1456 - Catwalk in die Hölle
das sie für einen Moment aus dem Konzept gebracht hatte. Sie konnte nicht sagen, was es war, doch es war vorhanden, und es rieselte kalt über ihren nackten Rücken. Sie hatte das Gefühl, in eine andere Sphäre gelangt zu sein, die nur darauf wartete, sie zu schlucken.
Glenda bewegte ihren Kopf. Sie wollte jetzt die anderen sehen, um zu wissen, ob sich die Veränderung auch bei ihnen zeigte, was jedoch nicht der Fall war. Bei ihnen hatte sich nichts getan. Ihre Gesichter behielten den gleichen Ausdruck. Nicht, dass sie ins Leere geglotzt hätten, denn sie ließen Glenda nicht aus den Augen.
Glenda spürte bereits den Druck auf ihrer Brust. Sie atmete ein und merkte, dass es ihr nicht so leicht fiel wie sonst. Es hatte sich etwas getan, ohne dass die Umgebung eine Veränderung erfahren hätte.
»Warum gehst du nicht weiter?«, fragte Marlene.
Glenda hob die nackten Schultern an. »Ich weiß es nicht. Irgendetwas stört mich.«
»Was?«
»Ich kann es nicht sagen.«
»Geh weiter…«
»Und dann?« Glenda schaute Marlene ins Gesicht und sah, dass sich ihr Mund verzog.
Sie sprach wie ein Offizier, der seinen Soldaten einen Befehl gab.
»Du sollst weitergehen!«
»Gut!«
Nach dem nächsten Schritt ereignete sich nichts. Glenda blieb auf dem Catwalk. Es gab keine Veränderung. Sie spürte den Teppich unter ihren Füßen, und sie hörte das Flüstern der Models, ohne dass sie verstand, was genau gesprochen wurde.
Aber ihre Ohren waren gut genug, um hin und wieder ihren Namen zu hören und auch den des Chefs.
Lucius war nicht zu sehen. Trotzdem schien er alles unter Kontrolle zu haben, und das war schon etwas Ungewöhnliches. Sie alle standen unter seinem Bann, der auch Glenda nicht verschont hatte, denn vor dem nächsten Schritt fühlte sie sich, als würde sie jemand weiter schieben.
Das Ende des Catwalks wartete!
Und was kam dann?
Sie hatte keine Ahnung. War es etwas völlig Neues, oder musste sie das, was auf sie zukam, ebenfalls als ein Ende ansehen? Möglicherweise auch als Neubeginn, aber anders, als sie es sich vorgestellt hatte.
Neubeginn gleich Tod?
Sie zitterte plötzlich, als sie daran dachte. Obwohl sich die Temperatur nicht verändert hatte, begann sie zu frieren. Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie in eine Zone geriet, wo das Ende des Laufstegs begann.
Mit scharfen Worten wurde sie angetrieben, und Glenda konnte nicht auf der Stelle verweilen. Sie musste weitergehen. Wieder schleiften die Sohlen ihrer Schuhe über den Teppich hinweg. Ihr Blick war nach vorn gerichtet, da sie noch immer davon ausging, dass am Ende des Laufstegs etwas auf sie wartete.
Sie sah nichts, keine Gefahr, nur das Ende, das für die Mädchen so wichtig zu sein schien.
Ein Ende, das die Wand berührte. So hatte Glenda es bisher gesehen, aber genau diese Sichtweise musste sie jetzt revidieren, denn dort befand sich etwas, was ihr bisher nicht aufgefallen war und sie nun den Kopf schütteln ließ.
Das konnte nicht stimmen. Das musste ein Täuschung sein. Woher kam plötzlich der Umriss der Doppeltür?
Glenda fühlte sich abgelenkt. Ihre Ängste waren zurückgedrängt worden. Stattdessen gab es wieder etwas Neues, und nun konnte sie sich denken, weshalb die andere Seite so scharf darauf war, dass sie das Ende des Catwalks erreichte.
Es war nicht das Ende!
Es gab noch etwas dahinter.
Ein Anfang, ein Neubeginn. Möglicherweise etwas Schreckliches, das noch von den beiden geschlossenen Türhälften verborgen blieb.
Nur wenn die sich öffneten, dann…
Ja, dann musste es nach draußen gehen. Dann konnte man hinaus in die normale Welt. So wäre es logisch gewesen, aber Glenda wusste auch, dass es bei bestimmten Dingen keine Logik gab.
Eine Tür konnte der Zugang zu vielen neuen Geheimnissen sein.
Nicht nur zu Räumen oder Häusern, sondern auch zu anderen Reichen oder Dimensionen. Sie selbst war damit wenig konfrontiert worden. John Sinclair und Suko umso mehr.
Als sie an die beiden Männer dachte, bereute sie plötzlich ihren Alleingang.
Aber es war zu spät, um noch etwas zu ändern. Jetzt musste sie sich den Dingen auch stellen, auch wenn sie nicht wusste, wie es mit ihr weiterging.
»Du hast die Grenze erreicht!«, meldete sich Marlene.
»Welche Grenze?«
»Spürst du sie nicht?«
»Ja, ich sehe etwas. Die Tür dort vorn.«
»Stimmt!«
»Und?«
Marlene lachte leise und scharf. Aus diesem Lachen war eine gewisse Freude herauszuhören, und diese Freude äußerste sich in einer geschmeidigen Bewegung, mit der
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