1450 - Insel der Vampire
Segler. Wir müssen jedenfalls damit rechnen, dass sie bald das Ufer hier erreichen werden.«
»Und was tun wir dagegen?«, flüsterte er.
Rosanna lächelte breit. »Wir werden nichts dagegen tun«, erklärte sie. »Gar nichts. Wir bleiben auf unserer Insel und lassen sie unbehelligt an Land kommen.«
»Gut, gut…« Er wollte noch etwas sagen, aber Rosanna gab ihm mit einer scharfen Kopfbewegung zu verstehen, dass es reichte. Beide verließen das Ufer, um sich im Zentrum der Insel zu verstecken.
Hassan ließen sie liegen. Er war erst im Werden. Er würde bald erwachen und die neuen Gäste auf seine Art und Weise begrüßen…
***
»Wollen Sie Ihre Lebensretter erschießen, Sobec?«, fragte ich und schaute gelassen auf die Mündung, die zwar auf uns zielen sollte, was aber bei den Schwankungen des Boots nicht immer möglich war.
Der Bärtige lachte heiser auf. »Es macht mir nichts aus. Ich habe schon verdammt viele Menschen zum Teufel geschickt. Der Balkankrieg damals ist nicht eben kurz gewesen. Da hatte ich viel Zeit zu üben. Das könnt ihr mir glauben.«
»Sie werden lachen, das tun wir sogar. Aber hier ist nicht der Balkan. Wie geht es weiter?«
»Ich will nur auf meinen Segler. Was dann passiert, ist mir egal. Ihr könnt in diesem Boot bleiben und rüber zu der verdammten Insel fahren. Ich jedenfalls lasse mir mein Blut nicht aussaugen. Ist das deutlich genug?«
»Das ist es«, sagte Suko.
»Dann ändere den Kurs, Chinese. Und vergiss nicht, den Motor anzuwerfen.«
»Ganz wie Sie wollen, Chief.«
Gleich darauf hörten wir das Röhren. Für einen Moment bewegte sich das Boot mit dem dicken Wulst noch auf der Stelle, bis es plötzlich Fahrt aufnahm.
Ich hatte mir schon gedacht, dass Suko zu dieser Maßnahme greifen würde. Es war zwar nicht mit einem Kavalierstart auf der Straße zu vergleichen, aber es war auch nicht weit davon entfernt, denn der Bug hob von der Wasserfläche ab.
Alle wurden wir in Mitleidenschaft gezogen, auch der Serbe Sobec. Er kippte nach hinten. Die Mündung der Waffe zeigte nicht mehr auf mich, sondern zum Himmel. Aber Sobec hatte noch abdrücken können, und die Waffe rotzte ihre Ladung in die Luft.
Ich befand mich schon auf dem Weg nach vorn. Es war nur ein kurzes Stück, das ich überwinden musste. Den rechten Arm hatte ich angehoben, die Hand gekrümmt, und der Schlag erwischte den Serben genau an der richtigen Stelle am Hals.
Es war gut, dass ich von Suko so manche Schlagtechnik erlernt hatte. Sobec seufzte noch mal auf, seine Arme fielen nach unten und er sackte zusammen.
Für mich war es kein Problem, ihm die Waffe zu entwinden. Ich steckte sie nicht mehr zurück an den alten Platz, sondern in die Außentasche meiner Jacke.
Suko winkte mir lässig zu. »Gratuliere, besser hätte ich es auch nicht machen können.«
»Aye, aye, Käpt’n. Dann mal los!«
»Worauf du dich verlassen kannst…«
Der Treffer war so heftig gewesen, dass Sobec für eine Weile schlafen würde. Das war auch der Sinn der Sache. So würde er uns auf der Insel nicht behindern.
Wir fuhren nicht mit voller Kraft. Ich saß am Bug und hielt mich innen an den Griffen fest. Die Wellen schoben uns förmlich auf das Ufer zu, an dem nicht ein einziges Licht brannte. Dafür hob sich der hellere Sand des Strandes ab, und wir sahen auch den breiten Schaumstreifen, der die kleine Insel wie ein weißer Bart umschloss.
Ich nahm wieder das Nachtsichtgerät auf und setzte es an die Augen. Am Strand gab es keine Bewegungen. Er war und blieb leer.
Wenn jemand unsere Ankunft sah, dann hielt er sich in der Inselmitte versteckt. Dort gab es sicher genügend Möglichkeiten für ihn, in Deckung zu bleiben, auch wenn für mich nicht genau zu erkennen war, woraus sie bestanden. Ich ging davon aus, dass es sich um Gehölz handelte, aus dem Bäume hervorwuchsen.
Das Wasser verlor seine Tiefe. Die Wellen liefen jetzt anders. Kabbeliger und schneller. Manchmal überschlugen sie sich auch, und so tanzten dann die Schaumkronen wie Tupfer.
Ich ließ das Glas wieder sinken und legte es zur Seite. Suko warf mir einen fragenden Blick zu.
»Nichts zu sehen.«
»Und Licht auch nicht?«
»So ist es.«
»Okay.«
Ich hatte keine Lust, den Strandabschnitt noch mal abzusuchen.
Auf der Insel befanden sich drei Gestalten, von denen keine als normal angesehen werden konnte. Zuletzt hatte es diesen Hassan erwischt, von dem uns Sobec berichtet hatte.
Vampire werden auf eine besondere Art und Weise geboren. Nach dem Biss
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