1450 - Insel der Vampire
er Hassan mit einem Blick an, als wollte er den Türken umbringen. Tief aus seiner Kehle drang ein Knurren, dann schüttelte er den Kopf und fragte mit gefährlich leiser Stimme: »Du machst Witze, wie?«
»Nein, nein, das ist kein Witz. Ehrlich nicht. Das Boot liegt nicht mehr am Strand.«
»Toll. Und wo ist es?«
»Keine Ahnung. Ich habe nur unser Segelschiff auf dem Meer gesehen. Schau selbst hin, wenn du es mir nicht glauben willst. Dann kannst du alles erkennen.«
Sobec stöhnte auf. Er schüttelte noch immer den Kopf, aber er fauchte Hassan nicht mehr an. Mit wuchtigen Schritten ging er an ihm vorbei und blieb an einer Stelle stehen, von der aus er einen guten Blick zum Strand und zum Wasser hin hatte.
Kurze Zeit später bewegten sich seine Lippen, ohne dass er ein Wort sagte.
»Habe ich Recht?«, fragte Hassan.
»Ja, das hast du.«
»Danke.«
»Rede keinen Mist, verdammt!«
»Aber das Boot ist weg, und ich glaube nicht, dass es sich die Wellen geholt haben.«
»Ja, da liegst du wohl nicht falsch.« Sobecs Stimme klang plötzlich flach und tonlos. Die Kisten hatten beide vergessen. Sie blieben dort, wo die Männer sie abgestellt hatten.
»Und was machen wir jetzt?«
Sobec fuhr zu Hassan herum. »Wir gehen zum Strand, und dort suchen wir das Boot.«
»Wenn es noch da ist.«
»Wo sollte es denn sonst sein?«, fuhr Sobec seinen Kumpan an.
»Weiß ich nicht.« Hassan lachte gequält und deutete in die Runde.
»Sind wir wirklich allein auf der Insel?«
»Davon gehe ich aus.«
»Immer noch?«
»Ich habe niemanden gesehen. Wer sollte sich auf diesem verdammten Stück Land schon aufhalten? Ich weiß nicht mal, ob es hier Wasser gibt.«
»Das müssen ja keine Menschen sein.«
Sobec stutzte. »Was dann?«
»Na ja. Kann sein, dass es sich um Monster handelt. Oder um Dämonen. Ich schließe jedenfalls nichts aus.«
Sobec winkte ab. »Quatsch. Erzähl nicht so einen Mist.«
Hassan hob nur die Schultern. So richtig überzeugend hatte Sobecs Stimme nicht mehr geklungen. Er schien dabei zu sein, umzudenken, nur wollte er das nicht zugeben.
»Wir werden jetzt das Boot suchen!«, erklärte der Bärtige. »Es kann sich ja nicht in Luft aufgelöst haben.«
»Bitte. Und wo fangen wir an?«
»Am Strand.«
Der Türke nickte. Er ließ Sobec vorgehen. Hinter dessen Rücken zog er seine Revolver hervor und überprüfte die Trommeln. In jeder der sechs Kammern steckte eine Kugel. Also hatte er insgesamt zwölf Schuss. Hinzu kam noch Sobecs automatische Schnellfeuerpistole, die er unter seiner Kleidung versteckt hielt. Damit konnte man sich schon einige Typen vom Hals halten.
Den Weg, den sie zuvor hochgestiegen waren, mussten sie jetzt wieder hinabgehen. Sie trugen zwar beide Stableuchten bei sich, doch keiner schaltete sie ein, denn in der Dunkelheit hätten sie für einen im Hinterhalt lauernden Gegner ein perfektes Ziel abgegeben.
Beide achteten nicht nur auf die Strecke, sie schauten sich auch immer wieder um. Feinde konnten sich versteckt halten, um blitzschnell aufzutauchen und anzugreifen oder einfach nur aus dem Hinterhalt zu schießen.
Das trat nicht ein.
So erreichten die beiden Männer den recht breiten Strand und standen wenig später an der Stelle, wo sie ihr Beiboot zurückgelassen hatten.
Es war nicht mehr da. Sie hörten das leise Rauschen der Wellen und empfanden es wie Hohngelächter. Die Männer standen hier in einer ihnen völlig fremden Welt. Sie kamen nur über das Wasser weg, und wenn sie ihr kleines Schiff erreichen wollten, mussten sie schwimmen.
Für Sobec wäre das kein Problem gewesen, aber Hassan war ein schlechter Schwimmer. Entsprechend unwohl war ihm.
Sobec bückte sich. Er suchte den Boden ab, ohne die Lampe einzusetzen.
»Da gibt es Spuren«, murmelte er.
»Wieso?«
»Abdrücke.«
»Das bringt uns nicht weiter.«
Sobec richtete sich wieder auf. »Ich weiß«, gab er zu. »Aber in Luft kann sich das verdammte Ding nicht aufgelöst haben. Ich bin der Meinung, dass man es weggetragen hat. Wer auch immer. Und deshalb werden wir es uns zurückholen.«
»Haben das Menschen getan?« Hassans Stimme war kaum zu verstehen.
»Klar, wer sonst?«
»Keine Ahnung. Geister vielleicht, die…«
»Nein, keine Geister. Die gibt es nicht, und es gibt auch keine Dämonen.« Sobec drohte seinem Kumpan mit der Faust. »Hör endlich auf, mich damit zu nerven, verflucht.«
»Ja, ja, schon gut. Aber es muss doch eine Erklärung geben, meine ich.«
»Die gibt es auch.«
»Ach
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