1447 - Das Traumpaar
mir vor wie die einer Schlange. Sie hob die Pistole an, und auf ihren Lippen erschien ein Lächeln. Dabei brachte sie die Waffe so nahe an ihren Mund, als wollte sie den Lauf küssen.
Das ließ sie bleiben.
Stattdessen senkte sie die Beretta, und ich verfolgte diese Bewegung genau. Der Winkel veränderte sich, als sie die Pistole so drehte, dass ich direkt in das Loch der Mündung schauen konnte.
Ich sah auch den rechten Zeigefinger, der bereits am Abzug lag.
Sie musste ihn nur ein wenig nach hinten bewegen, dann würde die Kugel aus dem Lauf jagen und in meinen Kopf dringen.
Die nächsten Sekunden waren für mich nur mit dem Begriff schrecklich zu umschreiben.
Ich lauerte förmlich darauf, dass die Unbekannte mir eine Kugel in den Kopf jagte.
Es passierte nichts. Es blieb auch nicht still, denn die Frau öffnete den Mund und schickte mir eine Botschaft entgegen.
»Paff!«
Ja, so deutete man einen Schuss an. Es konnte so etwas wie ein Vorspiel gewesen sein. Sie wollte mich quälen und mich gleichzeitig auf das Ende vorbereiten.
Sie kannte mich nicht. Ich kannte sie nicht. Und doch mussten wir beide eine gemeinsame Bekannte haben, nämlich Justine Cavallo, und ausgerechnet sie ließ sich nicht blicken und blieb verschwunden.
Genau das ärgerte mich. Ich fühlte mich im Stich gelassen. Nicht, dass wir beide Partner gewesen wären – ich hatte es oft genug bestritten –, aber in diesem Fall sah ich Justine Cavallo als eine Verbündete an, und deshalb fühlte ich mich von ihr hintergangen.
Die Frau im Mantel grinste plötzlich.
Ihre Hand mit der Waffe sank nach unten. Die Mündung wies jetzt zu Boden, was mir auch viel lieber war. Die Folgen der beiden Stromstöße hatte ich noch immer nicht überwunden. Noch immer kam es mir so vor, als würden die Glieder nicht zu meinem Körper gehören und lägen irgendwo herum.
Ich war eine leblose Puppe, die man aufheben und mit der man spielen konnte. Auf alles Mögliche hatte ich mich eingestellt, nur nicht auf Elektroschocks.
In meiner Kehle hatte sich ein bitterer Geschmack ausgebreitet.
Schmeckte so Strom? Es war mehr eine Vermutung und auch Ablenkung von den eigentlichen Dingen, denn die spielten sich woanders ab.
»Ich könnte dich töten. Einfach erschießen. Eine Kugel in den Kopf. Aber das will ich nicht. Es gibt etwas anderes, was mir viel besser gefällt«, flüsterte die Person.
Und ich konnte endlich auch reden und fragte sie: »Wer bist du?«
»Chira. Ich bin Chira, und ich befinde mich auf den Weg in eine bessere Welt.«
»Und wer ist dein Begleiter?«
»Ein Freund. Mein bester…«
»Ist er ein Wolf?«, flüsterte ich.
»Sogar noch mehr.«
»Ein Werwolf?«
»Du bist sehr schlau, mein Freund.«
»Vergiss es.«
»Nein, das kann ich nicht. Ich kann und werde dich nicht vergessen, denn ich habe mich auf dich gefreut. Du bist derjenige, von dem ich mir eine Stärkung erwarte, der mich wieder in den Vollbesitz meiner Kräfte bringen wird.«
Ich hatte eine Idee, aber ich sprach sie nicht aus. Ich wollte die Reaktion erst abwarten. In den folgenden Sekunden stellte ich fest, dass ich mich nicht getäuscht hatte.
Zwei Zähne fielen in ihrem offenen Mund auf. Lange Zähne, die ideal zum Beißen waren.
Chira war eine Blutsaugerin!
Sehr überrascht war ich von der Tatsache nicht. Ich hatte mir so etwas Ähnliches vorgestellt, denn wenn die blonde Bestie mitmischte, dann ging es meist um Blutsauger.
Bisher hatte ich nichts von Chira gehört. Sie war wie aus dem Nichts erschienen, und auch die Cavallo hatte sie nicht auf ihrer Liste gehabt. Zumindest hatte sie mich nicht darüber informiert. Sie hatte mich hier einfach in eine Falle laufen lassen.
Chira lachte. Es klang mehr wie ein Fauchen. Dabei hielt sie den Mund offen, damit die Zunge Platz genug hatte, um aus der Öffnung dringen zu können. Sie machte sich einen Spaß daraus, als sie mit der Zungenspitze ihre Lippen umfuhr. Möglicherweise sollte es erotisch aussehen, was es letztendlich nicht war. Wenn ich ehrlich sein sollte, empfand ich es als eklig.
Sie strich die graue Haarmähne zurück und bückte sich.
Ich lag weiterhin auf dem Rücken, ohne mich großartig bewegen zu können, aber ich merkte, dass sich eine Besserung eingestellt hatte, und darauf setzte ich weiter.
Das galt auch für mein Kreuz, das sich auf seine Art meldete. Ein leichter Wärmestoß breitete sich auf meiner Brust aus, in die das Gefühl allmählich zurückgekehrt war. So war ich in der Lage, mich wieder auf
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