1450 - Insel der Vampire
Kinder darunter waren.
Sobec war zu einem Tier geworden, und diese Zeit hatte ihn menschlich so versaut, dass es ihm nicht mehr gelungen war, in ein normales Leben zurückzufinden.
Er fühlte sich jetzt als Söldner und arbeitete für den, der am meisten bezahlte.
Im Moment war dies ein libanesischer Waffenhändler, der gute Geschäfte machte und immer reicher wurde. Zwar musste auch dieser Mann in Deckung bleiben, weil die Geheimdienste nicht schliefen, aber er gab seine Geschäfte nicht auf und hatte in Hassan und Sobec die richtigen Leute gefunden.
Der alte Segler hatte Waffen geladen. Allerdings keine Schusswaffen, sondern Giftgas. Schön verpackt in kleinen, Dosen ähnlichen Stahlröhren, die wiederum in Kisten lagen.
Giftgas für den äußersten Fall.
Es war schon ein Problem, es entsprechend zu lagern. Die Gegner hatten ihre Augen überall. Aber da gab es diese kleine, namenlose und auch verfluchte Insel südlich der türkischen Küste. Ein Flecken Erde, der von den Menschen gemieden wurde, weil er einen so schlechten Ruf hatte.
Genau das war für Sobec das richtige Versteck. Auf Hassans Warnungen hörte er nicht. Sollte sich der windige Typ doch in die Hosen machen! Die Ladung war auf der Insel am besten aufgehoben, und da hatte auch sein Auftraggeber, der Libanese zugestimmt.
»Hoffentlich geht das alles gut«, flüsterte Hassan.
Sobec verdrehte die Augen. »Halt endlich deine Schnauze. Wir werfen Anker, die Ladung kommt in das kleine Beiboot. Wir schaffen die paar Kisten zum Ufer und verstecken sie dort.«
»Ja, aber ich wollte, es wäre schon vorbei.«
Sobec lachte. »Warum hast du denn so einen Schiss?«
»Weil die Insel nicht geheuer ist.«
»Das hörte ich schon hundert Mal. Gibt es da Geister?«
»Keine Ahnung, aber etwas ist da. Das haben schon unsere Vorfahren gewusst.« Der Türke nickte sich selbst zur Bestätigung zu.
Er war kleiner als Sobec, überhaupt recht klein für einen Mann.
Aber man durfte sich nicht in ihm täuschen. Hassan war gefährlich wie ein Kastenteufel und immer schnell mit der Waffe zur Hand.
Das galt nicht nur für sein Messer, er trug auch stets zwei Colts bei sich. Sie steckten links und rechts unter seinen Achselhöhlen. Stupsnasige Revolver, die er über alles liebte. Auch er trug einen dunklen Bart. Nur wuchs der scharf ausrasiert auf seiner Oberlippe und danach um seinen Mund herum.
Der verschlagene Blick war bei ihm sonst so etwas wie ein Markenzeichen. Doch in diesen Augenblicken galt das nicht mehr, denn jetzt war in seinen Augen ein ängstliches Flackern.
Im hellen Licht der Sonne hätte er die Insel schon sehen können, aber der Tag war dabei, sich zu verabschieden. Der Himmel verdunkelte sich immer mehr und hatte fast die gleiche Farbe wie das Wasser angenommen.
Hassan war noch nie so nahe an die Insel herangefahren. Keiner wusste, was sich dort seit Urzeiten verborgen hielt. Man hatte den Flecken Erde sich selbst überlassen. Es war zwar kein dichter Wald gewachsen, aber es gab schon einige Bäume in dieser von Felsen und Hängen geprägten Umgebung, vor der sich ein flacher Strand ausbreitete. Er wurde bedeckt von einer Mischung aus Sand und Steinen.
Der Wind fuhr in das Segel und ließ das Tuch knattern.
Sobec hatte seine gute Laune zurückgefunden. Möglicherweise dachte er an das Geld, das sie kassieren würden. Die erste Hälfte hatten sie schon bekommen, und wenn sie die zweite Hälfte kassiert hatten, konnten sie über Monate hinweg ein feines Leben führen und die Puppen tanzen lassen. In Beirut gab es genügend Clubs, wo man alles bekam, was sich die Fantasie nur vorstellen konnte.
Das Meer war ruhig. Die sanften Wellen schlugen mit leisem Klatschen gegen die Bordwand.
»Hol schon mal das Segel ein, Hassan!«
»Meinst du?«
»Ja, verdammt! Der letzte Schub wird uns nahe genug an den Strand heranbringen. Wenn ich es dir sage, wirf den Anker aus. Danach bin ich bei dir, und wir ziehen es gemeinsam durch.«
»Okay.«
Sobec beobachtete das Ufer. Sie würden es im letzten Licht des Tages erreichen und die Kisten mit dem Gas dann in ein Versteck schaffen.
Natürlich hatte auch er gehört, was man über diese Insel sagte. Er suchte das Ufer ab, seine Blicke glitten von links nach rechts. Er hielt Ausschau nach irgendwelchen verdächtigen Bewegungen, aber da war nichts zu sehen. Er konnte sich auch nicht vorstellen, warum die Menschen eine so große Angst vor der Insel hatten. Ein Monster hielt sich bestimmt nicht auf dem Eiland
Weitere Kostenlose Bücher