146 - Der Schatz in der Tiefe
geworden.
Jetzt schlug ihre Unruhe in Schrecken und Panik um. Die Glocke schwieg.
In dreißig Minuten würden die Taucher aufs Schiff kommen. Sie hatten den Sarkophag gefunden! Eines stand für Roquette schon seit dem ersten Ankermanöver über dem Wrack fest.
„Ich muß allein sein mit dem Dämon. Ganz allein! Keine Zuschauer!" flüsterte sie, während sie sich anzog und all die Arbeiten anfing, die zu dem Ende des Tauchgangs gehörten. Ihre Dorian-Hunter- Tasche stand bereit. Sie brauchte nur einen Griff zu tun. Als das Boot wieder in die entgegengesetzte Richtung schwoite, sah Roquette, daß die Wolken größer und drohender geworden waren. Mistral schien aufzukommen, was für das Trio das vorläufige Ende des Ankerns bedeutete. „Beeilt euch, Jungens!" flüsterte sie und verschätzte sich bei der Menge des Pulverkaffees. Bis heute waren sie nicht gestört worden; offensichtlich fiel die RAYON, insgesamt dreiundzwanzigmal an derselben Stelle ankernd, noch nicht auf. Man durfte sein Glück nicht überstrapazieren. Roquette merkte, daß ihre Finger zu zittern anfingen. Sie unterbrach ihre Arbeiten und legte den silbernen Schmuck an. Fünf Uhr nachmittags war es mittlerweile geworden, als Charlie auftauchte. Roquette half ihm an Bord und stieß aufgeregt hervor:
„Habt ihr die Truhe?"
„Ja. Wir holen sie mit dem Baum ein. Sie hängt an der Boje. Raymond wird sie einkuppeln. Wie…?" Er folgte, nachdem er Maske und Rettungsweste abgelegt hatte, mit dem Blick dem ausgestreckten Arm der Frau.
„Verdammt", sagte er scharf. „Das wird knapp. Heute abend haben wir den schönsten Sturm."
„Was bedeutet das für uns?"
„Höchste Geschwindigkeit. Wir hauen ab und verholen nach Port Porquerolles. Dort vorn bekommen wir vermutlich schon echte Schwierigkeiten."
„Ich verstehe."
Charlie zog sich in großer Hast aus, duschte kurz, stürzte zwischendurch den Kaffee hinunter und zog zuerst die Lampen hoch. Roquette verstaute sie im Unterschiff. Raymond tauchte auf, klinkte seine leeren Flaschen ein und wartete. Charlie schwenkte die schwere Last am Ladebaum aufs Deck, zog das Stahlseil von der Trommel und ließ den Haken hinunter. Raymond packte ihn, schwamm vom Schiff weg und wickelte mehr Leine ab, dann tauchte er mit dem Schnorchel und verband das Seil, an dem das Netz mit dem Sarkophag hing, mit der Winde.
„Schnell", rief Roquette, als er auf die Plattform kletterte. „Sturm. Wir müssen weg."
„Alles klar. Wir schaffen es."
Charlie wuchtete den Generator in den Maschinenraum und sicherte ihn mit Spannbändern. Raymond schrie: „Was ist mit dem Rest?"
„Lassen wir alles unten. Bist du fertig? Lasse die Motoren an. Leerlauf."
„Zwei Minuten!"
Raymond schob, nachdem er alle Verbindungen gelöst hatte, die Flaschen in die Staufächer. Er zog sich aus und verstaute die schwarzen Gummiteile in der Backskiste. Khedoud wusch sich kurz Gesicht und Hände, trocknete sich ab und warf das Handtuch ins Vorschiff. In diesem Augenblick erreichten die Wolken die Sonne. Gleichzeitig mit dem verringerten Licht wurde es plötzlich kalt. Raymond fuhr in die Bordschuhe. Er brüllte in den Maschinenraum hinunter:
„Raus mit dir, Skipper. Ist die Winsch klar?"
„Sofort."
Nach einer Minute kam Charlie aus der mittleren Teakholzluke und schloß sie dröhnend. Der Anlasser des ersten Motors fing wimmernd zu arbeiten an. Zuverlässig sprangen die beiden Diesel nacheinander an. Für die Energieversorgung bedeutete es, daß die Generatoren genügend Strom für die Winschenmotoren erzeugten.
„Ich gehe ankerauf', schrie Charlie und turnte nach vorn. Überall hinterließ er schwarze Ölflecken. „Hol du die Kiste an Bord."
„Verstanden."
Langsam drehten sich die beiden Winschen. Das Ankertau kam an Bord, die RAYON wurde langsam nach vorn gezogen. Gleichzeitig knirschte der Flaschenzug, und das Tau straffte sich. Roquette versuchte, alles wegzuräumen, das umfallen, davonrollen oder zersplittern konnte. Gleichzeitig achtete sie darauf, den beiden Männern nicht in den Weg zu laufen. Sie hörte lautes Klirren und Rasseln. Die Ankerkette arbeitete sich über die Aussparungen der Winsch. Die RAYON fing stärker zu schwanken an, und die Tageshelle nahm mehr und mehr ab. Charlie wuchtete den Anker an Deck und sicherte ihn. Der Skipper hatte einen Lappen gefunden und kam schwankend zum Deckshaus. „Weitermachen, Raymond!" rief er und kuppelte beide Schrauben ein. Mit Minimaldrehzahlen hielt er das Boot auf der Stelle.
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