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1455 - Das Gewissen des Henkers

1455 - Das Gewissen des Henkers

Titel: 1455 - Das Gewissen des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hier passiert!«
    Der Mund in dem Pockengesicht zuckte. Normalerweise gab er die Befehle, aber hier musste er gehorchen, und genau das wollte er nicht. Er war ein Mann, den die meisten Menschen in diesem Viertel fürchteten. Er lebte mit der Gewalt, und er liebte sie auch, doch er war bisher noch nie so weit gegangen, einen Menschen zu töten.
    Bei Mord hörte der Spaß auf. Da kam man nicht so leicht raus, und die Bullen reagierten bei Mord verdammt allergisch.
    Bis heute.
    Doch an diesem Tag dachte er anders darüber. Im Gegensatz zu Rico trug er eine Waffe bei sich. Keine große Kanone. Es war ein stupsnasiger Revolver, aber in seiner Trommel steckten sechs Kugeln, die durchaus Leben auslöschen konnten.
    Die Waffe wurde von der Jacke verborgen, die er nicht geschlossen hatte.
    Mit einer glatten Bewegung zog er den Revolver hervor und richtete ihn auf den Henker.
    Iris Rifkin hatte jede Bewegung verfolgt, und sie schaffte es nicht, den Schrei zu unterdrücken, als sie das glänzende Metall in der Hand des Mannes sah.
    »Ob Henker oder nicht«, flüsterte der Mann, »die Kugel jagt dich in die Hölle!«
    »Von dort komme ich!«
    Das Pockengesicht wollte lachen, aber diese Reaktion blieb ihm im Hals stecken. Er gab nur ein Krächzen von sich, denn ihm wurde plötzlich bewusst, dass dieser Typ nicht gelogen hatte. Dem war tatsächlich zuzutrauen, dass er aus der Hölle gekommen war. Gestärkt durch das Feuer und die Mächte des Teufels.
    Und der Henker reagierte zuerst.
    Er ging einen Schritt vor. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich dabei. Besonders stark in der unteren Hälfte. Da nahm sein Mund eine andere Form an. Die Lippen sahen plötzlich aus wie ein auf dem Rücken liegender Halbmond, und in den Augen glühte es stärker.
    »Du wirst diesen beiden Menschen nichts antun. Sie haben bereits genug durchgemacht. Nicht sie, sondern ihre Vorfahren, die ungerechtfertigt gestorben sind. Da habe ich mich hinreißen lassen, aber jetzt bin ich gekommen, um etwas gutzumachen. Ich habe mich nur entschuldigen wollen, aber jetzt werde ich wieder gezwungen, das zu tun, was mein Schicksal ist. Diesmal muss ich töten.«
    »Ja!«, brüllte ihm der Pockennarbige ins Gesicht. »Ja, du musst töten, aber ich muss es auch!«
    Er stützte seine rechte Schusshand mit der linken ab, zielte noch einmal und schoss.
    Die Kugel durchschlug die Brust des Henkers, und in das Echo des Schusses hinein mischten sich die Schreie der Rifkins…
    ***
    »Du weißt es, John.«
    »Was weiß ich?«
    »Was du mir da aufgebürdet hast.«
    »Bill, das ist doch nicht schwer für dich. Ich meine, bei deinen Beziehungen. Nur drei Namen. Die Zeitungen haben ihre Artikel elektronisch erfasst. Jeder kann also lesen, was vor hundert und mehr Jahren passiert ist. Geh bis hinein in das viktorianische Zeitalter. Vielleicht tauchen die Namen Rifkin und Morrow irgendwie auf.«
    »Und wenn? Was hast du davon? Dann sind die Leute längst tot.«
    »Ja, schon. Aber es kann sein, dass wir eine Verbindung zur Gegenwart finden.«
    Bill Conolly stöhnte auf. »Okay, ich werde es versuchen. Aber ich will nicht außen vorstehen, sondern wissen, worum es geht.«
    »Das wüsste ich auch gern.«
    »Okay, ich glaube dir und werde mal sehen, was sich machen lässt.«
    »Danke.«
    Als ich den Hörer auflegte, sah er schon feucht vom Schweiß meiner Hand aus. Ich hatte in Glenda und Suko zwei Zuhörer gehabt.
    Es war Glenda, die mich recht streng anschaute.
    »Mutest du dem guten Bill nicht zu viel zu?«, fragte sie mich.
    Ich schaute Suko an. »Mute ich das?«
    »Keine Ahnung. Wir müssen weiterkommen und jede Chance nutzen. Auch wenn es kaum nachvollziehbar ist, aber es ist nun mal eine Tatsache, dass diese Gestalt unterwegs ist, um sich zu rächen. Oder will sie tatsächlich ihr Gewissen erleichtern?«
    Auf Sukos Frage konnten weder Glenda noch ich eine Antwort geben. Wir wussten einfach zu wenig. Es gab nur drei Namen, das war alles. Wenn Bill tatsächlich Erfolg haben sollte, dann kam dies schon einem Zufall recht nahe.
    Ich sprach die Namen noch mal vor mich hin. »Warren, Rifkin und Morrow. Verdammt noch mal, ich wüsste nicht, wo mir die Namen schon mal begegnet wären.«
    »Du oder deine Vorfahren, ihr habt ja auch nichts mit dem Henker zu tun. Oder mit dessen Gewissen«, sagte Glenda.
    »Ja, das stimmt. Nur stelle ich mir bereits jetzt die Frage, wie wir uns ihm gegenüber verhalten sollen. Als wen oder was müssen wir ihn ansehen? Als einen Feind? Vielleicht sogar als

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