1450 - Insel der Vampire
musste der gelegte Keim erst wirken, und so dauerte es eine Weile, bis die Gestalt sich in ihrer neuen Existenz bewegen konnte. Deshalb mussten wir davon ausgehen, dass dieser Hassan noch irgendwo lag und auf sein Erwachen wartete.
Das Rauschen der Wellen hüllte uns ein. Da unser Boot so gut wie keinen Tiefgang hatte, konnten wir bis fast auf den Strand fahren.
Wir würden es noch ein Stück auf den steinigen Sandboden ziehen und es dort zurücklassen.
Wir hatten auch darüber gesprochen, was mit Sobec geschehen sollte. Ihn würden wir im Boot liegen lassen und nicht offen auf den Strand legen. So hatte er einen einigermaßen guten Schutz.
Suko stellte den Motor ab. Ich hatte plötzlich den Eindruck, eine tiefe Stille zu erleben, bis ich das Rauschen und Plätschern wie eine Musik wahrnahm. Es war das gleiche Geräusch wie im Sommer, wenn man am Strand liegt, die Augen schließt und sich ausschließlich dem Singen der Wellen hingibt.
Suko holte den Motor ein, als das vordere Ende des Schlauchboots über das Sand-Kies-Gemisch rutschte. Ich erhob mich und sprang über den dicken Wulst hinweg.
Dass meine Füße nass wurden, interessierte mich nicht. Wir schafften das Schlauchboot gemeinsam aufs Trockene. Mein Blick blieb dabei auf dem Bewusstlosen hängen.
»Sollen wir ihn wirklich hier im Boot liegen lassen?«, fragte Suko.
»Wo sonst? Wenn du vorgehabt hast, ihn an einen sicheren Platz zu schaffen, den gibt es hier nicht.«
»Gut. Er hat sich seinen Zustand ja auch selbst zuzuschreiben.«
»Du sagst es.«
Wir hatten Lampen mitgenommen. Nur schalteten wir sie nicht ein. Unsere Augen hatten sich auf die Dunkelheit eingestellt. Blind würden wir nicht über das fremde Gebiet tappen.
Aber wir stellten fest, dass der flache Strand schon bald an einem Hang auslief. Dort klammerte sich karges Gras im Boden fest. Die Steine, die aus ihm hervorragten, schimmerten blank.
Dazwischen wuchs Gestrüpp in die Höhe, und weiter im Hintergrund sahen wir Bäume. Wahrscheinlich waren es Zedern und kleine Korkeichen.
Bei dieser Bodenbeschaffenheit konnte es durchaus Höhlen geben, die sich als Verstecke eigneten. Darüber sprach ich mit Suko, der mir sofort zustimmte.
Ob wir bereits beobachtet wurden, war nicht feststellbar. Davon mussten wir allerdings ausgeben. Gerade in der Nacht waren die Blutsauger unterwegs. Laut Sobecs Aussage war das auch der Fall gewesen, sonst hätte es nicht diesen Hassan erwischt.
Am Strand lag er nicht. Zumindest nicht in unserer Nähe, und wir wollten auch nicht länger bleiben und abwarten, bis jemand erschien und uns auf Vampirart begrüßte. Hier wollten wir das Handeln in die eigenen Hände nehmen, und das bedeutete zunächst eine Durchsuchung der Insel.
Suko brachte die Sprache auf ein bestimmtes Thema.
»War da nicht von Waffen die Rede?«
»Ja, vier Kisten.«
»Ich denke, dass wir auch danach Ausschau halten sollten.«
Ich nickte und rief mir die Aussagen des Mannes noch mal ins Gedächtnis zurück. Sobec hatte nicht so recht mit der Sprache herausrücken wollen. Wir wussten nicht, was die vier Kisten enthielten. Irgendwie wollte ich nicht so recht daran glauben, dass wir es mit normalen Waffen zu tun hatten. Der Inhalt konnte auch brisanter sein. Ich wollte mich und Suko jetzt nicht verrückt machen und lange darüber reden. Es war zunächst wichtiger, dass wir die Blutsauger fanden. Wenn wir sie ausgeschaltet hatten, konnten wir in Ruhe nach den Kisten Ausschau halten.
Zunächst wanderten wir am Strand entlang. Sobec blieb im Schlauchboot zurück. Er lag dort auf dem Boden und war nicht so leicht zu entdecken. Man musst schon recht nahe an das Boot herangehen, um ihn zu sehen.
Die erste Entdeckung war völlig harmlos und zugleich bezeichnend. Sie untermauerte die Aussagen des Serben, denn der Wulst, der vor uns in die Höhe ragte, war das Rettungsboot, das von den Vampiren zerstört worden war.
Suko bückte sich und untersuchte es. »Ja, John, die Planken sind tatsächlich aufgerissen.«
»Und weiter?«
»Nichts. Es reicht aber, um das Ding sinken zu lassen.«
»Na denn.«
Er richtete sich wieder auf. Ich hatte mich in der Zeit wieder umgeschaut und nichts gesehen. Es blieb alles so, wie es war. Da gab es keine Hinweise auf irgendwelche Vampire.
Wir hörten die Wellen, wir spürten den leichten Wind auf unseren Gesichtern und schmeckten die salzige Luft.
Es brachte wohl nichts, wenn wir die Insel einmal am Strand umgingen. Das Zentrum konnte interessanter sein, denn
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