146 - Der Schatz in der Tiefe
sie eine nicht mehr ganz weiße Pudelmütze gezogen. Sie setzte sich neben Charlie auf die Steuerbank und schmiegte sich an ihn.
„Ein herrlicher Tag", sagte sie in sein Ohr. „Und eines weiß ich jetzt genau, nach einem Tag mit dir zusammen."
Er grinste und fragte zurück: „Du meinst, wir schaffen es?"
„Es gibt keine Besseren!" bestätigte Roquette. „Ich bin gespannt, wie dieser Khedoud ist."
„Als Taucher hervorragend. Sonst… ich möchte nicht gerade mit ihm zusammenwohnen."
„Ich werde mir ein eigenes Urteil bilden."
Sie fanden ohne Schwierigkeiten einen guten Anlegeplatz. Über Seefunk versuchte im Hafen von Porquerolles Charlie seinen Kollegen zu erreichen. Es meldete sich am anderen Ende der Telefonleitung niemand. Sie klarten das Schiff auf, wuschen die Fenster, füllten den Wassertank voll, und Roquette ließ sich zeigen, wo sich die Hafenduschen befanden - vier Minuten heiße Dusche für sechs Francs. Sie kam frisch, mit geföntem Haar zurück, zog sich um und setzte sich, ein Glas Rotwein in der Hand, in Charlies Deckstuhl.
Die Luken standen offen. Charlie klirrte und klapperte im Maschinenraum, aus dem es nach Maschinenöl, Dieseltreibstoff und heißem Metall herausstank. Als er schließlich herauskam, wie üblich ölverschmiert, stieß er einen bewundernden Pfiff aus.
„Keine Aufregung", lächelte sie. „Auf unseren Erfolg hin: Ich zahle das Abendessen. Und du darfst ruhig den teuren Fisch bestellen."
Als Charlie endlich, mit Handtüchern und anderen Utensilien unter dem Arm, zu den Duschen am anderen Ende des Hafengeländes schlurfte, kletterte Roquette ins Unterschiff und nahm ihre kantige Tasche aus dem Staufach. Sie war dem Dämon nahe gewesen, fast zu nahe schon. Die Unruhe, die sie gespürt hatte, als das Schiff und Charlie sich über dem Wrack mit dem Sarkophag befunden hatten, zitterte jetzt noch schmerzhaft in ihr nach.
Sie klappte die Tasche auf. Wieder mußte sie sich an Dorian Hunter erinnern.
„Ich habe gut aufgepaßt", flüsterte sie und kontrollierte ihre Ausrüstung.
Ein silberbeschichtetes Messer von beachtlicher Größe. Ein uralter, aber sorgfältig reparierter Revolver, in dessen Trommel dicke, stumpfe Geschosse steckten. Pyrophoritkugeln mit silbernen Kappen und silberne Geschosse, an den Spitzen von tiefen Kerben durchzogen. Knoblauch, wegen des Geruchs in Plastikfolie, Weihwasser, Ketten und doppelt handlange Pflöcke, hervorragend zugespitzt, ein Hammer, andere Teile einer Sammlung von Gegenständen, mit deren Hilfe sie den Dämonen vernichten konnte.
„Wird es reichen?" fragte sie sich beklommen. „Oder werde ich dabei selber vernichtet?"
Ratlos betrachtete sie ihre Handgelenke und die breiten Schmuckbänder daran. Sie klappte die Tasche zu und hoffte, daß Charlie nicht allzu neugierig war.
Beim Öffnen und Schließen der verschiedenen Staufächer hatte sie sehen können, daß ihr Freund und Partner zwar hervorragend Ordnung hielt - für einen Mann! Wahre hausfrauliche Tugenden fehlten ihm gottlob. Während die Männer tauchten, würde sie sich um die Winkel und Ecken kümmern.
Charlie kam zurück. Sie blieb im Windschatten des Hecks sitzen, unterhielten sich leise, tranken ein wenig Rotwein und gingen in dasselbe Restaurant zum Abendessen.
Zweihundertvierzig Jahre vor der Zeitenwende, als wieder der Stern seinen Schweif hinter sich herzog und die Menschen erschreckte, fand man den Sarkophag von Seth-Hega-Ib.
Ein alter, zahnloser Priester führte die römischen Legionäre an den Ort. Arbeiter hatten Quadern aus dem Felsen geschlagen und mit Holzkeilen herausgesprengt, und schließlich, tief in der Grube aus nachrutschendem Sand, fanden sie den unendlich alten und kostbaren Sarkophag.
Der Centurio ließ einen Verschlag zimmern und mit Binsenstroh ausfüllen. Der Sarg, den er für eine Truhe voller Gold und Schätze hielt, verschwand im Schutz rissiger Bretter. Rom war hungrig und brauchte jedes Goldkorn der Beute.
Der Centurio übergab den Fund seinem Vorgesetzten, dieser sprach mit dem Statthalter, und schließlich wanderte die Truhe - sie trug jetzt zusätzlich ein römisches Siegel - in ein schwerbewachtes Magazin. Dort stapelten sich Steuerabgaben und Gefäße mit abgezählten Münzen, Silberund Gold, teure Nahrungsmittel für die Oberschicht der Stadt. Eines Tages war das Magazin voll; genug Frachtgut für eines der schnellen römischen Schiffe.
Das Schiff, bemannt mit vierzig Ruderern und einigen seekundigen Männern, einem jungen
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