146 - Der Schatz in der Tiefe
bekommen. Er räumte seine Tauchutensilien weg, nachdem er sie gewaschen hatte. Roquette verstand ihn und kramte in den Vorratsfächern. Eine halbe Stunde später saßen sie unter der Persenning, und zwischen ihnen war der Klapptisch gedeckt; sogar die Servietten hatte Roquette gefunden.
Charlie beschattete seine Augen mit dem zerbeulten Schirm der roten Skippermütze, schüttete eine viel zu große Portion Calvados in den Kaffee und erklärte dann: „Wir sollten heute noch einmal hier im Hafen übernachten. Morgen mache ich einen zweiten Tauchgang und überlege unten, was wir brauchen. Zurück nach Port Grimaud, und dann hören wir, was Khedoud sagt. Falls ich ihn überhaupt erreiche."
„Das klingt gut", antwortete Roquette. „Meinst du, daß wir es zu dritt schaffen? Ich kümmere mich um euch und, soweit ich das kann, um dein Schiff. Ich weiß, daß wir so wenig Aufmerksamkeit wie nur möglich erregen dürfen."
„Vielleicht. Wir werden nicht jeden Tag tauchen können."
„Ich selbst habe nur ein einziges Interesse. Ich brauche den Inhalt der Truhe. Alles andere… nun, es ist gut, wenn wir mehr finden, aber ich bin reich genug. Natürlich halte ich euch nicht zurück - ist wohl klar."
„Natürlich."
Sie waren völlig allein an dieser Stelle. Hoch über ihnen verlief durch den Wald ein schmaler Pfad, aber man konnte von ihm nicht bis dicht vor die Felsen hinunterblicken. Die nächsten Strände oder Bademöglichkeiten waren zu weit entfernt. Schiffe kamen hier meist nur zufällig vorbei, und natürlich konnte niemand kontrollieren, was unter Wasser geschah. Trotzdem würde es auffallen. Es war eine zwangsläufige Folge.
„Wieviel Gold ist das?" fragte Roquette. Er hatte sich dieselbe Frage schon gestellt und entgegnete: „Etwa tausend Gramm. Vermutlich etwas mehr. Wirst du keine Schwierigkeiten bekommen?"
„Ich glaube nicht."
Roquette hatte einige Konserven geöffnet und am frühen Morgen im Hafen gesalzene Butter, Brot und andere Vorräte gekauft. Sie tranken heißen Kaffee. Die Sonne wanderte über den Himmel und brannte seitlich der Persenning auf ihre Knie. Nach einer Stunde stellte Roquette das Edelstahlgeschirr ineinander und erklärte:
„Ich schwimme ein bißchen. Ich riskier's einfach. Werde schon nicht erfrieren."
Leise lief unter Deck der Hilfsmotor und trieb den Preßluftkompressor an. Charlie überlegte bereits die einzelnen Schritte, mit denen sie versuchen mußten, möglichst schnell eine große Menge Sand an eine andere Stelle zu transportieren. Schläuche waren nötig, Unmengen von Preßluft, viele Spezialgeräte und andere, weniger aufwendige Maßnahmen. Und viel Licht. Das bedeutete wassersichere Scheinwerfer, ebensolche Kabel und einen zusätzlichen Generator an Bord.
„Nein. Sieh dich vor. Bleibe nicht zu lange im Wasser", sagte Charlie.
„Keine Angst. Nur ein bißchen abkühlen."
Roquette räumte die Reste des Essens weg, während Charlie sich um das Boot kümmerte, die Füllung der Flaschen und die Temperatur von Flaschen und Kompressor kontrollierte. An tausend Stellen war an solchen Schiffen immer wieder eine Kleinigkeit zu tun, und wenn es auch nur darum ging, Unordnung erst gar nicht aufkommen zu lassen. Roquette legte sich auf eine Decke auf das Vorschiff, sonnte sich ein wenig, dann hechtete sie splitternackt über die Reling, schwamm zweimal ums Schiff und kam bibbernd über die Badeplattform zurück. Charlie wartete schon mit Handtuch, dicken Wollsocken mit Löchern und „ihrem" Bademantel.
„Danke", schnurrte sie und drängte sich an ihn. „Es ist wirklich verdammt kalt."
Er trocknete ihr Gesicht und die Schultern ab, küßte sie und schickte sie nach unten.
„Zieh dich an, ich hole den Anker hoch."
Die Flaschen waren gefüllt. Er koppelte sie ab, kühlte sie mit der Handbrause und verstaute sie in den gepolsterten Fächern. Dröhnend starteten nacheinander die schweren Diesel. Charlie kippte den Schalter für die elektrische Winsch und ging aufs Vorschiff. Er holte das Tau herauf, zog sich die Handschuhe an und wartete auf den klirrenden und klappernden Kettenvorlauf des Ankers. Als der Anker aus dem Wasser war, schwang sich Charlie nach hinten und koppelte die Getriebe ein. Während sich die RAYON DU PHARE vom Felsabsturz entfernte, holte er den Anker vollends ein und belegte ihn mit Klemmverschluß und Tampen.
Das Schiff nahm Ostkurs und wurde schneller.
Minuten später kam Roquette angezogen aus dem Unterschiff herauf. Über ihr feuchtes Haar hatte
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