1450 - Insel der Vampire
ich ihn werfen.
Das passierte. Es sah aus, als wäre der Körper von einer fremden Kraft in die Höhe gedrückt worden. Eine Welle trieb ihn noch näher auf unser Boot zu, und so schleuderte ich ihm den Korkring entgegen.
Fast wäre er gegen sein Gesicht geklatscht. Dicht vor ihm landete er auf dem Wasser. Es war nur zu hoffen, dass der Mann noch die Kraft besaß, nach ihm zu greifen.
Ja, er schaffte es.
Mit einer Hand hielt er sich fest. Dann tauchte er ein zweites Mal auf. Von nun an zog ich ihn sehr vorsichtig an unser Boot heran und war froh darüber, dass seine beiden Hände nicht abrutschten.
Suko blieb am Heck sitzen, während ich meinen Platz nicht verließ. Erst wenn der Mann nahe genug an unserem Boot war, würde ich mich über den Bootwulst beugen und ihn packen.
Er schwamm heran.
Ich beugte mich vor. Wasser spitzte in mein Gesicht. Ich merkte erst jetzt, wie kalt es war, und dachte für einen Moment an den Mann im Wasser, der sicherlich an Unterkühlung litt.
Es klappte schon beim ersten Griff. Ich rutschte nicht ab, musste mich aber verdammt anstrengen, um den schwerer Körper über den Wulst des Bootes zu ziehen, sodass er seinen sicheren Platz zwischen Suko und mir fand.
Ich hörte ihn husten, keuchen und nach Luft schnappen. Leider hatten wir keine Decke, in die wir ihn einwickeln konnten. So blieb er zunächst auf dem Bauch liegen und wurde von mir auch etwas angehoben, damit er das Wasser ausspeien konnte.
Die Insel war für uns unwichtig geworden. Jetzt ging es um den Mann, der völlig fertig war.
Gemeinsam zogen wir ihm das Hemd aus. Dann fingen Suko und ich damit an, seinen Körper zu kneten und zu rubbeln. Wir wollten, dass sein Kreislauf wieder in Gang kam.
Dann sahen wir die Waffe in seinem Hosenbund.
Trotz des wilden Kampfes gegen die Wellen hatte er die Pistole nicht verloren. Nicht jeder Mensch läuft mit einer Pistole herum.
Auch nicht in dieser Gegend, und so konnte man sich schon seine Gedanken darüber machen, was hier abgegangen war.
Dass er von der Insel kam, lag auf der Hand. Man hatte ihn bestimmt nicht von Bord des kleinen Schiffes geworfen, und jetzt konnten wir nur darauf hoffen, dass er uns die entsprechenden Angaben machte, die uns dann weiterbrachten.
Suko knetete ihn durch und rieb ihn ab. Ich hatte seine Waffe sicherheitshalber eingesteckt. Allmählich beruhigte sich sein heftiger Atem, und er war sogar in der Lage, einige Worte zu sprechen.
Wir verstanden sie nicht. Wir wussten auch nicht, ob ihm überhaupt bewusst war, wo er sich befand. Er spürte wohl die wärmenden Hände. Er schlug auch nicht um sich, aber er stöhnte.
Schließlich war es Suko, der seinen Pullover unter der Jacke auszog und ihn dem Mann überstreifte.
Er zitterte. Seine Zähne schlugen aufeinander. Der Bart hing in seinem Gesicht wie ein nasser Lappen. Suko rieb über seine Wangen, und dann sahen wir, wie sein Blick allmählich wieder klar wurde.
Er schaute uns an.
Das Erschrecken war da. Dabei hatten wir nichts getan, aber als er uns sah, hatten wir das Gefühl, dass er einen tiefen Schreck bekam und sich am liebsten wieder ins Wasser gestürzt hätte.
Er wollte plötzlich aufspringen. Suko bemerkte es im richtigen Moment und drückte ihn wieder zurück.
»Bitte nicht so.«
Der Mann runzelte die Stirn. Etwas lief in seinem Kopf ab, und dann fragte er: »Engländer?«
Wir nickten zugleich.
Erleichterung malte sich auf seinen Zügen ab. Er fing an zu lachen, während er noch um die Wette mit sich selbst zitterte. Dass er unsere Sprache verstand, sahen wir als Vorteil, denn er selbst war kein Landsmann von uns. Dem Aussehen nach ein Südländer. Etwas anderes wäre auch ungewöhnlich gewesen.
Jedenfalls wirkte der Gerettete nicht mehr ängstlich.
»Wie heißen Sie?«, fragte ich.
»Sobec.«
»Sie sind kein Türke?«
»Nein, Serbe.«
»Und Sie waren auf der Insel?«
Er schwieg.
»Gehört Ihnen das kleine Schiff?«, fragte Suko.
»Ja.«
»Warum haben Sie es verlassen?«
»Ich wollte auf die Insel.«
»Was war der Grund?« Suko blieb hartnäckig.
»Das ist doch verdammt egal. Ich wollte nur hin. Das ist alles, verdammt.«
Seine Aggressivität verwunderte uns. Wir verlangten keine große Dankbarkeit, aber etwas entgegenkommender hätte er sich schon zeigen können.
»Auf eine leere Insel?«, fragte Suko.
»Ja.«
»Vielleicht ist sie gar nicht leer…?«
Sobec schwieg. Aber Suko hatte ihn kalt erwischt, denn der Mann war nicht nur zusammengezuckt, wir sahen auch den
Weitere Kostenlose Bücher