1455 - Das Gewissen des Henkers
deinem Kerl passiert.« Das Messer wurde ihr vor das Gesicht gehalten. »Damit hast du mich abstechen wollen, du kleine Nutte. Aber jetzt kannst du zuschauen, was wir mit ihm anstellen. Wir werden ihm unser Zeichen in die Visage schnitzen, damit er immer an uns denkt. Und dann werden wir kassieren, meine Liebe, und ihr könnt euch überlegen, ob ihr weiterhin den Scheiß hier verkaufen wollt. Wenn ja, bekommen wir jede Woche einige Scheine. Die Höhe geben wir euch noch bekannt. Aber das Zeichen wird dafür sein, dass ihr immer an uns denkt. Da braucht dein Alter nur in den Spiegel zu schauen, um dann so schnell wie möglich an die Kasse zu rennen, um die Kohle zu holen.«
Trotz ihrer Schmerzen hatte Iris alles genau mitbekommen. Sie wusste, dass sie verloren war. Hilfe konnte sie nicht erwarten. Mit den Hundesöhnen legte sich niemand an.
Der andere Typ zerrte Sean in die Höhe. Er litt unter den Tritten und wurde von dem Kerl mit dem rötlichen Pockengesicht angegrinst. Dann wurde Sean durchgeschüttelt, und erst danach wurde er angesprochen.
»Du hast gedacht, so stark zu sein. Jetzt wirst du erkennen, wie stark du wirklich bist.« Der Hundesohn drängt ihn weg in den Hintergrund des Raumes, wo einige kleine Bistrotische standen. Mit dem Rücken wurde er gegen die Wand gepresst, nur von einer Hand gehalten, denn mit der anderen umfasste das Pockengesicht den Messergriff.
»Wenn ich mit dir fertig bin«, drohte er, »wirst du noch schlimmer aussehen als ich.«
»Nein, bitte. Es ist okay, ich werde…« Sean lallte nur noch. Sein Kopf schwankte von einer Seite zur anderen. In seinem Gesicht zeichnete sich die Angst ab, und aus dem Lippenspalt rann der Speichel an seinem Kinn entlang.
»Du wirst nichts mehr. Du hast Zeit genug gehabt, etwas zu wollen. Du hast dich zu stark gefühlt, und in wenigen Sekunden werden wir wissen, wie stark du wirklich bist.«
Er hob den Arm mit dem Messer an.
Der Dunkelhäutige und Iris schauten zu. Iris musste gehalten werden, sonst wäre sie zusammengebrochen.
»Hört auf!«, sagte plötzlich eine Stimme.
Sie war so laut, dass sie von allen gehört worden war.
Beide Verbrecher drehten sich in eine bestimmte Richtung. Und dort stand eine Gestalt, die vom Himmel gefallen sein musste. Oder aus der Hölle gekommen war, denn sie war auf keinen Fall normal durch die Tür gekommen.
Der Dunkelhäutige fing sich als Erster.
»He, wer bist du?«, fuhr er den Ankömmling an.
»Ich bin der Henker…«
***
Ich hatte es Fiona Lester freigestellt, mit in unser Büro zu kommen.
Sie hatte sich dagegen entschieden und wollte in ihrer eigenen Wohnung bleiben. Zwei Tage Urlaub hatte sie sich genommen, aber sie wusste auch, dass sie keine Ruhe haben würde.
»Sollte ich irgendetwas erfahren, werde ich Ihnen Bescheid geben, Fiona. Ist das okay?«
»Ja. Danke.«
»Schon gut.«
Die erste Hürde hatten wir hinter uns gelassen, aber es gab noch weitere, viel höhere. Um sie zu überwinden, brauchte ich die Hilfe der Organisation, bei der ich mein Geld verdiente, und so hoffte ich stark, dass wir schnell mehr über die drei Namen erfuhren.
Glenda hatte ich von unterwegs angerufen und sie gebeten, sich an die Arbeit zu machen. Die drei Namen hatte sie zuvor noch nie gehört, aber sie wollte nachforschen.
Suko hatte sich noch nicht im Büro eingefunden, aber als ich es wenig später betrat, da war er anwesend. Neben Glenda stand er im Vorzimmer. Beide hielten Ausdrucke in den Händen.
»Da bist du ja«, sagte ich bei meiner Ankunft.
Suko winkte ab. »Verwandtschaftskram, den ich schlichten musste.«
Ich grinste scharf. »Klar, die Verwandtschaft.«
Suko war Chinese. Er war auch sehr bekannt in der Stadt, und wenn seine Landsleute hin und wieder Probleme hatten, wandten sie sich an ihn. Da musste er öfter mal den Schlichter spielen.
»Was hast du uns da nur eingebrockt«, sagte Glenda.
»Wieso?«
»Tu nicht so unschuldig. Die Namen Warren, Rifkin und Morrow. Weißt du, wie oft sie hier in London vorkommen?«
»Nein.«
»Zu oft, John«, erklärte sie und wedelte mit einigen Ausdrucken.
»Das ist einfach grauenhaft.«
»Ich weiß, und ich hätte es auch gern anders gehabt, aber das ist nicht möglich.« Da ich auf die Ausdrucke schaute, musste Suko mir auf die Schulter tippen, um meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
»Kannst du mich vielleicht mal aufklären, um was es hier eigentlich genau geht?«
»Ja, das kann ich.«
»Und?«
»Lass uns nach nebenan gehen.«
Dort fanden
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