145 - In den Fängen der Dämonenspinne
säuselnde und durch die Ritzen der
zerfallenen Häuser pfeifende Wind trug seinen Ruf davon.
Sie mußte ganz in der Nähe sein. Er war ja so
dicht hinter ihr geblieben ...
Sie antwortete nicht. Er lief zwischen den
beiden dicht zusammenstehenden, wackligen Häuserwänden entlang.
Die Fassaden waren verwittert, die
Aufschriften verblaßt. Wind, Sand, Sonne und Regen arbeiteten unablässig weiter
an ihrem Zerstörungswerk.
Unweit des Hauses, an dem er vorbeilief,
befand sich ein altes Grab mit einer einfachen Steinsäule darauf, die ein Kreuz
markieren sollte.
Im staubigen Straßenrand lagen die morschen,
verrotteten Knochen eines Pferdes, das hier zu Grund gegangen war.
»Sandra! Hallo, Sandra! Ich bin’s - Tony. So
gib doch Antwort !«
Er lauschte seiner verhallenden Stimme nach.
Seine Frau reagierte aber nicht.
Was wollte sie hier?
Irrte sie ruhe- und ziellos durch die Nacht,
ohne zu wissen, was sie in diesen Minuten tat? Dieser Gedanke lag nahe nach
ihrem Verhalten heute abend.
Seine eiligen Schritte hallten dumpf durch
den verlassenen, gespenstischen Ort.
Die noch vorhandenen Holzwände, hinter denen
sich vor knapp einem Jahrhundert menschliche Schicksale abgespielt hatten,
ragten wie anklagend in den klaren, nächtlichen Himmel. Scharf grenzten sie
sich gegen das Mondlicht ab und warfen harte Schatten schräg über die Straße.
Dem Ort haftete etwas Unheimliches an. Peloe war verrufen. In den Staub dieser Erde war das Blut
vieler unschuldiger Menschen gesickert.
Tony Stanton hastete durch die Straßen,
Ausschau haltend nach seiner Frau, die - selbst wie ein Gespenst - hier in
dieser Geisterstadt aufgetaucht war.
Aber es gab noch ein Haus in Peloe , das nicht verlassen - sondern seit rund fünfzehn
Jahren bewohnt war. Da lebte Stan Conolly , der
Einsiedler.
Die ärmliche Hütte war Teil eines zweiten
Saloons, der den anstürmenden Massen der Goldgräber seinerzeit Drinks,
Entspannung und Vergnügen bescherte. Die wahren Gewinner des Goldrauschs waren
in Wirklichkeit die Geschäftemacher gewesen und nicht die, die Gesundheit und
Leben aufs Spiel setzten, um vermeintlich ihr großes Los zu ziehen.
Tony Stanton fuhr sich durch die Haare.
Plötzlich verhielt er im Schritt.
Ein Geräusch!
Ein leises Rascheln und Schaben. Unweit der
Stelle, an der er stand. Die Laute kamen aus einem verwitterten Haus, das sich
ihm schräg gegenüber befand.
Auch hier gab es keine Fenster mehr und nur
noch eine windschief in rostigen Angeln hängende Tür. Das Dach war zu zwei
Drittel abgedeckt, und die Bretter wirkten ausgelaugt und morsch.
Die Treppe vor dem Eingang machte einen bedrohlich
baufälligen Eindruck.
Der Wind, der sich im Innern des Hauses fing,
bewegte die Eingangstür leise quietschend hin und her ...
Da war es wieder. Es kam aus dem Innern des
Hauses!
Ob Sandra sich dort versteckt hielt?
Er lief einfach los. Dabei achtete er nicht
auf den Zustand der hölzernen Treppe. Als er auf der zweiten Stufe stand, brach
die krachend durch. Er verklemmte sich den Fuß zwischen den spitzen Brettern
und brauchte einige Sekunden, um wieder freizukommen.
Von da an sprang er nicht mehr mit voller
Wucht auf die Stufen, sondern lief langsam hinauf.
Er drückte die Tür nach innen.
»Sandra? !« rief er
in das Dunkel. Vor ihm lag ein quadratischer Flur. Von da aus führten drei
Türen in das Innere des Hauses. Uber ihm sickerte Mondlicht durch das aufgerissene
Dach.
Stanton verhielt noch mal lauschend in der
Bewegung. Es kam ihm so vor, als ob das Geräusch sich genau in dem Raum hinter
der Tür - direkt vor ihm - befände.
Kurz entschlossen ging er darauf zu.
Offensichtlich versteckte Sandra sich in einem Anfall geistiger Umnachtung hier
in dem dunklen Haus.
Die Tür hatte keine Klinke mehr. Das Schloß
war irgendwann von den Kugeln eines Unbekannten zerschossen worden.
Rund um die Klinke gähnte ein
handtellergroßes, ausgefranstes Loch.
Stanton stieß die Tür kurzerhand auf.
Ein großer, dunkler Raum. Kein Fenster. An
dieser Stelle war auch das Dach verhältnismäßig dicht.
Nur vereinzelte Strahlen sickerten silbernbleich durch winzige Ritzen.
Stanton blickte sich links und rechts um und
machte dann einen Schritt nach vorn.
Da gab es keinen Boden mehr unter seinen
Füßen!
Wie ein Stein stürzte er in die Tiefe und
schrie gellend auf . . .
*
Aus, gellte es
durch sein Gehirn.
Wenn er jetzt aufschlug, würde er
zerschmettert.
Da klatschte er in das elastische Maschennetz.
Die
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