1462 - Angriff der Knöchernen
plötzlich schief, der Mund hatte seine ursprüngliche Breite verloren und bildete so etwas wie ein schief sitzendes Oval, an dessen Rändern der Speichel in kleinen Bläschen zu sehen war.
Ein kurzer Ruck reichte aus.
Erskine wurde von seinem Sitzplatz in die Höhe gehoben, ohne dass die Klauenhände zu einem anderen Körperteil hin wechselten.
Es war für Erskine eine Höllenqual, und die Gestalt aus einer anderen Welt kannte keine Gnade.
Der Stuhl kippte durch einen Kick zur Seite weg, fiel um und blieb liegen.
Jetzt war die Bahn für den Knöchernen frei.
Noch berührten Erskines Füße den Boden, Sekunden später nicht mehr, denn da schwebte er in der Luft, nur gehalten von den beiden Klauen an seinen Wangen.
Es musste eine unsägliche Qual für Erskine sein. Schmerzen mussten seinen Kopf durchrasen. Schreien konnte er nicht. Aus seinem Hals drangen nur kehlige Laute.
Der Knöcherne kannte keine Gnade. Er zerrte Erskine immer höher. So hoch, bis er mit den Füßen die Kante der Tischplatte erreichte. Dann wurde er nach vorn geschoben, auf die Tischmitte zu. Seine Füßen schleiften über die lackierte Platte hinweg, und aus dem offenen, verzerrten Mund drangen weiterhin die kehligen und auch jammernden Laute.
Das Skelett stieg ebenfalls auf den Tisch. Nach wie vor wurde Erskines Gesicht zusammengedrückt, und nach einem Schritt auf die Mitte des Tisches zu stellte sein Peiniger ihn ab.
Er ließ ihn jedoch nicht los.
Er hatte etwas mit ihm vor, und Mona sprach das aus, was auch Bill dachte.
»O nein, er will ihn mit ins Jenseits nehmen…«
***
Mach ihren Worten herrschte eine gespenstische Stille. Sir Walter hatte den Kopf gedreht und schaute zu ihnen hin.
Er sagte nichts, er war ebenfalls zu stark geschockt.
In Bill Conolly arbeitete es. Er wusste nicht genau, was mit Erskine passieren würde. Ein Spaziergang würde es für ihn nicht werden, das stand fest.
Bill wusste, dass das Jenseits sehr vielschichtig war und auch nicht nur positiv. Eine Gestalt wie dieses Skelett passte eigentlich nur auf die andere, die negative Seite, und deshalb würde sie dafür sorgen, dass jemand wie Erskine starb.
Kann ich das zulassen?
In Bill Conolly tobte ein Kampf. Er war mit sich selbst im Zweifel.
Es gab für ihn einen Ehrenkodex, der auch für seinen Freund John Sinclair galt.
Auf keinen Fall ein Menschenleben aufgeben, wenn es noch zu retten war. Und Bill sah eine Chance, dies zu tun.
Er bewegte sich so, dass sein Vorsatz auffallen musste. Mona sprang sofort darauf an.
»Willst du aufstehen?«
»Ja. Ich kann Erskine nicht diesem Monster überlassen.«
»Aber du bist zu schwach!«
»Das glaube ich nicht.«
»Du willst ihn also retten?«
Bill lachte kratzig. »Sagen wir so, ich möchte es zumindest versuchen.«
Mona umklammerte Bills rechten Arm. »Und was ist, wenn du verlierst? Wenn auch dich das Jenseits verschlingt?«
»Dann gib einem Freund von mir Bescheid und erzähle ihm alles, wenn du hier heil herauskommst.« Bill drehte ihr den Kopf zu. »Er heißt John Sinclair und arbeitet bei Scotland Yard. Klar?«
Sie nickte.
»Okay, dann lass mich bitte los.«
Mona tat es automatisch. Sie konnte Bills Verhalten noch immer nicht begreifen. Aber es war ihr auch nicht möglich, ihn zurückzuhalten. Sie spürte seine Stärke. Er war kein Mensch, der sich so leicht ins Bockshorn jagen ließ. Einer wie er wollte immer gewinnen.
Bill brauchte seinen Stuhl nicht als stützende Hilfe, um auf den runden Tisch zu steigen. Er tat es mit einer einzigen Bewegung, spürte den Widerstand der harten Platte unter seinen Füßen, richtete sich auf und starrte den Knöchernen direkt an.
Der tat nichts.
Und Bill sagte: »Gib ihn frei!«
***
Es war nicht gelaufen, wie Sheila es sich gedacht hatte. Keine ihrer Freundinnen hatte die richtige Lust verspürt, länger zusammenzubleiben. So hatte man Sheilas Vorschlag akzeptiert und sich schon nach nicht mal zwei Stunden getrennt.
Sheila war zwar nicht sauer, aber sie hatte sich von dem Treffen mehr Spaß versprochen. So musste sie früher nach Hause fahren, als es geplant gewesen war.
Nun ja, Bill würde überrascht sein und sicherlich noch ein Glas mit ihr trinken.
Sie lächelte, als sie die Kurven der Zufahrt nahm, aber das Lächeln verschwand, noch bevor sie den Parkplatz vor der großen Garage erreicht hatte.
Ihr Mann Bill erwartete sie nicht wie sonst, wenn sie heim kam.
Das wunderte sie, denn er hatte Ohren wie ein Luchs. Allerdings brachten die ihm auch
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