1447 - Das Traumpaar
sehe ich selbst!«, fauchte Justine. »Aber wohin ist er gegangen? Das will ich wissen!«
»Ich spüre nichts.«
Justine geriet in eine Zwickmühle. Sie wusste nicht, ob sie der anderen glauben konnte oder nicht. Saladin war schon eine Macht für sich, das stand fest, und diese Verbindung zwischen ihr und ihm konnte sie nicht aufbrechen. Sie kannte kein Codewort, das dafür gesorgt hätte. Chira war für Saladin und auch Mallmann so etwas wie ein Prototyp. Sogar einen Werwolf hatte man ihr zur Seite gestellt, damit sie gemeinsam das Grauen verbreiteten. Der Helfer war vernichtet. Wenn nicht, wäre er jetzt an ihrer Seite gewesen.
Justine wusste, dass sie bei ihr nichts erreichen konnte. Die Spur zu Saladin war abgerissen. Sie würde warten müssen, bis er wieder die Initiative ergriff, was ihr natürlich nicht passte, denn sie agierte lieber, als dass sie reagierte.
Justine nahm die Waffe runter. Sie trat zurück und starrte auf die Gestalt vor sich.
Chira sah nicht mehr aus wie eine Siegerin. Der Ausdruck in ihren Augen war leer, und in ihrer unnatürlichen Haltung erinnerte sie mehr an einen Zombie.
»Du bist Abfall!«, flüsterte die Cavallo. »Niemand braucht dich mehr, niemand!«
Diese Worte waren für die hypnotisierte Vampirin der Anfang vom Ende. Ein Schlag mit der flachen Hand trieb Chira zurück. Sie drehte sich und prallte mit der Schulter gegen die Wand.
Wäre Justine ein normaler Mensch gewesen, Chira hätte sich nicht nur gewehrt, sie hätte die Frau auch angefallen. Doch so wusste sie, dass sie der Cavallo nicht gewachsen war.
Justine stellte sich breitbeinig hin. Sie hob den Arm und streckte ihn. Die Mündung der Beretta zielte auf Chira.
»Du bist Abfall!«, wiederholte Justine und drückte ab.
Diesmal verschwand niemand. Die Kugel schlug in Chiras Kopf und riss dort eine breite Wunde. Für einen Moment wurde sie gegen die Wand gepresst, dann war der Körper plötzlich zu schwer für ihre Beine, und sie sackte langsam in die Knie. Der lange Ledermantel faltete sich auseinander wie ein dunkles Leichentuch.
Justine ließ die Hand mit der Waffe sinken. Sie dachte daran, dass sie als Einzige übrig geblieben war, abgesehen von den Hypnotisierten. Das war gut so, das akzeptierte sie auch. Nur als Triumph konnte sie den Tod Chiras nicht bezeichnen. Da war einfach zu viel schief gelaufen. Es gab weiterhin Saladin, es gab auch Mallmann noch, und so fühlte sie sich ganz und gar nicht als Siegerin.
Sie erlebte die Einsamkeit des Blutsaugers, der sich satt getrunken hatte.
Nur dauerte sie nicht lange an. Dass jemand kam, sagte ihr eine innere Warnung. Sie drehte sich dem Ausgang zu und sah die beiden Männer.
»So sieht man sich wieder«, sagte der Größere der beiden und nickte…
***
Nach dieser Begrüßung trat ich mit einem langen Schritt in die Halle, die wir schnell gefunden hatten, wobei auch ein wenig Glück mit ihm Spiel gewesen war.
»Ja, so sieht man sich wieder. Leider seid ihr zu spät gekommen.«
»Es lag nicht an uns«, erklärte Suko, »denn wir hatten noch einige Probleme zu lösen.«
Ich hielt mich zunächst zurück und sah mich um, welches Bild sich uns bot. Ich hatte meine Lampe hervorgeholt und ließ sie kreisen. Klar, dass der Kegel zuerst die auf dem Boden liegenden Personen erfasste. Es waren sechs. Fünf davon bildeten so etwas wie eine Formation. Nur die sechste Person lag ein wenig schräg. Sie sah auch anders aus. Als das Licht über ihren Kopf glitt, sah ich anhand der Wunden, was mit ihr geschehen war.
Man hatte sie blutleer getrunken und danach durch eine Kugel erlöst. Genau das wies auf Justine Cavallo hin. Es war eben ihre Art, und die konnten wir ihr auch nicht abgewöhnen.
»Du scheinst ja deinen Spaß gehabt zu haben«, ließ ich verlauten.
»Ja, ich war hungrig.«
In mir stieg der Zorn hoch, und ich wusste auch, dass ich einen roten Kopf bekam. Noch immer konnte ich mich damit nicht abfinden, wie sich unsere Verbündete am »Leben« erhielt, ich würde es auch nie können, aber es war nicht zu ändern.
Ich ging auf sie zu, während Suko bei den fünf Menschen blieb und sie betrachtete.
Ich streckte Justine die rechte Hand entgegen. »Gib mir meine Waffe zurück.«
»Bitte.« Sie übergab sie mir mit dem Griff nach vorn. »Sie hat mir übrigens gute Dienste geleistet, und ich überlege mir, ob ich mir nicht auch eine anschaffen soll.«
»Super. Und das als Blutsaugerin.«
»Warum nicht? Ich habe schließlich auch Feinde. Oder hast du das
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