1439 - Totenfeld
der Decke schwebten.
Ari hatte sein Atelier ganz hinten, wie er immer sagte. Im Bunker, der keiner mehr war. Er hatte nur seinen Namen behalten, weil dort früher Ersatzteile für Maschinen gebunkert waren. Also hatte das Haus den Namen behalten.
Neue Mauern waren gezogen worden. Treppen angelegt. Es gab sogar einen nostalgischen Fahrstuhl und viel Platz, den sich Ari mit drei anderen Mietern teilte.
Zwei waren Maler. Eine Frau töpferte und malte ihre Werke danach an. Ari hatte ihr auch etwas abgekauft, denn er mochte die Motive der naiven Malerei.
Er musste nicht großartig Treppen steigen oder den alten Lift benutzen. Die beiden Maler lebten in den oberen Etagen, er hatte seine Behausung im ersten Stock.
Eine große Wohnung, die allerdings auch als Arbeitsraum diente.
Ein wirklich großes Fenster mit tollem Blick nach draußen. Bett, Küche, Sessel und Stühle, der Tisch, die Glotze und die HiFi-Anlage, das alles hatte hier seinen Platz gefunden.
In den kleinen Nebenräumen hatte er sich noch eine Dunkelkammer eingerichtet. Von dort konnte er auch das Bad und die Toilette betreten.
Stolz war er auf sein Licht. An den Drähten, die wie Girlanden unter der Decke hingen, waren kleine Lampen angebracht. Sie konnten auch gedimmt werden, und das sogar vom Bett aus. So brauchte er die beiden Wandleuchten nicht, die das flache Bett einrahmten.
Als er die Metalltür aufzog, fiel ihm der Lichtschein auf. Nicht der an der Decke, sondern der an der Wand.
Ari wusste, was das bedeutete. Lizzy, seine derzeitige Freundin und Muse war da.
Der Fotograf ging zu einem großen Tisch, legte die Tasche dort ab und rief Lizzys Namen.
»Moment noch!«
Im Bett war sie nicht. Aber sie hatte schon darin gelegen, denn es war zerwühlt. Eine Flasche Wodka und eine leere, die Wasser enthalten hatte, fielen ihm ins Auge, und als Lizzy zurückkehrte, hielt sie eine dritte Flasche in der Hand.
Allerdings Wasser und kein Wodka.
»He, das ging aber schnell«, sagte sie.
»Ja, es klappte gut.«
»Dann können wir ja noch einen Schluck trinken.«
»Willst du dich zukippen?«
»Wieso?«
»Du hast doch schon jetzt genug.«
»Quatsch.«
»Außerdem musst du morgen fit sein.«
»Keine Sorge, das bin ich.« Lizzy stellte die Flasche aufs Bett und blieb selbst daneben stehen, als sie ihrem Freund zunickte.
Sie war Punkerin. Zumindest deutete ihr grün und rot gefärbtes Haar darauf hin. Die Farbe verteilte sich als Strähnen. Die Haare waren oben kurz geschnitten, im Nacken dafür länger. Hin und wieder mussten sie gefärbt werden, sonst wäre das schmutzige Blond, wie sie es nannte, zum Vorschein gekommen.
Lizzy war dreißig. Und sie war eine Frau, die Ari anmachte. Er liebte ihre großen Brüste, die leicht hingen, aber trotzdem noch irgendwie fest waren. Er mochte auch ihre runden Hüften, die prallen Oberschenkel und die runden Schultern. Wer Lizzy sah, der musste sofort an die Frauen denken, die der Maler Rubens so gern auf die Leinwand gebannt hatte.
Auch jetzt starrte er die Brüste an, deren Nippel wie Knospen vorstanden. Lizzy trug nur einen schwarzen Slip, aber hochhackige Schuhe, die sie wegschleuderte, bevor sie sich aufs Bett fallen ließ, das Kopfkissen hochschob und eine halb sitzende Position einnahm.
»Willst du jetzt noch arbeiten?« Sie kicherte. »Ich wüsste was Besseres.«
Sein Blick löste sich von ihren Brüsten. Er schaute in ihr rundes Gesicht mit der kleinen Nase und dem herzförmigen Mund über dem weichen Kinn.
»Es dauert nicht lange.«
»Aber ich bin scharf.«
Ari griente breit. Er hatte ein knochiges Pferdegesicht mit einer Sattelnase und einer etwas narbigen Haut. Reste einer Akne aus seiner Jugendzeit. Er war kein Schönling, aber da gab es die Augen in einem fast schon strahlenden Blau, die jeden in ihren Bann ziehen konnten. Und so war schon manche Frau schwach geworden.
»Du bist immer scharf, das ist deine Natur. Deshalb sind wir auch zusammen.«
»Okay, dann komm.«
»Ich will mir nur noch die letzten Fotos ansehen. Kannst ja mit auf den Bildschirm gucken.«
»Wieder Leichen?«
»Nur eine.«
»Ich hasse deine Fotos!«
»Das ist mir egal. Irgendwann aber, und das in nicht allzu langer Zeit, werde ich eine Ausstellung haben, die es in sich hat. Begegnung mit dem Tod wird sie heißen und…«
»Weiß ich, und ich bin nur froh, dass ich nicht auf den Bildern zu sehen bin.«
»Es gibt genügend andere.«
Lizzy winkte ab. Anschließend kippte sie Wasser und Wodka zusammen und nahm
Weitere Kostenlose Bücher