächsten Schritt näherte er sich der Gestalt. Das Kreuz hielt er ihr mit beiden Händen entgegen.
Rusalka wich nicht zur Seite.
Aufrecht blieb sie stehen, und dann tat sie etwas, mit dem der Pope nicht gerechnet hatte. Sie streckte beide Hände vor, und die hatten nur ein Ziel.
Sie wollte das Kreuz!
Konstantin musste plötzlich lachen. Er begriff es nicht, aber er war froh, dass sie so reagierte.
»Da, nimm es!«
Zwei Hände schnappten zu, und der Pope trat einen Schritt zurück. In seinen Augen leuchtete es auf. Es war der Glanz des Siegers, denn so fühlte er sich.
Er wunderte sich nur, dass es so einfach war, den Todesengel zu besiegen. Hätte ihm das jemand vor der Reise gesagt, er hätte ihn für einen Idioten gehalten.
So aber wollte er schon aufatmen.
Aber er tat es nicht. Es war verrückt, was plötzlich passierte, doch es hing mit der Macht des Höllenengels zusammen.
Rusalka hatte ihren Mund geöffnet, und der Pope hörte ein schrilles Lachen.
Es war nur kurz aufgeklungen und ebenso schnell wieder verhallt.
Ihm folgte ein Zischen, und die Augen des Popen weiteten sich entsetzt, als er sah, was mit dem Kreuz geschah.
Zwischen den Händen der Rusalka schmolz es dahin, und sie konnte ihre wahre Macht zeigen…
***
Als wir das Büro erreichten, sah Glenda uns an, dass etwas passiert sein musste.
»He, was ist? Habt ihr sie gefunden?«
»Nein«, klärte ich sie auf. »Wir sind noch dabei und hoffen, dass wir Erfolg haben.«
»Gut. Dann habt ihr einen neuen Plan?«
»Ja, telefonieren.« Während dieser Antwort war ich bereits auf dem Weg ins Büro.
Ich hoffte, dass ich Wladimir Golenkow erreichte und er sich nicht noch im fernen Sibirien herumtrieb. Er hatte mir eine Nummer gegeben, die nur wenige Menschen kannten. Es dauerte schon seine Zeit, bis jemand abhob. Leider war es nicht Wladimir. Der Mann sprach zum Glück Englisch, und ich erfuhr, dass Golenkow nicht zu sprechen war.
Die erste Enttäuschung. Nur gab ich nicht so leicht auf und verlangte nach Karina Grischin.
Bei ihr
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