1464 - Das Phantom von Phönix
soeben entwickelten Planes erläutern.
Irmina Kotschistowa verlangte es noch nicht nach Ruhe. Als der Himmel sich im Osten zu röten begann, ging sie hinunter zum Strand, der von Ronalds und Jennifers Haus nur einen kurzen Spaziergang entfernt war, und sah dem Spiel der Wellen zu, deren kleine Schaumkronen durch den Sternenschimmer leuchteten, als trügen sie ihr eigenes Licht bei sich.
Die Mutantin kehrte der kleinen Stadt den Rücken und blickte auf die weite, ruhige Fläche der Bucht von Mandalay hinaus. In letzter Zeit suchte sie, die früher eine lebhafte Gesellschafterin gewesen war, immer öfter die Einsamkeit. Sie mußte mit ihren Gedanken fertig werden. Der Optimismus, den sie nach außen hin zur Schau trug, war eine Maske, eine Tarnung, die dem Zweck diente, sie vor dem Mitleid ihrer Umwelt zu schützen. Irmina Kotschistowa glaubte nicht mehr daran, daß es ihr auf Dauer gelingen würde, den Verlust des Zellaktivators mit metabiotischen Kräften zu kompensieren. Sie war eine Sterbende. Sie konnte den Tod noch eine Zeitlang aufhalten - wie lange noch? Ein paar Monate, ein paar Jahre? Aber das Ende war unausweichlich.
Es fiel ihr nicht leicht, dieser Einsicht gegenüber den erforderlichen Gleichmut aufzubringen. Sie hatte sich im Lauf der Jahrhunderte an das Konzept der virtuellen Unsterblichkeit gewöhnt, sich gar damit angefreundet. Sie war dem Schicksal dankbar gewesen, das es ihr erlaubt hatte, in die elitäre Gruppe der Aktivatorträger aufgenommen zu werden. Sie hatte gelobt, die Gnade, die ihr ohne eigenes Verdienst zuteil geworden war, zum Besten aller denkenden Wesen zu nützen und eine Heilerin zu sein, die dort eingriff, wo die Methoden der herkömmlichen Medotechnik nicht mehr zu helfen vermochten.
Das sollte jetzt alles zu Ende sein? Zum tausendstenmal seit jenem erschreckenden Tag an Bord der PER-SEUS ging ihr die Frage durch den Kopf, auf die es keine Antwort gab: Wer war das Phantom, das den Zellaktivator geraubt hatte? Es schien immateriell zu sein, kein Geschöpf aus Fleisch und Blut, eher ein Schemen. Es fiel schwer zu glauben, daß der Dieb das kostbare Gerät für seine eigenen Zwecke brauchte. In wessen Auftrag handelte er? Es schien da jemand zu geben, der systematisch Zellaktivatoren sammelte.
Zuerst - zu einer Zeit, als die Raumschiffe des Tarkan-Verbands noch im Innern des Stasisfelds festgesessen hatten - war die Reihe an Galbraith Deighton gewesen. Seine cantarischen Herren hatten ihm das Leben gerettet, indem sie ihn noch während der 62-Stunden-Frist in einen Droiden verwandelten, ihm ein synthetisches Bewußtsein gaben und seinen Körper mit so viel syntronischem Gerät ausstatteten, daß er auch ohne Aktivator weiterleben konnte. Das nächste Opfer war Geoffry Waringer gewesen, und hier hatte man eine erste Spur zu finden geglaubt: Auch über Satrang war ein phantomhaftes Gebilde beobachtet worden, das den Ortergeräten Rätsel aufgab. Denen, die die Orteranzeige ausgewertet hatten, war es damals leichtgefallen, die Cantaro des Mordes an Geoffry Waringer zu verdächtigen. Denn cantarische Raumschiffe besaßen einen Ortungsschutz, der sie den galaktischen Ortern wie wahllos hin und her tanzende Irrlichter erschienen ließ. Waringer war im Mai 1143 gestorben. Im Juli 1144, als der Aktivator-Dieb am Siragusa-Black-Hole zuschlug, war die PERSEUS längst mit einer verbesserten Version des Maxim-Orters ausgestattet, der Cantaro-Schiffe einwandfrei zu erfassen vermochte - langsam zwar, aber mit immer wieder erwiesener Zuverlässigkeit.
Wer war das Phantom also gewesen? Was hatte es mit der Einsammlung von Zellaktivatoren auf sich? Wenn nicht die Cantaro für die Aktion verantwortlich waren - und das mußte bezweifelt werden, da die Fahrzeuge der cantarischen Streitkräfte mit Hilfe des Maxim-Orters inzwischen einwandfrei erfaßt werden konnten -, wer war der Feind dann? Irmina Kotschistowa fühlte sich an die Überlegungen erinnert, die Perry Rhodan während des Fluges von Heleios nach Phönix angestellt hatte. Man kannte sich nicht mehr aus. Die Cantaro nannten die, von denen sie Befehle entgegennahmen, die Herren der Straßen. Zu Perry Rhodans persönlichem Gegner hatte sich jedoch einer erklärt, der eindeutig ein Einzelwesen war und daher Monos genannt wurde. Die Machtstrukturen unter denen, die als Tyrannen der Milchstraße fungierten, waren heutzutage rätselhafter als vor einem Jahr. Es mochte sein, daß in diesem Rätsel - wenn es je gelöst wurde - die Erklärung für
Weitere Kostenlose Bücher