1457 - Ediths Leichenwelt
wird.«
Friedhöfe, Bunker, Höhlen – genau das waren Orte, die einem Ghoul sehr entgegenkamen. Er war jemand, der sich gern versteckt hielt. Eigentlich war die Dunkelheit sein Reich. Da verließ er dann sein Versteck, um auf die Jagd nach Beute zu gehen.
Aber auch bei den Ghouls gab es Unterschiede. Sie mussten nicht immer diese fetten und widerlichen Schleimklumpen sein. Sie konnten auch andere Gestalten annehmen, und das war bei Edith Jacum der Fall, sollte sie tatsächlich ein Ghoul sein.
»Mehr weiß ich nicht«, sagte Hank Grotowsky.
»Das ist schon sehr viel gewesen«, lobte ich ihn. »Wo sich dieser Bunker befinden könnte, das hat sie Ihnen wohl nicht gesagt, nehme ich an.«
»Nein.«
»Ich denke, dass er hier in der Gegend ist. Oder nicht unbedingt weit entfernt.« Suko schaute Lilly Sauter an. »Können Sie uns da einen Tipp geben?«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Da kann ich nicht helfen.«
»Sie denn, Mr Grotowsky?«
Wieder traute er sich nicht, eine schnelle und präzise Antwort zu geben. »Nun ja, es gibt da schon in der Nähe des Bahndamms ein altes Gelände. Da will auch niemand bauen, aber früher, im Krieg also, ist dort wohl mal ein Bunker gewesen.«
»Woher wissen Sie das?«
»Kinder spielen dort. In der Nähe muss ein richtiger Urwald gewachsen sein. Ich selbst habe da noch keinen Bunker gesehen.«
»Die Kinder auch nicht?«
»Weiß ich nicht. Wenn sie einen entdeckt haben, dann haben sie zumindest nicht darüber in meiner Gegenwart gesprochen.« Nach dieser Antwort griff er wieder zu seinem Glas und trank es leer.
Ich wusste, dass wir keine Frage mehr zu stellen brauchten. Hank Grotowsky hatte alles gesagt, und er schaute uns an, als würde er sich Vorwürfe machen.
Ich sagte: »Wir sind Ihnen sehr dankbar, Mr Grotowsky. Es kann sein, dass sie uns einen großen Schritt weitergeholfen haben.«
»Und dann?«
»Nichts.« Ich lächelte ihm zu. »Sie sehen aus, als würden Sie unter großem Stress stehen. Aber Sie brauchen keine Angst zu haben. Es wird Ihnen nichts geschehen.«
»Gut, Mr Sinclair. Ich will nämlich nicht in einer Tiefkühltruhe landen.«
»Das werden Sie auch nicht.«
Wir standen auf, bedankten uns und waren froh, die Wohnung verlassen zu können.
»War das die Spur, John?«
»Kann sein. Jedenfalls werden wir uns diese Gegend mal genauer ansehen.«
»Bunker hörte sich gut an.«
»Du sagst es.«
Wir gingen wieder zurück zu unserem Freund Tanner. Er war mit seiner Mannschaft in Edith Jacums Wohnung. Als er uns an der Tür stehen und winken sah, kam er zu uns.
»Ihr seid ja noch immer da. Habt ihr kein Büro?«
Ich tippte gegen seine Hutkrempe. »Sei froh, dass wir noch nicht gegangen sind.«
»Warum?«
»Es gibt möglicherweise eine Spur!«
Dieser Satz machte den guten Tanner zunächst sprachlos. Er blies wieder mal die Luft aus und fragte: »Ihr wollt mich doch nicht auf den Arm nehmen?«
»Nein, auf keinen Fall.«
»Und was gibt es Neues?«
Er hatte uns eingeweiht, wir weihten ihn ein. Dass er dabei seinen Hut in den Nacken schob, war bei ihm ein gutes Zeichen.
»Ein Bunker ist noch immer das beste Versteck. Das weiß ich aus Erfahrung. Wir haben schon so manchen Hundesohn aus derartigen Verstecken gezogen, glaubt mir.«
»Aber keinen Ghoul«, sagte Suko.
»Dafür seid ihr zuständig.«
Ich dämpfte seinen Optimismus. »Zunächst mal müssen wir den Bunker finden.«
»Ist das ein Problem?«
»Ja, denn ich habe das Gefühl, dass es schnell gehen muss.«
»Okay.« Er holte aus seiner Tasche ein Handy hervor. »Ich werde mal bei einer zuständigen Stelle anrufen. Da sitzt jemand, den ich gut kenne. Katasteramt.«
»Tu das.«
Tanner entfernte sich von uns. Sollte er keinen Erfolg haben, würden wir es über unsere Dienststelle versuchen, denn dort gab es auch die entsprechenden Spezialisten.
Die Zeit verging. Ich fühlte mich alles andere als wohl. Das ungute Gefühl in mir wollte nicht weichen. Ich dachte an die beiden Leichen in den Einkaufswagen, die für einen Ghoul die perfekte Nahrung waren. Immer vorausgesetzt, dass diese Edith Jacum ein Ghoul war.
Dann lachte Tanner auf. So laut, dass wir zusammenzuckten. »Ja, du bist zwar nicht mehr der Jüngste, Alfred, aber man kann sich auf dich verlassen. Danke.«
Grinsend kam Tanner auf uns zu. »Wenn ihr mich nicht hättet«, sagte er, »und meine guten Beziehungen, dann…«
Ich unterbrach ihn. »Es gibt den Bunker also?«
»Ja.«
»Und wo?«
»Nördlich von hier. Ihr werdet es
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