1462 - Angriff der Knöchernen
Conolly ist mein bester Freund!« erklärte ich und hoffte, das Richtige getan zu haben, wenn ich mit offenen Karten spielte.
Dass er mit einem leisen Lachen antworten würde, damit hatte ich nicht gerechnet.
»Was ist daran so lustig?«
»Nichts, gar nicht. Das Lachen müssen Sie mehr als eine Bestätigung auffassen.«
»Wofür?«
»Dafür, dass ich weiß, dass ein gewisser John Sinclair mit mir spricht.«
»Ach«, sagte ich nur.
»Ja, da staunen Sie, was?«
»Sie sind gut informiert.«
»Das bin ich. Und deshalb habe ich den guten Bill auch angerufen.«
»Warum?«
Er lachte wieder. »Ja, warum wohl? Weil ich ihm eine Chance geben wollte, eine gute Story zu schreiben, und ich habe ihm empfohlen, Handy und Waffe zuhause zu lassen.«
»Das hat er getan.«
»Das ist gut.«
Ich stand vor der entscheidenden Frage. »Und was haben Sie ihm gesagt, das ihn veranlasst hat, das Haus so überhastet zu verlassen?«
»Das möchten Sie gerne wissen, wie?«
»Natürlich.«
Es folgte eine kurze Pause. Danach hörte ich die Frage: »Wo kann ich Sie ereichen, Sinclair?«
»Im Haus der Conollys.«
»Okay, warten Sie da!«
»Moment, ich…« Nein, es hatte keinen Sinn, ihn zu fragen, denn er hatte bereits aufgelegt …
***
Ich flüsterte einen Fluch vor mich hin, als ich das Handy auf den Schreibtisch legte. Ich ärgerte mich, dass ich nicht von der Feststation aus angerufen hatte, denn da hätte Sheila über Lautsprecher mithören können.
So saß sie da, wartete auf eine Erklärung und schaute mich irgendwie vorwurfsvoll an. Jedenfalls hatte ich den Eindruck.
»Wir liegen nicht falsch«, sagte ich, um etwas Hoffnung zu verbreiten. »Die Spur ist da.«
»Sehr gut.«
»Erst mal abwarten, Sheila.«
»Aber warum hat er aufgelegt?«
»Das möchte ich auch gern wissen.« Ich versuchte es mit einem Lächeln. »Du musst dir keine Sorgen machen, Sheila. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, ruft er zurück. Ich denke, dass er zunächst mal seine Überraschung überwinden muss.«
»Hoffentlich.«
Sheila hörte mir gespannt zu, als ich unser Gespräch zusammenfasste.
»Und was hast du für einen Eindruck gehabt?« Sie atmete schwer.
»Stand er Bill positiv oder negativ gegenüber?«
»Keine Ahnung. Ich denke, dass er zunächst mal überrascht war. Aber er kannte mich, und das wiederum sagt mir, dass er zu Bills Bekanntenkreis gehören muss, Sheila.«
Sie verdrehte die Augen. »Meine Güte, der ist groß, das weißt du doch selbst.«
Als ich nichts erwiderte, schwieg auch Sheila. Sie sah, dass unsere Gläser leer waren. Sie nahm beide mit in die Küche, um sie wieder zu füllen.
Ich blieb auch nicht mehr am Schreibtisch, ging zum Fenster und blickte durch die dunkle Scheibe hinaus in den Garten.
Die verschiedenen Lichtinseln kannte ich. Sie ließen den Garten aussehen wie eine Bühne, auf der sich allerdings keine Menschen bewegten. Die Sorge um Bill nagte an mir. Ich wünschte mir, dass er plötzlich in einer der Lichtinseln erscheinen würde, um mir zuzuwinken, aber der Garten blieb menschenleer.
Sheila kehrte zurück. Ich drehte mich um. In beiden Händen trug sie die frisch gefüllten Gläser. Ich sah, dass sie leicht zitterten. Deshalb stellte sie sie schnell ab.
Mir fiel auch auf, dass sie kurz von dem Weinen stand, und deshalb nahm ich sie in den Arm.
»Bitte, Sheila, wir haben schon verdammt viel durchgestanden. Das bekommen wir auch noch hin.«
Ihre Stimme klang bei der Antwort gepresst. »Ich – ich weiß nicht John. Du hast Recht, wenn du sagst, dass wir kein normales Leben führen. An unserem Dasein wären andere Menschen zerbrochen, das ist mir auch klar. Es ist ja immer wieder gut gegangen, doch heute, als ich ins Haus kam und Bill nicht da war, da habe ich es schon mit der Angst zu tun bekommen, das kann ich dir schwören. Ohne eine Spur zu hinterlassen, das ist entsetzlich.«
»Wir haben jetzt eine.«
»Und wo endet sie?«
»Keine Ahnung.«
Sheila löste sich aus meinem Griff. »Ich weiß nicht, John. Was ist, wenn man uns ein Schnippchen schlägt und eine größere Sache dahinter steckt, wobei Bill erst der Anfang ist?«
»Wir müssen alles in Betracht ziehen. Jedenfalls ist Bill nicht grundlos verschwunden. Da muss schon etwas Großes dahinter stecken. Ich kenne ihn doch. So leicht lässt er sich nicht aus dem Haus locken.«
Sheila griff nach ihrem Glas und trank. Ich schaute auf ihr Profil und sah, dass die Haut am Hals zuckte, während sie das Glas gegen die Lippen hielt.
Es
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