1443 - Die Hölle stirbt nie
Alltagsgesichter sehen, die Launen des anderen besser kennen lernen. Dass wir ihn trösten, wenn es ihm mal nicht so gut geht. Das Leben ist kein Computerspiel. Es besteht aus echten Menschen und nicht aus Figuren. Mir ist das klar geworden, und bei dir sollte das ebenfalls so sein. Wenn das passiert ist und du darüber nachdenkst, wirst du die Dinge mit ganz anderen Augen sehen, behaupte ich.«
Travis nickte.
Lynn legte Daumen und Zeigefinger zusammen. »Hast du das begriffen?«
»Fast.«
»Oder denkst du wenigstens darüber nach?«
»Ich versuche es.«
»Dann bin ich schon mal zufrieden.«
»Und was willst du genau, Lynn?«
Mit ihren klaren blauen Augen schaute sie in das Gesicht ihres Freundes. »Das kann ich dir sagen. Ich will eine festere Beziehung haben. Ein gutes Zusammenleben. Nichts anderes möchte ich. Man kann auch sagen, dass ich an eine Familie denke.«
Fast wäre Travis Beck zusammengeschreckt. Im letzten Moment riss er sich zusammen.
Seine Freundin hatte trotzdem etwas bemerkt, denn sie fragte:
»Das passt dir wohl nicht – oder?«
Schnell stellte er die nächste Frage. »Sprichst du etwa von einem Kind? Oder von Kindern?«
»Wäre das schlimm?«
Travis hob die Schultern. »Ich weiß nicht. Schlimm ist vielleicht zu viel gesagt. Nur fällt es mir schwer, mich in der Rolle eines Vaters zu sehen.«
»Ja, ich verstehe. Du willst nicht.«
Beck wiegte den Kopf. »Ich denke da mehr an uns. Wir stehen mit beiden Beinen im Job. Wir müssen unsere Chancen nutzen. Wer weiß, was die Zukunft noch alles bringt.«
»Aber Kinder sind die Zukunft!«, warf sie ein.
»Ja, das schon, so sagt man.«
»Es stimmt sogar.«
Travis schaute seine Freundin direkt an. »Und du willst Kinder haben, wenn ich dich recht verstehe?«
»Ja, das möchte ich. Ich möchte Kinder haben. Ich will eine richtige Familie. Job hin, Job her – das kann man alles unter einen Hut bringen. Man muss es nur richtig organisieren. Es gibt genügend Paare, die uns das schon vorgemacht haben. Wir sollten nicht so tun, als würden wir es nicht schaffen.«
»Was käme dann noch auf uns zu?«
Lynn boxte gegen seine Brust. »Tu nicht so, Travis. Das weißt du genau. Wenn wir ein Kind haben, wären wir praktisch gezwungen, zusammenzuziehen. Mich würde das nicht stören, aber ich frage mich, wie du darüber denkst. Das ist das Problem.«
Er stand da, hob die Schultern und murmelte: »Ja, wie denke ich darüber? Das ist schwer zu sagen.«
»Nein, ist es nicht!«
»Wieso?«
»Weil du dich längst entschieden hast, Travis! Ich weiß das. Ich kenne dich. Ich sehe es dir an.«
Er drehte sich von seiner Freundin weg. Nicht dass ihm das Gespräch Angst gemacht hätte, aber er wollte im Moment nicht darüber reden. So etwas brachte ihn gedanklich zu stark durcheinander und lenkte ihn von anderen Dingen ab.
Er ging weg und sagte dabei: »Lass mich nachdenken, Lynn.«
»Aber du hast Zeit genug gehabt! Das Thema ist ja schließlich nicht neu.«
»Trotzdem.«
Der Sand war schwer geworden. Travis musste seine Beine anheben, wenn er beim Gehen nicht die feuchten Klumpen vor sich herschieben wollte. Er konnte Lynn verstehen. Es war ihr Leben, und in den letzten Wochen hatte sie des Öfteren das Thema Kind angesprochen. Nur konnte er ihr da nicht folgen. Er lebte auf einer anderen Schiene. Er bewegte sich dabei auf der Überholspur, und die lief an Lynns Vorstellungen vorbei.
Ehe, Kinder, Spießigkeit. Die meisten Abende zu Hause verbringen. Und wenn man weg war, immer wieder daran zu denken, wie es den Kindern jetzt wohl ging! Das war nichts für ihn. Zumindest jetzt noch nicht. Er musste versuchen, es seiner Freundin schonend beizubringen, um sie noch ein wenig hinzuhalten.
Mit diesen Gedanken beschäftigt, schlenderte Travis Beck weiter.
Mal schaute er auf die anrollenden, flachen, glänzenden Wellen, dann ließ er seine Blicke über den feuchten Sand gleiten, der dort aufhörte, wo die Küste steiler wurde.
Hier eine Lösung zu finden war nicht einfach. Zumindest nicht, wenn man zusammenbleiben wollte.
Es gab auch eine andere. Die hieß Trennung. Er spürte einen Stich in der Brust, als er daran dachte. Sein Herz schlug schneller. Das Blut stieg ihm in den Kopf.
Er ging langsamer weiter. Aber der Begriff Trennung wollte ihm nicht mehr aus dem Kopf. Es musste ja keine Trennung für immer sein. Eine auf Zeit ginge auch.
Er hatte schon von einem anderen Paar gehört, dass so etwas klappte, aber eine Garantie gab es da auch nicht,
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