1443 - Die Hölle stirbt nie
wo?«
»Es lag hier am Strand.«
Lynn schaute zu Boden und schüttelte den Kopf. »Das begreife ich nicht. Wieso lag es hier? Hat jemand das Kreuz verloren und es nicht mal bemerkt?«
»Das könnte sein, aber ich denke da eher an etwas anderes.«
»Und an was?«
»Ganz einfach. Wir stehen hier am Strand, und es kann auch durch die Wellen angeschwemmt worden sein. Der letzte Sturm liegt noch nicht lange zurück. Bisher ist niemand diesen Weg hier gegangen. Nur wir, und ich habe es gefunden.«
»Ja, das sehe ich.« Lynn schaute es an. Die anderen Probleme zwischen ihnen waren vergessen. Sie schüttelte den Kopf und sagte mit leiser Stimme: »Mir gefällt es nicht.«
»Ach – warum nicht?«
»Nein, mir gefällt es nicht.«
»Aber mir.« Er lächelte. »Du glaubst gar nicht, wie wertvoll es sein kann. Es besteht aus Gold, da bin ich mir ganz sicher.« Die Hand mit dem Kreuz ruckte auf sie zu. »Hier, willst es mal anfassen?«
»Nein, das will ich nicht.«
»Meine Güte, es beißt nicht!«, drängte er.
Sie ging einen Schritt zurück. »Trotzdem, Travis. Ich mag das Kreuz nicht.« Sie lächelte schief. »Es – es – geht etwas von ihm aus, das ich einfach nicht mag.«
»Das verstehe ich nicht«, murmelte er und gab sich ratlos.
»Es ist aber so.«
»Und ich habe es gefunden.«
»Das weiß ich.«
»Ich werde es auch behalten. Zumindest vorläufig. Wir werden es in einem Schließfach verschwinden lassen und…«
Lynn schüttelte den Kopf. »Nicht wir, mein Lieber, sondern du. Ich habe damit nichts zu tun. Außerdem glaube ich nicht daran, dass es dir gehört. Du hast es zwar gefunden, aber es ist damit noch lange nicht dein Eigentum.«
»Okay, einigen wir uns auf einen Kompromiss. Ich werde es vorläufig behalten und versuche dann, Nachforschungen anzustellen, woher es unter Umständen stammen könnte. Man liest und hört immer wieder davon, dass Gegenstände aus den Tiefen des Meeres angeschwemmt werden. Es sind im Lauf der Jahrhunderte zahlreiche Schiffe gesunken, und die liegen auch nicht nur einfach ruhig auf dem Meeresgrund. Bei Stürmen werden sie bewegt, die Wellen auf dem Grund…«
»Ja, ja, ich weiß, was du sagen willst. Historische Schiffe, die auf dem Meeresgrund liegen und wonach hin und wieder auch getaucht wird.« Sie deutete auf das Kreuz. »Aber das stammt bestimmt nicht von solch einem Schiff.«
»Wieso nicht?«
Lynn Haskin konnte ein mokantes Lächeln nicht unterdrücken.
»Schau es dir an. Schau es dir genau an. Sieht so ein historisches Kreuz aus?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht. Dieses Kreuz hat eine andere Geschichte, aber keine alte. Es ist neu. Es stammt aus unserer Zeit – vielleicht. Kann auch sein, dass ich mich irre, aber die alten Kreuze sind zumeist nicht so glatt und schlicht hergestellt worden. So sehe ich die Dinge. Außerdem gefällt mir seine Form nicht. Für mich ist das kein normales Kreuz, weil der Querbalken viel zu hoch sitzt. Das kann eine andere Funktion haben.«
»Und welche?«
»Keine Ahnung. Es ist auch nicht meine Sache, dies herauszufinden, und deine ist es auch nicht.«
»Meinst du?«
»Sonst hätte ich es nicht gesagt!«
Travis Beck schaute seine Freundin an. Dabei verengten sich seine Augen. Das Gesicht nahm einen Ausdruck an, den Lynn nicht mochte. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass ihr Freund unter einem fremden Einfluss stand. Als hätte ihn der Besitz des Kreuzes verändert. Er sprach auch nicht das Problem an, worüber sie zuvor geredet hatten, und sein Blick war irgendwie nach innen gerichtet. Als wäre er dabei, über etwas Bestimmtes nachzudenken.
Sie erkannte sehr schnell, dass es nicht gut war, und wollte ihn wieder zurück in die Wirklichkeit holen.
»Lass uns fahren, Travis!«
»Ähm – wie?«
»Ich möchte fahren.«
Er wischte über seine Augen. »Ja, ja, schon gut. Ich habe dich verstanden.«
»Wo bist du denn mit deinen Gedanken gewesen?«
Er lachte. »Irgendwo.«
»Nein, du hast an das Kreuz gedacht.«
»Stimmt.«
»Und weiter?«
Er runzelte die Stirn. »Ich weiß es noch nicht. Ich muss erst noch nachdenken.«
Sehr ernst sprach Lynn ihrem Freund ins Gewissen. »Lass dich nur nicht beeinflussen, Travis. Ich bitte dich darum. Das Gold hat schon viele Menschen verdorben, das kenne ich aus der Geschichte. Es hat zu Mord und Totschlag geführt und auch dazu, dass andere Menschen unterdrückt wurden. Da brauche ich nur an die Goldminen in Afrika zu denken. Die Geschichte sollte uns gewarnt
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