1450 - Insel der Vampire
heftigen Ruck in die Höhe und von seinem Kumpan weg.
Sobec hörte zum ersten Mal eine Reaktion. Ein schriller Schrei wehte aus dem Maul des Blutsaugers, den Sobec jetzt herumriss, damit er ihn vor sich sah.
Zum ersten Mal sah er Karim aus dieser Nähe. Und er starrte nur auf den Mund, der weit offen stand. Um die Lippen herum verteilte sich dunkler Schmier, und er wusste, dass es Hassans Blut war.
Hinzu kamen die beiden Zähne.
Lang und spitz ragten sie aus dem Oberkiefer. Er merkte auch, welche Kraft in dieser verdammten Gestalt steckte. Der Instinkt eines geschulten Kämpfers sagte ihm, dass ihm dieser Typ überlegen war.
Sobec handelte. Er wuchtete Karim mit einer schnellen Bewegung zurück. Dabei trat er noch gegen dessen Bein, um sicherzugehen, dass die Gestalt auch das Gleichgewicht verlor.
Sie fiel, und sie fiel sogar auf den Rücken, wo sie zunächst liegen blieb und sich wütend von einer Seite zur anderen wälzte. Dabei drangen heisere Laute aus der Kehle, um die sich Sobec nicht kümmerte.
Durch das Zurückgehen hatte er eine ideale Distanz erreicht. Genau in dem Augenblick, in dem sich Karim aufrichtete, hielt Sobec seine Schnellfeuerpistole in der rechten Hand.
Er schoss.
Eine kurze Garbe. Die Stille der Nacht wurde durch das Knattern der Schüsse zerrissen.
Keine Kugel verfehlte den unheimlichen Kerl. Drei von ihnen perforierten die Brust. Sie stanzten eine regelrechte Naht hinein und stießen Karim wieder zurück in den Sand.
Sobec lachte. Er holte tief Luft. Mit dem Handrücken wischte er durch sein Gesicht. Er hatte es geschafft. Der Kerl lag am Boden wie sein Kollege Hassan.
»He, steh auf!«
Hassan hörte ihn. Er stöhnte und rieb seine linke Halsseite. Aus seinem Mund drangen brabbelnde Laute, die sich erst Sekunden später zu dem Begriff Vampir formten.
»Ja, ich habe es gesehen. Komm jetzt hoch!«
»Scheiße, mein Hals.« Hassan zitterte plötzlich. In seinen Augen war Panik zu lesen. »Er hat mein Blut getrunken! Er wollte mich leer saugen, verstehst du?«
»Ja, aber steh jetzt auf!« Sobec war das Gejammer leid. Vampir hin oder her, es ging jetzt um ihr Leben.
Als er einen Schritt nach hinten gegangen war, sah er etwas, das er lieber im Traum erlebt hätte.
Leider war dem nicht so.
Im Körper der Gestalt steckten mehrere Kugeln. Und trotzdem war sie im Begriff, sich zu erheben. Sie hatte sich zur Seite gedreht und stemmte sich mit beiden Händen ab.
Sobec schoss noch nicht. Zum ersten Mal in seinem Leben musste er sich eingestehen, dass es Dinge auf diesem Planeten gab, die eigentlich nicht zu begreifen waren, ihn jedoch in höchste Gefahr brachten.
Karim stand. Er schüttelte den Kopf. So wie ein Hund seinen Körper schüttelt, um Wassertropfen loszuwerden. Sein Mund war zu einem blutigen Maul geworden, und Sobec war klar, dass er ihn auch mit weiteren Schüssen nicht stoppen konnte.
Auch Hassan lag nicht mehr. Er saß jetzt, und er konnte an Sobec vorbeischauen. Deshalb sah er das, was dem Bärtigen nicht auffiel.
Hinter ihm bewegte sich jemand. Diesmal eine Frau, die mit lautlosen Schritten den Hang hinter sich ließ.
Sein Warnruf war nicht mehr als ein Krächzen. Doch es reichte aus, dass Sobec sich umdrehte.
Er sah die Gestalt ebenfalls. Dass es eine Frau war, registrierte er wie nebenbei. Viel schlimmer war ihr weit geöffnetes Maul, das ihm wie ein tödlicher Schlund vorkam.
Er wusste, was er tun musste.
Nicht schießen, nein, da gab es nur eines: Die Flucht!
Egal, wie kalt das Wasser auch war. Er musste sich in die Fluten werfen, wollte er nicht von den beiden Blutsaugern leer gesaugt werden. Doch alleine wollte er nicht weg. Er und Hassan waren gemeinsam auf die Insel gekommen und würden sie auch gemeinsam wieder verlassen.
Hassan hatte es aus eigener Kraft nicht geschafft, auf die Beine zu kommen. Sobec musste ihn hoch zerren, was er auch tat.
Hassan stand noch nicht richtig und befand sich in einer Schräglage, als Karim wieder angriff. Sobecs Fehler war, dass er sich zu sehr auf Hassan konzentriert hatte. So sah er den Rundschlag zu spät. Etwas klatschte gegen seinen Hals und schleuderte ihn zurück. Er vertrat sich und fiel dabei zu Boden.
In diesem Augenblick stand für ihn fest, dass ihm wirklich nur die Flucht ins Wasser blieb. Zudem war die Frau schon recht nahe gekommen. Bevor sie sich wie eine Furie auf ihn stürzen konnte, musste er Distanz zwischen sich und sie gebracht haben.
Und Hassan?
Es tat ihm Leid, aber er konnte sich nicht mehr
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