1450 - Insel der Vampire
allerdings eingeholt worden waren. Dafür war der Anker ausgeworfen worden, damit der Kahn nicht wegtrieb.
Wir hatten über die Entdeckung gesprochen und uns entschlossen, so nahe wie möglich an das Schiff heranzufahren und es vielleicht auch zu erkunden.
Den Militärs war es nicht unbedingt suspekt gewesen. Sie hatten es uns gegenüber als Fischerboot abgetan. Ob sie davon allerdings überzeugt waren, wollten wir nicht so recht glauben.
Suko saß am Heck. Er lenkte das Boot. Wir waren mit der Geschwindigkeit herunter gegangen und huschten nicht mehr so über die lange Dünung hinweg.
Das dümpelnde Boot war nicht besonders groß. Uns allerdings kam die Reling schon recht hoch vor. Wir glitten darauf zu, und besonders ich hielt den Bereich der Reling unter Kontrolle. Wir näherten uns ja auch nicht lautlos, und so hätten wir Aufmerksamkeit erregen müssen, was aber nicht der Fall war, denn es bewegte sich kein Mensch auf dem Kahn. Es waren auch keine Positionsleuchten gesetzt worden. Nur die Ankerkette fiel uns auf.
Entweder war das Schiff leer oder es war etwas mit der Besatzung geschehen, woran ich lieber nicht denken wollte. Ein Überfall der Vampire, das große Blutsaugen auf dem Deck, doch dieser Gedanke passte ebenfalls nicht in meine Überlegungen, denn zu dieser nachtdunklen Zeit hätten sie sich eigentlich auf dem Deck herumtreiben müssen, was jedoch nicht der Fall war. Da stand niemand, um Ausschau nach einer weiteren Beute zu halten.
Ich ging zudem davon aus, dass es bis zum Strand nicht besonders weit war. Mit einem Beiboot war die Strecke schnell zu schaffen.
»Willst du an Bord, John?«
Ich drehte den Kopf nach links. Sukos Gesicht lag im Schatten, und ich fragte: »Du denn?«
»Nicht unbedingt. Ich glaube nicht, dass wir dort auf eine Besatzung treffen. Ob Mensch oder Vampir.«
»Genau, das denke ich auch.« Ich wies auf die nicht mehr weit entfernte Bordwand. »Obwohl es mich schon interessieren würde, da bin ich ehrlich.«
»Die Insel ist wichtiger. Von ihr hat dieser Jeff Holm erzählt und nichts von einem Boot gesagt.«
»Mich wundert nur, dass es hier ankert. Der Flecken Erde hier scheint doch nicht so einsam und vergessen zu sein.«
»Wir schauen uns das Boot auf dem Rückweg an.«
Ich stimmte seinem Vorschlag zu.
Suko änderte den Kurs und brachte das Schlauchboot in die für uns wichtige Richtung.
Ich griff wieder nach dem Glas, um das Ufer zu beobachten.
Mit einem langsamen Schwenk fuhr ich am Rand des Eilands entlang. So sehr ich auch schaute, es gab einfach nichts, was mein Misstrauen erweckt hätte. Nur stellte ich fest, dass sich hinter dem Strand das Gelände anhob, aber nicht in eine kahle Felsregion auslief, wie man es von kleineren Inseln hier im Mittelmeer kannte, nein dieser Boden war bewachsen. Zu unterscheiden waren die Gewächse nicht. Sie kamen mir wie eine dunkle, kompakte Masse vor.
Ich wollte das Glas wieder sinken lassen und nur noch einen letzten Blick über das Wasser werfen, was ich tat, als ich plötzlich stutzte.
Etwas bewegte sich auf der Oberfläche.
Bisher war sie leer gewesen. Uns war kein Wrackteil entgegengeschwemmt worden, das sich vielleicht von den zahlreichen gesunkenen Schiffen auf dem Meeresgrund gelöst hatte, denn dieses Meer barg tief unter der Dünung einen großen Schiffsfriedhof. Von der Antike über das Mittelalter hinweg bis zur Neuzeit hatte sich das Meer seine Opfer geholt, und es gab immer mehr Abenteurer, die in den internationalen Gewässern nach Schätzen suchten.
Auf den Wellen trieb kein Schatz, sondern ein Mensch.
Ich sah es jetzt, weil er sich bewegte. Er wollte kraulen, aber wie er das tat, ließ darauf schließen, dass er ziemlich erschöpft war und bald untergehen würde. Deshalb mussten wir uns verdammt beeilen.
Ich gab Suko Bescheid.
»Wo, John?«
Ich zeigte es ihm. Wir brauchten nicht mal mehr das Glas, die Distanz war mittlerweile geschmolzen.
»Alles klar.«
Suko erhöhte das Tempo. Ich griff bereits nach einem Rettungsring, an dem eine Leine hing.
Ob der Schwimmer uns gesehen hatte, wussten wir nicht. Seine Bewegungen jedenfalls wurden immer kraftloser. Er tauchte oft unter, und wir sahen zudem, dass er sich seiner Kleidung nicht hatte entledigen können. Das rettende Segelschiff hätte er nie erreichen können.
Suko war nicht nur ein guter Autofahrer, er konnte ebenso gut mit einem Boot umgehen. Ich hielt den Rettungsring bereits fest. Wenn der Mann wieder auftauchte und die Augen öffnete, wollte
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