146 - Der Dämon aus dem Knochensee
verlassen können. Es war bald Zeit für ihn, ins ›Creepy‹ zu gehen, wenn er sich nicht verspäten wollte.
Ich entschloß mich, es mit Mr. Silver allein auszutragen. Mir kam vor, als hätte Cruvs Tod mein Herz zu Stein werden lassen, und eine ungewohnte Kälte setzte sich zwischen meinen Schulterblättern fest.
Ich hatte einen schweren Gang vor mir. Eine Schicksalsbegegnung stand mir bevor. Alles war möglich…, daß ich den Geist aus Mr. Silver vertrieb .. daß ich den Hünen tötete…; daß er mich umbrachte… Ich begab mich zu dem einsam stehenden Haus. Es wäre von Vorteil gewesen, Mr. Silver zu überraschen, zuzuschlagen, bevor er sich auf die Situation einstellen konnte, was bei Ihm leider ungemein schnell ging.
Der Silberdämon hatte hervorragende Reflexe.
***
Mr. Silver warf einen Blick auf die Wanduhr, die neben dem Spiegel hing. Er dachte an Vicky Bonney, und ein grausames Lächeln umspielte seine Lippen.
Sie würde diese Nacht nicht überleben. Er stellte sich vor, wie sie sich in diesem Augenblick für ihn zurechtmachte.
Sie macht sich schön für den Tod! dachte er.
Der Schock würde sie mit ungeheurer Wucht treffen, wenn er ihr eröffnete, was ihr bevorstand. Sie würde ihm zunächst kein Wort glauben, aber allmählich würde sie erkennen, daß er nicht bluffte, und aus ihrer Ungläubigkeit würde nackte Angst werden.
Der Silberdämon löschte das Licht und verließ den Raum. Er stieg die Stufen hinunter, fühlte sich sehr behaglich in diesem Haus, deshalb würde es ihm Christopher Gale für längere Zeit überlassen müssen.
Für Gale war es ohnedies eine Ehre, der Hölle dienen zu dürfen, und Mr. Silver hatte hier ein Versteck, in dem ihn niemand vermutete.
Nicht einmal der fuchsschlaue Tucker Peckinpah würde darauf kommen.
Der Hüne begab sich in den Living-Room. Wenn seine Tarnung perfekt sein sollte, mußte er sich menschlicher Gewohnheiten bedienen. Deshalb begab er sich zum Telefon.
Er wollte ein Taxi vor das Haus bestellen und sich von diesem zum ›Creepy‹ bringen lassen. Als er nach dem Hörer griff, irritierte ihn irgend etwas.
Er hob den Kopf und lauschte.
Hatte er ein Geräusch vernommen?
Er ließ den Telefonhörer los und schlich zum Fenster, Auf dem Weg dorthin schaltete er das Licht aus, um von draußen nicht gesehen zu werden.
Friedliche Stille herrschte. Kein Mensch war zu sehen. Mr. Silver senkte nachdenklich den Blick. Sollte er der Sache auf den Grund gehen?
***
Schräg hinter dem Gebäude stand ein kleines Glashaus, in dem immergrüne Pflanzen wucherten. Ich pirschte mich aus dieser Richtung an die Rückfront des Gebäudes heran.
Da war eine unscheinbare Hintertür -nicht abgeschlossen.
Mr. Silver war sehr unvorsichtig. Er fühlte sich demnach in diesem Versteck absolut sicher. Damit machte er es mir leichter, an ihn heranzukommen.
Ich drückte die Tür vorsichtig zur Seite. Die Angeln waren zum Glück gut geschmiert. Die Tür bewegte sich völlig lautlos. Ich trat ein und schloß die Tür sofort wieder.
Vor mir lag eine Halle, rechts führte eine Treppe nach oben, darunter befand sich die Kellertür. Konzentriert nahm ich dieses Bild in mich auf.
Wo befand sich Mr. Silver?
Als ich am Haus vorbeigefahren war, hatte auch im Obergeschoß Licht gebrannt. Jetzt war es oben finster. Demzufolge mußte sich der Silberdämon im Erdgeschoß aufhalten.
Vielleicht im Living-Room?
Ich schlich an der Kellertür vorbei, wäre dem Hünen dankbar gewesen, wenn er sich mit einem Geräusch verraten hätte, doch nichts. Das Haus schien leer zu sein, ausgestorben, verwaist.
Aber Mr. Silver hatte es bestimmt nicht verlassen, ohne das Licht zu löschen. Er war also da. Aber wo? Wenn ich ihn rief, nahm ich mir die Möglichkeit, ihn zu überrumpeln.
Deshalb verzichtete ich darauf, mich bemerkbar zu machen und den einstigen Freund zum Kampf herauszufordern. Behutsam setzte ich einen Fuß vor den anderen.
Ein dicker Teppich ermöglichte es mir, mich so lautlos wie ein Schatten zu bewegen. Ich erreichte die offene Living-Room-Tür und warf einen Blick in den großen, behaglich eingerichteten Raum, der mit jedem erdenklichen Komfort ausgestattet war.
Christopher Gale hatte an nichts gespart, alles war teuer, die Vorhänge, die Beleuchtungskörper aus venezianischem Kristall, die Perserteppiche, natürlich handgewebt…
Seit sein Nightclub so florierte, konnte er sich diese Ausgaben leisten.
Aber der warme Geldregen würde nun wieder versiegen. Die Hölle hätte
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