1455 - Das Gewissen des Henkers
wir unsere Plätze, und ich berichtete in kurzen Sätzen, um was es bei diesem Fall ging. Glenda und Suko hörten aufmerksam zu, und beide sahen schließlich ein, dass es die einzige Möglichkeit war, um auf die Spur des Henkers zu kommen.
»Ich habe alles verstanden«, sagte Suko. »Jetzt musst du mir nur genau sagen, wie du vorgehen willst.«
Ich deutete auf das Telefon. »Wir werden uns die Namen vornehmen und uns erkundigen, ob diese Familien in der Vergangenheit eine Tragödie erlebt haben.«
»Mit einem Henker?«
»Nein, Glenda. Aber mit einem Mord, bei dem der Täter nicht gefasst wurde.«
Sie verdrehte die Augen. »Wie viel Zeit hast du dafür angesetzt?«
»So lange, bis wir Erfolg haben.«
»Das kann dauern.«
»Ich weiß.«
Suko strich über sein kurzes Haar und legte die Stirn in Falten.
»Gibt es denn keine andere Möglichkeit, die man als Alternative nehmen kann?«
»Kennst du eine?«
»Im Moment nicht.«
»Eben.«
Wir schauten beide zu, wie Glenda überlegte. Wir merkten ihr an, wie stark es hinter ihrer Stirn arbeitete. »Da muss es doch eine andere Möglichkeit geben. Wenn diese Menschen oder die Vorfahren etwas mit einem Verbrechen zu tun gehabt haben, ist das dann nicht registriert worden? Damals gab es Scotland Yard schon.«
»Aber es wurde wohl nicht archiviert«, sagte ich. »Das genau ist unser Problem.«
»Aber Archive gab es schon, oder?«
»Das will ich nicht bestreiten. Nur…«
»Ich denke da an die Zeitungen, John. Es hat sich zu früher doch nichts geändert. Morde waren schon immer etwas für die Presse. Wir wissen, dass alles gesammelt wurde. Man legte schon damals den Grundstock für die heutigen Archive. Heute ist alles digitalisiert worden. Vielleicht können die Kollegen etwas abrufen, wenn sie die bestimmten Namen eingeben.«
Suko fing an zu lachen. »Die Idee ist nicht mal schlecht, John. Wir sollten sie weiterhin verfolgen.« Er beugte sich vor und sagte: »Und zwar über Bill Conolly. Er hat noch die besten Beziehungen, denke ich. Wir sollten ihn einspannen.«
Je mehr ich darüber nachdachte, umso besser gefiel mir die Idee.
»Okay, ich bin überstimmt. Versuchen wir unser Glück bei Freund Bill.«
»Zuvor koche ich einen Kaffee«, sagte Glenda und stand auf.
»Tu das.«
Als sie verschwunden war, fragte Suko: »Was hältst du überhaupt von der Sache?«
»Wir müssen alles probieren.« Den Hörer hielt ich bereits in der Hand, und die Nummer unseres Freundes Bill Conolly kannte ich auswendig…
***
Es war alles anders geworden!
Niemand hatte mit dem Erscheinen der Gestalt rechnen können, die sich zwischen der Verkaufstheke und der Hintertür aufgebaut hatte. Sie stand dort wie eine Statue, denn sie bewegte sich um keinen Millimeter.
Aber jeder glotzte sie an. Vor allen Dingen die beiden Erpresser, deren Gesichter starr geworden waren, was nicht die Augen betraf, denn dort war der flackernde Blick sehr genau zu erkennen.
Schwarze Haare. Ein breites Gesicht mit einer ebenfalls breiten Nase. Hinzu kam die düster wirkende Haut, die im krassen Gegensatz zu den Augen stand, deren Pupillen aussahen wie zwei glühende Kreise, als hätten sich diese in die Augen hineingefressen.
Als Bekleidung trug der Fremde so etwas wie eine Mischung aus Jacke und Mantel, der bis zu den Knien reichte. Der Stoff der Hose war ebenfalls dunkel, die Schuhe wirkten klobig und glänzten natürlich auch schwarz.
Der Fremde tat nichts. Er veränderte seine Haltung nicht um einen Millimeter und dachte zudem nicht daran, seine Arme oder Hände zu zeigen, die er hinter dem Rücken versteckt hielt. Das mochte einen besonderen Grund haben, aber darüber dachte wohl keiner nach.
Der Pockennarbige hatte seine Überraschung als Erster überwunden. »He, was hast du gesagt, wer du bist?«
»Der Henker!«
»Stark, echt. So siehst du auch aus. Oder was meinst du, Rico?«
Der Farbige sprach nicht. Man hörte ihn nur atmen. Ihn schien der Anblick hart getroffen zu haben, ebenso wie die Erklärung dieses Fremden. Geheuer war ihm die Lage nicht.
»Sag was, Rico.«
»Ich glaube, wir sollten ein wenig aufpassen.«
»Ach, warum?«
»Der ist nicht so harmlos.«
»Und warum nicht, Rico?«
»Hast du gesehen, woher er gekommen ist?«
»Nein.«
»Ich auch nicht.«
Der Pockennarbige schüttelte ärgerlich den Kopf. »Was soll die ganze Scheiße hier? Wir haben das Sagen, und wir werden ihm auch zeigen, wo der Hammer hängt.«
»Ich würde abwarten.«
»Nein, wenn schon, dann richtig.
Weitere Kostenlose Bücher