1463 - Die Frau aus dem Fegefeuer
ablenken lassen. Sie wollten dieser Welt ein anderes Gesicht geben und etwas aus der Welt hervorholen, in die sie gehörten.
Das Haus, der Tisch, die Umgebung, die Menschen, die am Tisch zusammensaßen. Aus diesen Teilen schufen sie sich ein Gesamtbild, das sie dann in diese Gegend projizieren wollten.
Es war schwer. Sie hatten große Mühe. Sie kämpften mit sich. Sie hörten sich gegenseitig stöhnen. Auf ihnen lastete ein großer Druck.
Keiner von ihnen wusste, ob es richtig war, was sie taten. Sie dachten intensiv an diese Welt, aus der sie letztendlich gekommen waren, und es passierte plötzlich.
Bill blieb stumm, als er die Veränderung bemerkte. Erskine konnte sich nicht beherrschen. Es war kein Schrei, den er ausstieß. Man konnte ihn mehr als Notruf einschätzen, in dem eine gewisse Freude mitschwang, denn beide erlebten das neue Bild.
Kein Haus.
Dafür ein Zimmer.
Ein runder Tisch. Die ungewöhnliche Beleuchtung, die sie schon kannten.
Der Tisch war nicht mehr leer. Aber nur drei Personen saßen um ihn herum. Bill kannte sie alle.
Mona beachtete er praktisch nicht. Sie war für ihn uninteressant.
Nicht so die beiden anderen Teilnehmer der Séance.
Auf einem Stuhl saß John Sinclair, und auf dem anderen – Bill wollte es kaum glauben – Sheila, seine Ehefrau…
***
Sheila Conolly hatte darauf gedrängt, und Mona, diejenige von uns, die sich hier wirklich auskannte, hatte zugestimmt. Und so saßen wir zu dritt an diesem Tisch mit der runden Platte. Ein Stuhl war nicht besetzt, aber das war nicht besonders tragisch, denn wir schafften es auch so, mit unseren Händen einen Kreis zu bilden.
Dabei waren unsere Arme gestreckt. Meine besonders stark, sodass ich ein leichtes Ziehen in den Achseln spürte.
Ich wartete ebenso wie Sheila.
Um uns herum war es dunkel, aber nicht finster, sodass wir uns gegenseitig sehen konnten. Wir schauten in bleiche Gesichter, und da machte auch ich keine Ausnahme.
Ich saß zwischen den beiden Frauen und hatte den Platz eingenommen, auf dem mein Freund Bill gesessen hatte. Links von mir hatte Sheila ihren Platz gefunden, zur rechten Hand saß Mona, deren Gesicht einen ungewöhnlichen Glanz angenommen hatte, der mir fast metallisch erschien.
Sheila war einfach nur bleich. Sie stand unter großem Druck und riss sich nur mit Mühe zusammen. Den Mund hielt sie geschlossen, und ihre Lippen wirkten so, als wären sie zugenäht. Ich spürte das leichte Zittern ihrer Hand und auch die Feuchtigkeit auf der Haut.
Auch Mona hielt ich fest. Bei ihr war alles anders. Im Vergleich zu Sheila konnte man sie als die Ruhe selbst bezeichnen, was mich gar nicht mal wunderte, denn diese Sitzungen waren für sie nicht neu.
Was wir wollten, war die Öffnung des Tores in die andere Welt.
Und dabei musste der Tisch mitspielen. Er war für uns das Wichtigste, so hingen auch meine Blicke an der glänzenden Platte, die sich meiner Ansicht nach nicht verändert hatte.
Mona atmete zwar, nur hörte ich es nicht. Das war bei Sheila anders. Sie hatte Mühe, regelmäßig die Luft einzusaugen und sie wieder auszustoßen. Kein Wunder. Bei ihr ging es um viel mehr, um ihren Mann, mit dem sie in einer glücklichen Ehe lebte, was in diesen Zeiten, wo sich jeder selbst verwirklichen wollte, gar nicht so normal war.
Ich wusste nicht, wie lange wir stumm beisammen gesessen hatten, als sich Mona meldete.
»Es klappt nicht«, flüsterte sie.
Ich setzte sofort eine Frage nach. »Warum nicht?«
»Es gibt zu viele Störungen.«
»Wer stört?«
»Wir selbst. Es geht um die Konzentration. Sie ist nicht so, wie ich sie mir vorstelle.«
»Liegt es an uns?«
»Ja.« Mona drehte den Kopf und schaute Sheila an. »Du musst dich mehr zusammenreißen.«
»Das tue ich doch.«
»Nein, es ist nicht genug. Deine Gedanken drehen sich zu stark um deinen Mann. Du bist emotional zu sehr aufgeladen. Ich will nicht damit sagen, dass du cooler werden musst, aber du musst mehr an unser Ziel denken, wenn wir Erfolg haben wollen.«
Die Ermahnung passte Sheila nicht so recht. Sie biss sich auf die Lippen, aber sie gab auch nach.
»Ich werde mich bemühen.«
»Das ist gut.«
Bevor wir uns wieder zu konzentrieren begannen, stellte ich noch eine Frage.
»Hast du denn etwas gespürt, Mona? Einen minimalen Kontakt, damit wir wissen, ob wir auf dem richtigen Weg sind?« Ich hatte diese Frage bewusst gestellt, denn Mona hatte uns vor dem Platznehmen erklärt, dass wir alles ihr überlassen sollten. Danach hatte ich mich
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