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1460 - Lockruf des Trolls

1460 - Lockruf des Trolls

Titel: 1460 - Lockruf des Trolls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wenig erfahren hatte.
    Bevor ich das nächste Thema anschnitt, warf ich Judith Hill einen Blick zu. Die etwa dreißigjährige Frau saß apathisch auf einer schmalen Couch. Die Spitze des rechten Ellbogens hatte sie auf die Seitenlehne gestützt. Sie schaute ins Leere. Manchmal schüttelte sie den Kopf und stöhnte. Sie hatte auch geweint, doch jetzt rannen keine Tränen mehr aus ihren Augen.
    »Ich möchte noch mal auf die Trolle zurückkommen, Mr. Login, und ich werde Ihnen jetzt einen Namen sagen. Können Sie mit dem Begriff Aibon etwas anfangen?«
    Der Maler zuckte leicht zusammen. »Aibon?« wiederholte er.
    »Nein, ich denke nicht. Wer oder was soll das sein?«
    »Kein Mensch. Es ist ein Land. Man kann auch sagen eine Legende, die nicht jeder Mensch kennt, und die auch nicht für jeden Menschen sichtbar ist.«
    »Nein, nie gehört.«
    »Gut. Und wie sieht es mit dem Begriff Druiden aus?«
    Da hatte ich ins Schwarze getroffen, denn Peter Login riss die Augen weit auf.
    »Ja, natürlich. Wer hier in Wales hat nicht von den Druiden gehört! Das ist ein Teil des Landes, will ich mal sagen. Die Druiden, die alten Eichenkundigen. Die Keltenpriester, all das ist mir schon ein Begriff.«
    »Gut. Und Aibon ist so etwas wie ein Paradies der Druiden. Manche bezeichnen es auch als Fegefeuer, wobei ich mit dem Begriff vorsichtig bin, aber ich weiß, dass dieses Reich existiert und dass man auch dorthin gelangen kann.«
    »Wie denn?«
    Ich schüttelte den Kopf und sagte: »Es gibt leider keinen normalen Eingang. Kein Tor, das man so ohne weiteres öffnen kann. Aber das Land existiert, und es wird von Lebewesen bewohnt, die wir normalen Menschen mehr aus den Märchen kennen. So muss man sich Aibon vorstellen.«
    »Dann gibt es dort auch Trolle?«
    »Ja, ich denke schon. Ich habe sie zumindest dort erlebt, und jetzt sind sie hier.«
    »Sie waren schon immer hier, um sich ihre Beute zu holen. Oder gibt es in diesem Aibon kleine Kinder?«
    »Nein, das nicht. Deshalb holen sie sich ihre Beute auch aus der normalen Welt. Es gibt wohl kaum Eltern, die ihre Kinder freiwillig abgeben. Sie werden also nach Aibon verschleppt.«
    Peter Login schaute mich an und schluckte schwer. »Wenn das so ist, dann müssen wir den Jungen abschreiben.«
    »Noch nicht.«
    »Aber wie wollen Sie in dieses Land kommen?«
    Ich lächelte kantig. »Durch intensives Suchen, Mr. Login. Das ist die einzige Möglichkeit. Suchen und finden. Die Zugänge sind zumeist versteckt. Aber es gibt sie. Und ich werde nicht aufgeben, das kann ich ihnen versprechen. Nur kennen Sie sich hier besser aus, und es könnte sein, dass ich einen Führer brauche.«
    Der Maler zog die Schultern hoch. »Ich fürchte«, sagte er nach eine Weile, »da haben Sie auf das falsche Pferd gesetzt. Ehrlich, ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht.«
    »Dann wird es Zeit.«
    Er deutete auf seine Brust. »Sie meinen also, dass wir beide losziehen und nach diesem Zugang nach Aibon suchen sollen?«
    »Ja.«
    »Und es gibt keine Anhaltspunkte?«
    »Die könnten Sie mir nennen.«
    »Aber wie?« Er lachte und schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich dazu nicht in der Lage.«
    »Aber Sie kennen die Einwohner von Esgair.«
    »Das schon.«
    »Könnte es denn sein, dass es unter ihnen jemanden gibt, der sich besser auskennt als Sie? Ein Mensch, der Aibon zwar nicht gesehen, aber unter Umständen davon gehört hat?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Keine alten Menschen, die…?«
    Er stand mit einem Ruck auf. »Ich habe wirklich keine Ahnung. Sie fragen den Falschen.« Er strich über sein Haar. »Ich hatte mich mit Al McCormick zusammengetan. Wir wollten dem Spuk ein Ende bereiten, brauchten dazu aber professionelle Hilfe. Wenn das alles so einfach gewesen wäre, hätten Sie nicht zu kommen brauchen, Mr. Sinclair. Aber jetzt sehen Sie ja, welche Probleme auf uns zukommen. Ich habe das Gefühl, vor einem Tor zu stehen, das verschlossen ist.«
    Ein tiefes Stöhnen unterbrach unsere Unterhaltung. Judith Hill hatte sich gemeldet. Sie saß jetzt kerzengerade auf der Couch und schaute uns an, wobei ich mir nicht sicher war, ob sie uns überhaupt sah.
    »Ich will Timmy zurück«, flüsterte sie. »Ich – ich – will meinen Sohn wiederhaben.«
    »Verdammt«, flüsterte Login. »Was soll man dieser armen Frau denn darauf sagen?«
    Ich setzte mich neben sie. Als ich sie berührte, hatte ich den Eindruck, Stein anzufassen.
    »Bitte, Mrs. Hill. Sie dürfen jetzt nicht aufgeben. Ich weiß, das ist leichter

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