1450 - Insel der Vampire
ängstlichen Glanz in seinen Augen, was bei uns natürlich einige Alarmglocken zum Läuten brachte.
Gab es etwas auf der Insel, was er entdeckt hatte?
Bestimmt.
»Sie sind von der Insel geflohen – oder?«, sprach ich ihn an.
Erst zitterte er, dann gab er die Antwort. »Das bin ich. Oder glaubt ihr, ich werfe mich freiwillig in die Wellen?«
»Das sicherlich nicht.«
»Also. Dann will ich wieder auf mein Schiff. Ich hisse den Anker und segele weg.«
»Vor wem?«
Er lachte uns an. »Verdammt noch mal, auf dieser Insel gibt es etwas, was es nicht geben kann. Ich gebe euch den Rat, umzudrehen und zu verschwinden. Geht mit mir an Bord. Wir schaffen es gemeinsam. Die Insel ist verflucht.«
»Warum?«
»Fragt nicht!«
»Wir wollen eine Antwort.«
»Die heißt Flucht, verdammt. Damit rette ich euer Leben. Ja, das Leben. Ihr habt mich aus dem Wasser geholt, da bin ich euch etwas schuldig.«
»Schon, aber warum sollen wir die Insel nicht betreten?« Ich sprach weiter und beugte mich ihm dabei entgegen. »Kann es sein, dass es dort Vampire gibt?«
Die Frage hatte gesessen. Er war plötzlich sehr ruhig und presste die Lippen zusammen.
»Es gibt dort Vampire, nicht?«
Im Liegen zeigte er so etwas wie ein Nicken.
Sobec war bestimmt kein harmloser Klosterschüler. Er hatte meiner Ansieht nach in seinem Leben schon einiges durchgemacht, aber dass er Vampiren begegnet war, das konnte er nicht verkraften. Das war selbst für einen Mensch wie ihn zu viel.
»Was ist genau passiert?«, fragte ich.
Sobec verdrehte die Augen und bekam einen starren Blick. »Es waren zwei«, flüsterte er dann. Danach fiel er zurück in seine Heimatsprache, sodass wir nichts verstanden. Wir mussten ihn erst daran erinnern, dass er Englisch sprechen musste.
»Eine Frau und ein Mann.«
Suko und ich tauschten einen Blick. Jeder von uns dachte dabei an Jeff Holm. Er hatte von einer Frau erzählt, die ihn angefallen hatte.
Und der Mann musste dieser Karim Onofru sein.
Wir drängten auf eine Beschreibung der Personen, was Sobec auch tat. Verglichen mit Holms Aussagen stimmte alles, und wir konnten endlich richtig Luft holen, weil wir jetzt hundertprozentig erfahren hatten, wie richtig wir letztendlich lagen.
Auf dieser Insel lebten Blutsauger. Mit zwei von ihnen mussten wir mindestens rechnen.
Aber irgendetwas an der Geschichte des Mannes störte mich. Mir wollte einfach nicht in den Kopf, dass ein Mann mit seinem Segler vor dieser menschenleeren Insel ankerte und sie betrat. Das tat er nicht ohne Grund. Was hatte er auf dieser Insel gewollt?
Danach fragte ich ihn.
Er schwieg.
»Sie sollten aber reden«, schlug ich ihm vor.
Sobec richtete sich auf. »Wir wollten uns die Insel mal anschauen.«
Ich stutzte. Auch Suko war etwas aufgefallen, und er reagierte schneller als ich.
»Wir, sagten Sie?«
Sobec zuckte zusammen. Er befand sich in der Klemme. Wir erhielten trotzdem eine Antwort.
»Ich habe mich versprochen.«
Das konnte glauben, wer wollte. Suko und ich gehörten jedenfalls nicht dazu.
»Sie haben sich nicht versprochen, Sobec«, erklärte ich.
»Ja, zum Teufel, ich…«
»Dann haben Sie das Schiff allein gelenkt? Und auch die Segel gesetzt? Ist das so gewesen?«
Sobec schaute Suko an, danach mich, und er schüttelte den Kopf, als er sah, dass wir ihm nicht glaubten.
»Nein, so war es nicht.«
»Wie dann?«, fragte ich.
»Es war noch jemand dabei. Hassan, ein guter Bekannter. Wir sind zu zweit zur Insel gefahren. Und als wir sie erreicht hatten, passierte etwas Unglaubliches…«
In der nächsten Zeit hörten wir Sobec nur zu. Auch wenn er unsere Sprache nicht perfekt beherrschte, so erfuhren wir doch das Wesentliche, was sich auf der Insel abgespielt hatte. Es war ein Drama gewesen, und Sobec war wirklich nur mit viel Glück die Flucht gelungen. Und er hatte noch mehr Glück gehabt, auf uns getroffen zu sein.
»Hassan hatte keine Chance. Er wollte auch nicht mit ins Wasser. Ich glaube, er konnte nicht schwimmen. Deshalb musste er bleiben. Bei den – bei den Vampiren.«
»Ja, gut, das haben wir verstanden«, sagte ich. Und damit hatten wir den letzten oder endgültigen Beweis dafür, dass wir genau richtig waren. Die Insel war unser Gebiet. Dort existierten jetzt drei Blutsauger, die erledigt werden mussten. Denn dieser Karim würde sich wie ein Ausgehungerter auf Hassan gestürzt haben.
Trotzdem hatte uns Sobec etwas verschwiegen. Das wussten wir.
Wer fuhr schon aus Spaß diese verfluchte Insel an? Deshalb
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