1456 - Catwalk in die Hölle
knapp geführter Dialog, ohne dass die eine oder die andere Seite irgendwelche Emotionen gezeigt hätte, was Glenda gut fand. So ließ man sie wenigstens in Ruhe.
Dann lächelte Marlene. Wieder empfand Glenda es als widerlich, und die anschließenden Worte trieften vor Hohn.
»So leid es mir um die gute Marsha tut, aber wir haben dich und sehen dich als einen guten Ersatz für sie an, auch wenn du nicht so jung bist wie sie.«
»Ich werde nie zu euch gehören!«, erklärte Glenda fest.
Marlene hatte ihren Spaß.
»Und ob du zu uns gehörst«, flüsterte sie. »Du gehörst jetzt schon zu uns, denn es gibt keinen Ausweg mehr für dich. Es gibt nur den einen Weg, den wir alle gegangen sind, und danach solltest du dich richten.«
Glenda sah ein, dass es kein Zurück mehr gab. Sie spürte wieder die Furcht, die wie ein Fels auf ihrer Brust lag. Ihre Beine waren ihr schwer geworden.
Glenda konzentrierte sich auf die Gesichter der anderen jungen Models. Bisher hatte nur Marlene im Mittelpunkt gestanden. Sie wollte versuchen, ob sie die anderen fünf Frauen vielleicht auf ihre Seite ziehen konnte, doch da hatte sie Pech. Keine sah so aus, als wollte sie Glenda unterstützen. Glendas Blicke wurden eiskalt erwidert.
»Du hast noch viel vor dir. Geh weiter!«
Das wusste Glenda selbst, wenn sie über den Catwalk schaute.
»Und was erwartet mich an seinem Ende?«
»Dann«, erklärte Marlene lächelnd, »dann gehörst du endgültig zu uns, liebe Glenda. Aber keine Sorge, du wirst nicht ohne Begleitung bleiben, das verspreche ich dir.«
Es gefiel Glenda nicht, dass sie sich wie eine Gefangene fühlte. Sie dachte in diesem Augenblick an ihre ungewöhnlichen Kräfte. Sie hätte sich längst wegbeamen können, und deshalb überlegte sie, ob sie es jetzt tun sollte. Die anderen würden nichts merken, wenn sie damit begann.
Deshalb blieb sie stehen. Konzentration!
Glenda wusste, dass Stresssituationen ihr Verschwinden beschleunigte. Eigentlich konnte sie es nur in diesen Stresslagen schaffen, aber war ihre Lage hier tatsächlich so aussichtslos, dass sie um ihr Leben fürchten musste?
Kein Aufgeben! Dranbleiben!
Es klappte nicht.
Glenda kannte sich selbst. Sie wusste, wann dieses Serum in ihrem Blut reagierte und einige Gesetze der Natur außer Kraft setzte. Dieser Fixpunkt war für sie sehr wichtig. Wenn sie ihn erreichte, lagen die Dinge ganz anders. Dann konnte sie bestimmen, wie die nächsten Vorgänge ablaufen würden.
Doch sie schaffte es nicht, diesen Punkt zu erreichen.
Glenda konnte sich noch so anstrengen, sie bekam es nicht in die Reihe. In ihrem Kopf rauschte kein Blut. Sie sah die Umgebung so normal, wie sie auch war. Da engte sich nichts ein. Da faltete sich nichts zusammen und kam auf sie zu. Die Realität blieb bestehen, und genau das nahm Glenda wie einen Tiefschlag hin.
»Was ist los mit dir?«
Marlenes Stimme riss sie zurück in die Wirklichkeit. Die Konzentration fiel von ihr ab. Aus ihrer Kehle drang ein leises Stöhnen.
»Schon gut.«
»Dann geh weiter!«
Glenda schaffte sogar ein Lächeln. Eine Antwort zu geben, dazu war sie nicht in der Lage, und bevor sie den nächsten Schritt ging, zuckte es in ihren Beinen.
Sie maß die Strecke mit ihren Blicken ab. Weit war es nicht, doch jeder Meter würde für sie zu einer Qual werden. Ein Laufsteg, vor dem sie sich nicht zu fürchten brauchte. Ein Catwalk, der zu Übungszwecken gebaut worden war. Was konnte da passieren, wenn sie ihn bis zum Ende ging?
Eigentlich nichts!
Sie wollte daran trotzdem nicht glauben. Etwas lauerte dort auf sie. Man konnte oder musste dabei von einer bösen Überraschung ausgehen. Etwas anderes kam für sie nicht in Frage, wie auch nicht der Rückweg.
Deshalb ging sie weiter.
Relativ zügig legte sie die nächsten vier Schritte zurück. Ohne sich jedoch dabei zu bewegen wie ein echtes Model. Sie kam sich auf dem Steg plötzlich tapsig vor und ungelenk, und es hätte sie nicht gewundert, wenn die Mädchen sie ausgelacht hätten.
Die Gesichter der Mädchen blieben verschlossen. Kalte Augen beobachteten ihre Schritte. Glenda dachte nicht mehr daran, dass jede ihre Nacktheit sehen konnte, nur ihre Kehle wurde immer stärker zugeschnürt, als sie weiter ging. Wenn sie atmete, hatte sie das Gefühl, kaum noch Luft zu bekommen, und manchmal drehte sich alles vor ihren Augen.
Sie stoppte.
Etwas hatte sie gestört. Etwas war anders geworden, obwohl sich ihre Umgebung nicht veränderte hatte. Trotzdem war etwas geschehen,
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