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1439 - Totenfeld

1439 - Totenfeld

Titel: 1439 - Totenfeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ihn in die beiden ebenfalls noch vorhandenen Gläser verteilte, stellte Anna Bancroft die nächste Frage.
    »Neben dem Graben breitet sich ja das Feld aus. Haben Sie es sich angesehen?«
    Diesmal sprach Jane. »Ja, das haben wir. Wenn auch nur einen Teil davon, weil es ziemlich groß ist.«
    »Ja, das ist es.«
    Anna Bancroft sagte nicht, auf was es ihr wirklich ankam. Wir kamen uns vor wie drei Raubtiere, die sich gegenseitig belauerten. Keiner wollte den Anfang machen.
    »Und es war seltsam«, sagte Jane.
    »Warum?«
    »Wir sahen die Vogelscheuchen an den Pfählen hängen.«
    »Das ist nicht ungewöhnlich. Es wurde schließlich eine neue Saat gelegt.«
    »Gut, wir sind keine Landwirte.« Jane sprach etwas leiser und beugte sich vor. »Nur haben wir uns unter Vogelscheuchen immer etwas anderes vorgestellt. Gebilde, die von Menschen geschaffen wurden, um danach wie Menschen auszusehen. Stroh, alte Lumpen und so weiter. Sie verstehen, was ich meine.«
    »Klar«, erklärte Anna Bancroft leise. »Das verstehe ich sehr gut. Und auf diesem Feld war das nicht so?«
    »Genau.«
    »Aha.«
    Es gefiel mir nicht, dass wir so lange um den heißen Brei herumredeten. Ich kam direkt zum Thema und sagte mit etwas lauterer Stimme: »Sie wissen, was auf dem Feld vorgeht. Ihnen ist bekannt, wer die Vogelscheuchen wirklich sind.«
    Die alte Frau seufzte auf. Sie schaute dabei zwischen uns hindurch ins Leere. »Es sind wohl Menschen, nicht wahr?«
    »Ja, das sind es. Da ist noch etwas. Diese Menschen sind leider tot. Und ich denke, dass Sie darüber Bescheid wissen. Hinzu kommt, dass sie schrecklich aussehen. Nicht alle. Wir haben zum Beispiel einen Toten gesehen, der noch frisch aussah. In den Taschen seiner Lederjacke steckte Geld. Wir müssen davon ausgehen, dass es der Bankräuber war, den dieses Schicksal ereilte. Es ist kein normales Feld, und Sie haben uns nicht grundlos auf es neugierig gemacht.«
    »Das gebe ich zu«, sagte sie leise.
    »Und warum?«
    »Es ist ein Ort des Grauens, was aber keiner wahrhaben will. Man kann das Areal auch als einen Totenacker bezeichnen. Den Namen verdient es allemal.«
    »War es mal ein Friedhof?«, fragte Jane. »Wenn Sie schon von einem Totenacker sprechen.«
    »Nein, das war es nicht. Zumindest kein normaler Friedhof wie wir ihn kennen. Es ist ein Feld, aber was tief darunter liegt, das weiß niemand so recht.«
    »Und auf diesem Feld stehen als Vogelscheuchen die Leichen von Menschen. Das habe wir schließlich gesehen.« Jane schüttelte den Kopf. »Ist das hier die Normalität?«
    »Nein, das ist es nicht. Das Feld ist normal. Es wird Mais darauf angebaut. Aber es hat noch eine andere, eine grauenvolle Seite. Dort muss etwas Schreckliches hausen. Jemand, der es geschafft hat, die Pfähle der Vogelscheuchen mit Menschen zu bestücken. Das ist nicht immer so gewesen, aber vor zwei Jahren fing es damit an. Ich weiß nicht, woher die Menschen kamen. In der Regel waren es Fremde. Sie hängen ein, zwei Nächte dort, bevor sie wieder verschwinden.«
    »Wann hängen sie da? Immer um die gleiche Zeit?«
    »Ja…«
    »Halloween?«, flüsterte ich.
    Anna Bancroft nickte.
    »Und die Menschen hier?«
    Sie hob die Schultern. »Was sollen die groß sagen? Sie haben Angst und sind froh, wenn es vorbei ist.« Sie trank wieder einen Schluck Wein, um besser sprechen zu können. »Es gibt jemand, der sich die Toten holt. Davon muss man ausgehen.«
    »Und weiß man schon, wer das ist?«
    »Nein, John, das weiß man nicht. Es gibt vielleicht Spekulationen. Die Leute hier sind froh, wenn Halloween vorbei ist. Dann können sie den Acker wieder normal betreten.«
    »Man nimmt es also hin«, stellte Jane fest.
    »Ja:«
    »Und Sie nicht?«
    Anna hob ihre Schultern an. »Was soll ich dazu sagen? Eigentlich nicht viel. Ich habe ja versucht, mit den Leuten zu reden. Sie haben nicht auf mich gehört. Da musste ich mir etwas einfallen lassen. Ich habe Sie beide hergelockt. Ich wusste ja durch Lady Sarah, wer Sie sind. Genau richtig für diesen Fall, denke ich mir.«
    »Da haben Sie sogar Recht«, sagte Jane.
    Anna beugte sich vor. Dabei deutete sie ein Kopf schütteln an. »Ich möchte auf keinen Fall, dass noch mehr Menschen sterben. Ich will es einfach nicht. Deshalb habe ich Sie hergebeten, und Sie werden mir sicherlich zustimmen.«
    »Was wir gesehen und erlebt haben, ist schaurig genug gewesen«, erklärte Jane Collins. Sie blickte mich an. »Wir beide sind einer Meinung. Niemand der tot ist, hängt sich von allein an

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