1464 - Das Phantom von Phönix
einzugehen. „Ich weiß, daß du ein Bild gesehen hast", sagte der Servo im besänftigendsten Tonfall, dessen der Synthesizer mächtig war. „Aber ich kann gegenwärtig nicht erklären, wie das Bild zustande gekommen ist.
Ich werde die Angelegenheit untersuchen und dir zu gegebener Zeit Bericht erstatten."
„Das ist schon besser", knurrte Pradu men Kaan, schon halb versöhnt.
Danach meldete sich der Servo eine ganze Zeitlang nicht mehr. Pradu saß vor seiner Konsole und grübelte.
War ihm nicht vor acht Tagen ähnliches Unerklärliches passiert? Er erinnerte sich noch deutlich an den grellen Leuchtpunkt, der plötzlich auf dem Orterbild erschienen und Sekunden später wieder verschwunden war. Er zog die Möglichkeit in Erwägung, daß das Syntron-Netz aus irgendeinem Grund Schaden genommen habe. Wenn die Computer eine Fehlfunktion entwickelt hatten, dann ließen sich das Bild, das nicht erlöschen wollte, und der Orterreflex, der keiner war, recht einfach erklären. Er würde die Sache untersuchen müssen.
Vorerst allerdings wurde er abgelenkt. Nach wenigen Minuten meldete sich die ODIN ein zweites Mal. Sie war mit der CIMARRON und der KAR-MINA am Rand des Ceres-Systems angekommen. Pradu men Kaan veranlaßte, daß den Schiffen ein Peilstrahl geschickt wurde. Dann benachrichtigte er Ronald Tekener.
Die Nacht war dem Erzählen gewidmet. Es gab so vieles zu berichten. Im Februar 1144 waren die CIMARRON und die BLUEJAY von Phönix aufgebrochen, um mit Hilfe der endlich zur Einsatzreife entwickelten Pulswandler den Chronopuls-Wall zu durchbrechen und in die Milchstraße einzudringen.
Seitdem hatte es zwischen den beiden Raumschiffen und der Welt der Freihändler keine unmittelbaren Kontakte mehr gegeben. Man hatte sich durch Kuriere miteinander verständigt: Zuerst hatte die NARVENNE Phönix angeflogen. Viel später war Icho Tolot hier zwischengelandet. Perry Rhodan, Atlan und Reginald Bull berichteten abwechselnd über die Ereignisse, die sich in den vergangenen 23 Monaten zugetragen hatten: über Daarshols Flucht, über die Kollision mit dem Virenwall, über die Begegnung mit der Organisation WIDDER Der Einsatz auf Uulema wurde ebenso geschildert wie die verhängnisvolle Raumschlacht am Perseus-Black-Hole. Perry Rhodan erzählte unbefangen, was sich auf Sisyphos abgespielt hatte; wie die CIM-2 ohne Besatzung zurückgekehrt war und ihm das makabre Geschenk seines Feindes Monos überbracht hatte. Auch von der Verwirrung wurde gesprochen, die kurz danach einsetzte. Wer war nun der wahre Gegner: das Einzelwesen, dem man den Namen Monos gegeben hatte, oder jene Gruppe von Geschöpfen, die von den Cantaro die Herren der Straßen genannt wurde?
Eine saß im Hintergrund und hörte still zu, obwohl gerade sie eine Menge hätte erzählen können. Mit ihrer Haltung, mit jeder ihrer sparsamen Gesten brachte sie zum Ausdruck, daß man ihr keine Beachtung schenken solle: Irmina Kotschistowa, die Metabio-Gruppiererin, der ein Phantom den Zellschwingungsaktivator gestohlen hatte, als die PERSEUS im Siragusa-Sektor kreuzte. Das lag 18 Monate zurück. Als Perry Rhodan die Expedition nach Phönix zusammenstellte, hatte die Mutantin die Bitte geäußert, auf die ODIN überwechseln zu dürfen, und der Wunsch war ihr gerne erfüllt worden. Sie war gealtert. Schon Monate vor dem Diebstahl hatte sie mit dem Gedanken gespielt, den Aktivator abzulegen, das kostbare Gerät jemand anderem zur Verfügung zu stellen und den Alterungsprozeß mit den mutantischen Kräften zu unterbinden, die ihr von Natur aus zur Verfügung standen.
Aus dem Spiel war bitterer Ernst geworden, als der unbekannte Dieb zuschlug. Irmina hatte den Verlust gelassen hingenommen. Zu Anfang hatte es den Anschein gehabt, als wären ihre metabiotischen Fähigkeiten tatsächlich ein vollwertiger Ersatz für den gestohlenen Aktivator. Sie überstand die 62 Stunden, binnen deren jeder andere Zellaktivatorträger nach Verlust des Geräts hätte sterben müssen. Wochenlang hatte man keine Veränderung ihrer äußeren Erscheinung bemerkt. Dann hatte langsam, heimtückisch schleichend die Alterung eingesetzt. Heute wirkte Irmina Kotschistowa wie eine Zweihundertjährige. Die Gelassenheit hatte sie dennoch nicht verloren. Sie fuhr fort, mit den metabiotischen Kräften zu experimentieren, und während der seltenen Gelegenheiten, bei denen sie über ihre Experimente sprach, gewann man den Eindruck, daß sie durchaus hoffte, dem Tod noch ein paar Jahrhunderte lang die Stirn
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