1465 - Der Blutschwarm
Das Handy lag schon bereit.
Während sie darauf wartete, eine Verbindung zu bekommen, nahm sie neben ihrem Schützling Platz.
»Hast du im Büro angerufen?«
»Ja.«
Beide Frauen warteten darauf, dass sich jemand meldete. Und sie hatten Glück, nur hörten sie nicht die Stimme des Geisterjägers, sondern die von Glenda Perkins.
»Maxine Wells hier.«
»Hallo, Maxine. Von Ihnen habe ich lange nichts mehr gehört. Wie geht es Ihnen denn?«
»Sagen wir mal so. Den Umständen entsprechend.«
»Dann könnten Sie ein kleines Problem haben.«
»Gut kombiniert, Glenda.«
»Und wobei kann ich helfen?«
»Ich würde gern mit John sprechen, um…«
Glenda unterbrach sie. »Da haben Sie Pech. John und Suko sind beide unterwegs.«
Die Tierärztin schluckte die leichte Enttäuschung hinunter. »Das ist schlecht. Wann kommt er denn wieder?«
»Wenn ich das wüsste. Sie sind außerhalb, und ich weiß nicht, wann sie zurückkommen. Kann ich Ihnen vielleicht helfen, Maxine?«
»Ich denke nicht.«
»Und worum geht es, wenn ich mal neugierig sein darf?«
»Vampire.«
»Was?«
»Moment, Glenda, Sie brauchen sich nicht zu erschrecken. Ich habe Vampire gesagt, meine allerdings Fledermäuse.«
»Ach, so ist das.«
»Genau.«
»Und was ist daran so schlimm?«
»Ihre Größe.«
»He, wie groß sind sie denn?«
»Übergroß.«
»Wie Menschen?«
»Nein, nein, eher wie große Raubvögel. Adler oder so ähnlich, würde ich sagen.«
Glenda schwieg. Es war nur ihr Atmen zu hören. Dann sagte sie:
»Das ist allerdings ein Hammer. Und machen sie auch Jagd auf Blut?«
»Leider ja. Sie greifen Menschen an.«
»Sind Sie auch angegriffen worden?«
»Nein, wir hatten Glück. Carlotta ist noch bei mir. Aber andere Menschen hat es erwischt.«
»Und wo sind Sie?«
»Ein kleiner Ort in Schottland. Er heißt Benmore. Okay, ich will Sie nicht länger aufhalten, Glenda. Wenn John und Suko unterwegs sind, kommen wir schon allein zurecht.«
»Bitte, Maxine, nicht so voreilig. Ich kann den Kollegen in der Nähe Bescheid geben, die…«
»Ach nein, lassen Sie mal. So schlimm wird es schon nicht, hoffe ich. Wir ziehen das allein durch.«
»Wie Sie meinen. Aber Sie rufen wieder an – oder?«
»Ja, das mache ich.«
Maxine Wells schaltete das Handy ab. Sie blieb nicht mehr auf der Bettkante hocken und stand mit einem Ruck auf.
»Wo willst du hin?« fragte Carlotta.
»Duschen.«
»Okay, ich warte.«
»Das will ich auch hoffen.«
Maxine fühlte sich verschwitzt. Sie war auch leicht enttäuscht. Sie hatte sich die Sache gut überlegt und nicht grundlos John Sinclair sprechen wollen. Dass er nicht in London war, musste man als Pech einstufen. Aber man konnte nicht alles haben.
Sie zog sich aus und betrat die Duschkabine, die sehr sauber war.
Auch das Wasser funktionierte. Der Strahl massierte ihren Körper, und sie schäumte sich ein.
Obwohl sie das Duschen als wirklich angenehm empfand, wollten ihr die bedrückenden Gedanken nicht aus dem Kopf. Sie ging davon aus, dass sie und Carlotta erst den Anfang erlebt hatten. Andere Dinge würden folgen. Diese Fledermäuse waren keine Freunde der Menschen. Ihnen ging es einzig und allein um das Blut.
Und dann?
Maxine dachte einen Schritt weiter. Was würde dann mit den Menschen geschehen? Sie kannte leider dieses unglaubliche Phänomen, das entstand, wenn ein Mensch von einem Vampir gebissen und leer gesaugt wurde. Er trug dann den Keim des Blutsaugers in sich und verwandelte sich selbst in einen.
Was aber passierte mit den Menschen, die von den übergroßen Fledermäusen gebissen wurden?
Maxine konnte es nicht sagen, aber sie musste davon ausgehen, dass sie ebenfalls einen Keim in sich trugen. Bei diesem Gedanken stellte sie die Dusche ab und trat hinaus auf das kleine Handtuch, das sie davor gelegt hatte.
Ein großes Handtuch lag auf dem kleinen Hocker daneben. Sie fasste danach mit geschlossenen Augen. Über ihr Gesicht lief noch das Wasser. Wenig später nicht mehr, da drückte sie das Handtuch dagegen, öffnete die Augen und erstarrte.
Das Zimmer war leer!
Carlotta war verschwunden!
***
Obwohl ihr Körper noch warm vom Duschen war, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken.
Sie trocknete sich weiterhin ab und schaute zu den Fenstern hin.
Keines von ihnen stand offen. Also hatte Carlotta das Zimmer auf dem normalen Weg verlassen.
Aber wohin war sie gegangen? Warum hat sie mich so enttäuscht?
Wollte sie sich allein auf die Suche nach dem Blutschwarm machen?
Es
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