1442 - Die grauen Eminenzen
Eine Zeitlang sagte er nichts. Wer ihn kannte, dem entging nicht, wie es in ihm arbeitete.
Schließlich begann er: „Ihr seid seltsame Wesen. Uns liegt daran, freundlich mit euch auszukommen, aber ihr seid bereit, Gewalt anzuwenden, um einen von uns in die Hand zu bekommen. Die Aiscrou, die Vaasuren, die Cutenexer und die Gimtras sind eure Diener - getreue Diener, wie mir scheint.
Aber ihr füttert sie mit halben Informationen, laßt sie über die Funktionsweise der Hierarchie, von der sie ein Teil sind, im unklaren und denkt euch nichts dabei, diesem dort", der Wink ging in Gion Shaub Ayns Richtung, „die Hütte niederzubrennen. Ihr wißt, daß wir auf der Suche nach Antworten sind und daß nur ihr sie uns geben könnt. Wenn die Reichweite der Funkgeräte in den Bestandteilen des Droiden nur ein paar hundert Kilometer beträgt, dann heißt das, daß ihr die ganze Zeit über in unserer Nähe wart. Warum habt ihr euch nicht zu erkennen gegeben?"
„Für dich mag sich das alles merkwürdig anhören", antwortete Degruum. Er wirkte nicht im geringsten verlegen. „Deine Denkweise ist anders als die unsere. Eines Tages wirst du vielleicht verstehen, warum wir so und nicht anders gehandelt haben.
Wir selbst wissen inzwischen, daß wir euch falsch eingeschätzt haben. Wir hielten euch für Wesen, die uns unter Umständen gefährlich werden konnten. Vieles von dem, was du nicht begreifst, war simple Vorsichtsmaßnahme."
„Mein Gott", stieß Julian Tifflor hervor, „für wen habt ihr uns gehalten?"
„Für cantarui", antwortete Degruum.
*
Julian Tifflor war zurückgefahren. Der Ausdruck ungläubigen Staunens lag auf seinem Gesicht. „Für Cantaro!" rief er. „Du kennst sie also! Wie kannst du uns mit ihnen verwechseln?"
„Die Cantaro, wie du sie nennst, sind eigenartige Wesen", sagte Degruum. „Mit dem, was die Natur ihnen gegeben hat, sind sie nicht zufrieden. Ihr Streben war schon immer, den Körper zu höchster Leistungsfähigkeit zu züchten. Um dieses Ziel zu erreichen, nutzten sie alle Mittel: mechanische, syntronische und gentechnische. Die Cantaro entstammen unserem Volk. Aber sie haben die Heimat längst verlassen, und wie sie heute aussehen, weiß niemand. Es war, wie du selbst zugeben wirst, keine abwegige Vermutung, daß ihr Cantaro sein könntet."
Tifflor waren vor Staunen die Worte ausgegangen. Terraner mit Cantaro verwechselt - wie konnte so etwas geschehen? Gleichzeitig erregte ihn die Aussicht, von Degruum und seinen beiden Artgenossen mehr über die geheimnisvollen Herrscher der Milchstraße erfahren zu können. Es drängte ihn, entsprechende Fragen zu stellen. Aber bei aller Ungeduld und Wißbegierde war ihm doch klar, daß sich in diesem Raum ein paar Zuhörer zuviel befanden. Die Anoree waren offenbar darauf bedacht, ihren Hilfsvölkern nur kleine Dosen sorgfältig ausgewählter Informationen zukommen zu lassen. Wenn er den Anoree jetzt auf die Cantaro angesprochen hätte, wäre ihm wohl die Antwort verweigert worden.
Inzwischen war Degruum das Schweigen anscheinend zu lang geworden. Er begann zu sprechen. „Es gibt vieles, das wir beide erfahren und wissen wollen. Ich kenne die Fragen, die du stellst; mir ist über sie berichtet worden. Du fragst nach den Cantaro, nach einem Wesen namens Illu Siragusa und nach einem Raumschiff, das NARGA SANT heißt. Ich weiß ein paar Antworten auf deine Fragen. Aber zur gleichen Zeit bin auch ich neugierig. Ich will erfahren, woher du kommst. Ich will wissen, ob es da wirklich Sternenstraßen gibt, die wir nicht kennen. Ich möchte vor allen Dingen in Erfahrung bringen, warum du dich für die Cantaro interessierst. Sind sie deine Freunde, deine Feinde? Wo bist du ihnen begegnet? All diese Dinge machen mich wißbegierig. Du stimmst mit mir überein, daß hier nicht die Gelegenheit ist, über solche Dinge zu sprechen. Überdies können meine Antworten auf deine Fragen nicht nur mit Worten gegeben werden. Es gibt Zusammenhänge, die ich dir nur dadurch erklären kann, daß ich sie dir zeige. Laß mich dir einen Vorschlag machen."
Julian Tifflor war von der Rede des Anoree eigenartig berührt. Er hatte, als diese Auseinandersetzung begann, Ärger, Zorn - ja, für gewisse unter den Anwesenden sogar Verachtung empfunden. Jetzt jedoch wandelte sich seine Einstellung allmählich. Degruum hatte vernünftig gesprochen, wie man es von einem zivilisierten Wesen erwartete.
Er machte einen vertrauenswürdigen Eindruck. Er war bereit, Fragen zu
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